"Eure Erlösung ist nahe" (Mt 1,18-24)
Liebe Schwestern und Brüder,
heute ist Generalprobe. Die Teilnehmer an der großen Heiligen Nacht sind schon vorbereitet. Ich werde sie euch jetzt ein wenig vorstellen, damit ihr sie morgen Abend dann wieder erkennt am Heiligen Abend und in der Heiligen Nacht.
Da ist zum Beispiel der hl. Josef. Er hat es nicht leicht. Seine ganzen Lebens-Pläne wurden durcheinandergeworfen. Eigentlich wollte er ein ruhiges Handwerkerleben führen mit einer Frau an der Seite und mit Kindern. Jetzt ist alles ein wenig anders, wie wir im heutigen Evangelium gehört haben. Und seine Träume sind auch andere: Ein Engel erscheint ihm plötzlich und sagt ihm, was er zu tun hat. Josef ist sich jetzt ein wenig unsicher. Stimmen die Träume ... oder sind sie nur Hirngespinste. Was wird die Zukunft bringen?
Und da haben wir Maria, die Mutter Gottes. Sie ist schwanger. Ich kann mich als Mann leider kaum in die Gedanken einer schwangeren Frau hineinversetzen. Sie wird wissen, dass die Geburt nahe bevorsteht. Sie macht sich Sorgen, weil sie nicht weiß, wo sie das Kind zur Welt bringen wird. Sie ist ja gerade unterwegs mit Josef nach Betlehem. Hoffentlich gibt es dort eine Hebamme, hoffentlich eine saubere Unterkunft, nur für den Fall, dass die Wehen einsetzen. Und dann, was ist dann? Wird das Kind gesund sein, wird das Kind wirklich der sein, von dem der Engel gesprochen hat? Und was wird dann geschehen?
Und schließlich gibt es da den Esel. Er ist gerade beschäftigt und konzentriert sich voll auf seine Aufgabe, eine schwangere Frau zu tragen. Er darf nicht zu viel herumstolpern, muss ganz vorsichtig ein Bein auf das andere setzen, und trotzdem so rasch wie möglich vorwärts kommen. Ein schwieriger Job. Er freut sich schon, wenn sie endlich ans Ziel angekommen sind, auf das frische Heu und den Hafer. Der Ochse hier weiß noch gar nichts von seinem Glück, dass auch er eine Hauptrolle spielen wird - morgen. Noch liegt er völlig entspannt in seinem Stall und genießt die Ruhe. Die schweren Arbeiten des Jahres sind gemacht, jetzt ist Winterpause, und erst im Frühjahr muss er wieder rann an die Arbeit. Jetzt kann er gemütlich sein Heu kauen und sich erholen. Dass da bald ein ziemlicher Wirbel sein wird in seinem Leben, davon ist ihm noch nichts bewusst.
Die Hirten: Auch sie wissen noch nichts davon, dass jener Tag, von dem sie seit ihrer Kindheit immer wieder erzählt bekommen haben, im Religionsunterricht und in den Gebeten, nämlich der Tag, an dem der Messias geboren wird, so nahe bevor steht. Aber als genaue Beobachter spüren sie, dass etwas in der Luft liegt, etwas Besonderes. Und sie sind ein wenig nervös. Am Lagerfeuer haben sie immer wieder darüber diskutiert, woran man denn merkt, dass der Messias kommt, und wie man sich darauf vorbereiten könnte. Prophezeiungen gibt es ja genug, über die man spekulieren könnte. Jesaja und Jeremia, Maleachi und wie sie alle heißen: Alles Profeten, die das Kommen ankündigen. Wann wird es sein – und wie?
Die Schafe auf der Herde sind unbekümmert. Sie grasen dahin wie immer. Sehen keinen Grund in irgendeiner Weise anders zu handeln, als sie es tun. Dass demnächst der Messias auf die Welt kommt und sich auch noch als Lamm Gottes bezeichnen wird, auf eine solche Idee kommen sie nicht.
Die Engel: Ja, die Engel haben furchtbares Lampenfieber. Sie sind ja in den Plan Gottes total eingeweiht. Sie wissen genau, was sie tun müssen: Die Hirten informieren, die Heilige Familie beschützen. Gloria singen. Sie sind derzeit im Vollstress, damit dann auch tatsächlich alles so klappt, wie Gott es geplant hat.
Also, das wären jetzt einmal die Hauptpersonen der Heiligen Nacht. Jemand ganz wichtiger fehlt allerdings noch. Wisst ihr wer?
...
Vielleicht ein EURO Schein? Nein, wir selbst. Sind wir selbst bereit für die Heilige Nacht? Wir gehören auch ganz wesentlich dazu zu diesem Geschehen der Heiligen Nacht. Nicht umsonst nennt sich ja der Erlöser, der kommen soll, Immanuel, und das heißt „Gott mit uns.“
Gott möchte mit uns sein, er möchte zu uns kommen und bei uns wohnen. Er möchte uns besuchen. Und darum gehören auch wir in diese Krippe hinein. Der hl. Franz von Sales sagt: "Seht, Christus kommt uns suchen. Die Kirche lädt uns ein, ihn gut zu empfangen." Gott möchte in uns geboren werden. Und das ist eigentlich die wichtigste Vorbereitung überhaupt: Sich bewusst machen, dass Weihnachten etwas ist, dass in unseren Herzen passiert. Amen.
Herbert Winklehner OSFS
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