"Freude für andere" (Mt 11,2-11)
Liebe Schwestern und Brüder,
wenn wir heute in Österreich in eine Kirche gingen, dann fiele uns etwas Besonderes auf: Nämlich am Adventskranz brennt eine dritte Kerze, diese dritte Kerze hat aber auch eine andere Farbe. Warum?
Der Grund ist ganz einfach: der 3. Adventsonntag ist der Sonntag Gaudete und „Gaudete“ bedeutet: „Freut euch“. Es geht also beim 3. Adventsonntag besonders um das Thema „Freude“.
Als moderner Priester habe ich einmal im Internet nachgeschaut, was man da findet, wenn man nach dem Wort Freude sucht. Selbstverständlich findet man eine ganze Menge. Ich habe nun etwas gefunden, das mir besonders aufgefallen ist, nämlich eine „Vision der Freude“ ... und die möchte ich euch nun Vorlesen:
Freude ist unser Wegweiser.
Empfinden wir Freude, folgen wir unserer inneren Spur.
Verlieren wir Freude, wird es Zeit, uns wesentlicheren Dingen zuzuwenden.
In unserer schnelllebigen Zeit sind deshalb Oasen der Besinnung und des Auftankens sehr kostbar, um dem Wesentlichen wieder auf die Spur zu kommen.
Wenn wir beginnen, uns mit dem zu verbinden, was uns wirklich wichtig ist im Leben, dem wofür wir brennen, entfachen wir die Flamme unseres eigenen Herzens und der eigenen inneren Wahrheit.
In dieser Ausrichtung verlieren unsere persönlichen Begrenzungen an Bedeutung und unser Leben gewinnt an Tiefe, Lebendigkeit und Wahrhaftigkeit.
Und indem wir mehr und mehr in die Stille und Weite unseres Seins eintauchen, offenbart sich unsere ursprüngliche wahre Natur als erfüllende Erfahrung eines Lebens aus der Essenz heraus. Vatika
Rein theoretisch ist gegen diese Vision der Freude nichts einzuwenden. Und auch der Weg zur Freude, der hier beschrieben ist, erscheint durchaus plausibel. Diese Vision stammt aus dem Bereich der Esoterik und New-Age-Welt. Es ist eine Vision der sogenannten Transformation- und Tantra-Meditation.
Was wird uns da also gelehrt? Empfinden wir keine Freude, so wird es Zeit uns den wesentlichen Dingen des Lebens zuzuwenden. Wir sollten uns Oasen der Besinnung und des Auftankens zulegen. Wir sollen uns auf den Inneren Weg machen um die wahre Natur unseres Lebens zu entdecken. Und das ist auch der Weg zur Freude.
Worin liegt der Unterschied zwischen dieser esoterischen Vision der Freude und der Vision der Freude, wie sie uns die heutige Lesung und das heutige Evangelium beschreiben? Der Unterschied liegt darin, dass es in der Bibel nicht um die eigene innere Freude geht, sondern um die Freude des anderen. Egal ob das der Profet Jesaja ist, oder Johannes der Täufer oder Jesus: Ihre Visionen der Freude betreffen nicht sie selbst, sondern die Menschen:
Freut euch ihr Blinden, denn ihr seht wieder.
Freut euch ihr Lahmen, denn ihr könnt wieder gehen.
Freut euch ihr Tauben, denn ihr hört wieder.
Freut euch ihr Toten, denn ihr steht auf.
Und noch ein Unterschied ist: Es geht nicht nur darum, dass die anderen Freude haben, sondern die Ursache der Freude wird nicht in seinem Inneren selbst gesucht, sondern bei Gott. Er ist es, der uns diese Freude schenkt. Jesaja sagt: Die Herrlichkeit des Herrn und die Pracht unseres Gottes sind die Quelle dieser Freude und dieses Jubels.
Warum haben die esoterischen Lehren und Gurus unserer Tage so großen Zulauf? Ich glaube eine Ursache liegt darin, dass sie Freude und Wohlbefinden versprechen, ohne dass man auf die Freude und das Wohlbefinden des anderen achten muss und auch ohne Rücksicht auf Gott.
Im Christentum läuft das eben ein bisschen anders. Hier muss man auch an den Nächsten denken und an Gott. Unsere Theorie ist, dass die Freude von Gott kommt und dass in einem selbst die Freude wächst, wenn man sie an die anderen weiterschenkt.
Hierin liegt auch der tiefere christliche Grund des Brauches, dass man zu Weihnachten Geschenke verteilt. Gott verschenkt sich an die Menschen zu unserer Freude, und wir verteilen Geschenke, um dem anderen eine Freude zu machen. Ich möchte euch deshalb schon heute eine kleine Freude machen, ein kleines bescheidenes Weihnachtsgeschenk. Es gibt ein schönes Wort des hl. Franz von Sales, das lautet: „Die Freude öffnet weit das Herz“. Und diesen Spruch gibt es bei uns als Karte. Und diese Karte möchte ich euch heute schenken ...
Da wir alle keine Esoteriker sind sondern Christen, verbinde ich mit dieser Karte jedoch auch einen kleinen Auftrag. Es geht ja nicht nur um unsere eigene Freude, sondern um die Freude des anderen. Der Auftrag ist also: Schenkt diese Karte weiter an irgend jemanden, von dem ihr meint, dass er die Freude besonders notwendig hat, damit auch bei diesem die Vision der Freude, von der Jesaja, Johannes der Täufer oder Jesus spricht, ebenso wenigstens ein klein wenig erfüllt.
Ich weiß nicht, obs funktionieren wird. Es liegt bei euch, wie und an wen ihr diese Freude-Karte verschenkt. Ich vertraue hier ganz auf eure Fantasie. Amen.
Herbert Winklehner OSFS
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