Inhalt... (hide)
Eines Tages kam ein Offizier, stadtbekannt für sein aufbrausendes Temperament, zu Franz von Sales, um ihn in einer persönlichen Angelegenheit um Rat zu bitten. Leider musste der Offizier etwas länger warten, bis er von Franz von Sales empfangen wurde. Als es schließlich so weit war, polterte dieser ungeduldig und etwas aufgebracht durch die Tür. Franz von Sales blieb gelassen und fragte den Offizier, was er denn mit ihm besprechen wolle. Der Offizier sagte: "Herr Bischof, geben Sie mir einen Rat, wie ich als Soldat ein guter Christ werden kann." Franz von Sales antwortete: "Ganz einfach: Beginnen Sie damit, in Zukunft die Türen nur noch ganz leise zu schließen."
Franz von Sales hatte den Ruf, ein ausgezeichneter Prediger zu sein. Nachdem er am 8. November 1618 zu seiner zweiten diplomatischen Reise in Paris eingetroffen war, wollte man ihn natürlich so schnell wie möglich auch predigen hören. Als er am 11. November in der Kirche des Oratoriums des hl. Philip Neri in Paris den Predigtstuhl betrat, war die Kirche voll von angesehenen Leuten aus Politik, Adel, Theologie und Geistlichkeit. Jeder wartete auf einen salesianischen Geniestreich. Und was tat Franz von Sales? Er erzählte zur großen Überraschung seiner Zuhörerschaft in den einfachsten Worten das Leben des Tagesheiligen Martin von Tour ... Oft, wenn man ihn wegen seiner guten Predigten lobte, antwortete er mit den Worten: "Ein einziges gutes Werk wiegt allen leeren Wortkram auf."
Die Kinder lagen Franz von Sales ganz besonders am Herzen ... und das spürten diese auch. Entdeckten sie den Bischof auf der Straße, liefen sie sofort auf ihn zu und umringten ihn, so dass er nicht mehr weitergehen konnte. Franz von Sales jagte sie aber nicht fort, sondern sprach mit ihnen und segnete sie. In Annecy führte er das "Fest des Katechismus" ein, zu dem alle Kinder der Stadt eingeladen waren. Er selbst hielt den Katechismusunterricht, so oft er nur konnte. Einmal, am 11. Februar 1607, schrieb er darüber Folgendes an Johanna Franziska von Chantal: "Ich komme gerade vom Katechismusunterricht, wo wir heute mit unseren Kindern ein wenig übermütig waren und damit die Anwesenden zum Lachen brachten, indem wir uns über Masken und Bälle lustig machten. Denn ich war recht gut aufgelegt und eine große Zuhörerschaft ermutigte mich durch ihren Beifall, auch weiterhin Kind mit den Kindern zu sein. Man sagt, das stünde mir gut an, und das glaube ich auch. O Gott, mache mich wahrhaft zum Kind an Unschuld und Einfachheit!"
Am 4. Dezember 1622, also wenige Wochen vor seinem Tod, weilt Franz von Sales im Heimsuchungskloster in Lyon. Obwohl er sich überhaupt nicht gesund fühlt, nimmt er die Einladung der Jesuiten an, in deren Kolleg eine Adventspredigt zu halten. Als sich der sichtlich geschwächte Bischof auf den Weg machen will, bietet man ihm eine Kutsche an, damit er die doch relativ weite Strecke nicht zu Fuß gehen muss. Franz von Sales lehnt allerdings das Angebot mit den Worten ab: "Das wäre ein schöner Anblick, wenn ich in der Kutsche angefahren käme und dann über die Buße predige."
Am 21. Oktober 1605 beginnt ein Genfer Medizinstudent, ein in Annecy stadtbekannter Sohn eines calvinistischen Arztes, vor dem Bischofshaus in Annecy über Franz von Sales zu spotten. Laut beschimpft er den Bischof gegenüber den Vorübergehenden als "Saint-Gras" - "Heiliger Fettsack". Franz von Sales wird auf den schreienden Studenten vor seiner Haustür aufmerksam. Anstatt ihn jedoch einfach davonzujagen, holt Franz von Sales den jungen Mann zu sich und bittet ihn, seinen Puls zu messen, da er - so Franz von Sales - selten Gelegenheit habe, einem so begabten jungen Medizinstudenten, dessen Fähigkeiten allseits bekannt seien, persönlich zu begegnen. Der junge Mann ist darüber äußerst verwundert und im Laufe seiner Untersuchung kommen die beiden ins Gespräch. Der Student ist von Franz von Sales so angetan, dass er sich die nächsten Tage wieder mit dem Bischof trifft und schließlich zum katholischen Glauben übertritt.
Nach der Messe in Saint-Julien am 12. September 1609 kommt Franz von Sales der Gedanke, für seine Weiterreise nach Challex den kürzesten Weg zu nehmen. Dieser führt allerdings direkt durch die Stadt Genf, der Hochburg des Calvinismus, wo er als katholischer Bischof um sein Leben fürchten muss. Am Stadttor angelangt, wird er nach seinem Namen gefragt. Franz antwortet wahrheitsgemäß: "Franz von Sales, der Bischof dieser Diözese." Daraufhin wird er eingelassen. Erst später, als er schon längst die Stadt wieder verlassen hatte, verursachte dieser Ritt durch die Stadt großen Aufruhr unter den Calvinern. Franz von Sales selbst berichtet über dieses Ereignis mit folgenden Worten: "Ihr habt erfahren, dass ich unter dem Geleit meines Schutzengels Genf durchquert habe, uzw. nur, um nicht als Feigling dazustehen und das Wort zu bewahrheiten: 'Wer in Einfalt wandelt, geht voll Vertrauen', und unter Angabe meines Titels. Ich rühme mich dessen nicht, denn in diesem Entschluss war wenig Klugheit; aber wie Sie wissen, ist das nicht meine Tugend."
Auf einer seiner Visitationsreisen in die entlegensten Bergdörfer seiner Diözese kam Franz von Sales eines Tages in ein Dorf, wo große Aufregung herrschte. Als der Bischof nach dem Grund fragte, führte man ihn zu einer Gruppe von Menschen, die keinen besonders einladenden Eindruck machten. "Herr Bischof," sagten die Dorfbewohner, "die sind alle vom Teufel besessen." Franz von Sales blieb gelassen und meinte nur, das sei kein Problem. Jesus ist, wie die Bibel sagt, stärker als Legionen von Dämonen. Dann befahl er den Besessenen mit ihm in die Dorfkirche zu gehen. Dort besprengte er sie ordentlich mit Weihwasser und der Spuk hatte augenblicklich ein Ende.
Jean-Pierre Camus, bischöflicher Freund des hl. Franz von Sales, wollte einmal wissen, wie ein Bischof in seiner Diözese überhaupt die Tugend des Gehorsams üben könne, da er doch als oberster Hirte keine Vorgesetzten habe. Franz von Sales antwortete ihm, dass Bischöfe dies noch viel besser könnten als alle anderen. Die einfachen Christen müssten nämlich nur dem Bischof gegenüber gehorsam sein, der Bischof aber schuldet allen seinen Schützlingen den Gehorsam, da Gott es so von ihm gewollte hat. "Der Heilige", so schrieb Camus später, "blieb diesem Grundsatz sein ganzes Leben lang treu. In seinem Wesen lag eine edle Unterwürfigkeit, die er auch gegen den Geringsten nicht verleugnete. Er wies keinen zurück, besprach sich mit jedem, hörte jeden an und ließ nie ein Zeichen von Überdruss, Ungeduld oder Unruhe blicken, wie lästig auch der Besuch ihm sein, wie viel Zeit er ihm rauben mochte."
Am Fest des hl. Stephanus des Jahres 1595 kamen nur sieben Menschen zu seinem Gottesdienst. Franz von Sales überlegte ernsthaft, ob es sich bei einer so geringen Zahl an Zuhörern überhaupt lohne, eine Predigt zu haltet. Er tat es schließlich trotzdem. Unter den Kirchenbesuchern befand sich an diesem Tag zufälligerweise der calvinistische Prokurator von Thonon, Claude-François Dumont. Dieser wurde von den Worten des hl. Franz von Sales so getroffen, dass er sofort nach Ende des Gottesdienstes auf Franz zuging und um die Aufnahme in die katholische Kirche bat. Franz nahm diesen Vorfall als Zeichen, in Zukunft niemals eine Predigt zu unterlassen, egal wie gering die Zahl der Zuhörer auch sein mag.
Eines Tages traf Franz von Sales seinen Kammerdiener Franz Favre an, wie dieser mit großer Mühe einen schriftlichen Heiratsantrag an eine Witwe verfasste. Der Diener wollte nun das Urteil des Bischofs über seinen Brief hören und gab diesen Franz von Sales zum Lesen. Als der Bischof den holprigen Stil seines Dieners las, sagte er nur: "Lass mich schreiben, du verstehst das nicht." Dann schrieb der Bischof für seinen Diener einen wohlgesetzten Heiratsantrag mit einer richtigen Liebeserklärung, den er Favre unterschreiben ließ. Schon am nächsten Tag erschien die Witwe, um den Antrag anzunehmen.
Mitten in der Nacht kam einmal ein Diener des Bischofs stockbetrunken nach Hause. Franz von Sales wurde vom Gepolter geweckt, dass dieser beim Versuch, die Treppe zu seiner Kammer hinaufzusteigen, verursachte. Der Bischof half ihm daraufhin, möglichst schnell ins Bett zu kommen. Am nächsten Tag wartete der Diener auf eine ordentliche Schelte des Bischofs und die bei solchen Fällen übliche Entlassung. Franz von Sales aber kommentierte den nächtlichen Vorfall nur mit den Worten: “Gestern sind Sie aber sehr krank gewesen.” Der Diener rührte daraufhin keinen Alkohol mehr an.
Johanna Franziska von Chantal wurde am 23. Januar 1572 geboren. Offenbar war es ihr ein Anliegen, an diesem Tag von Franz von Sales einen Glückwunsch zu erhalten. 1617 hat er offenbar darauf vergessen und antwortet ihr in einem Brief mit folgenden Worten: “Meine sehr teure Tochter! Es hat mich gefreut, von Ihnen zu erfahren, dass heute Ihr Geburtstag ist, denn ich dachte nicht daran. Ijob (3,3) wünschte, der Tag seiner Geburt möge gestrichen werden; ich aber wünsche, dass der Tag, der die Geburt meiner sehr teuren Mutter gesehen hat, unter die glücklichen und in alle Ewigkeit gesegneten Tage gezählt werde. Doch sollen diese unsere Geburtstage uns demütigen, indem sie uns das Nichts sehen lassen, aus dem wir kommen, und sie sollen uns zugleich Mut geben, indem sie unser Augenmerk auf das Ziel richten, für das uns Gott einst in die Welt treten ließ.”
Herr Rolland, der Diener des hl. Franz von Sales und spätere Generalvikar der Diözese Genf, sah einmal einen Bettler mit dem Silbergeschirr seines Herrn davoneilen. Er war davon überzeugt, einen Dieb auf frischer Tat ertappt zu haben, packte deshalb den Bettler und zerrte ihn zurück ins Bischofshaus. Dort rief er Franz von Sales aufgebracht, er habe soeben einen Dieb gefasst, der behauptet, das bischöfliche Silbergeschirr geschenkt bekommen zu haben. Franz von Sales bestätigte dies und fragte, ob er denn der Meinung sei, dass er dem Bettler auch noch seine Silberleuchter geben solle. Jahrhunderte später wird der französische Schriftsteller Victor Hugo diese Begebenheit in seinem Roman "Les Miserables - Die Elenden" literarisch verarbeiten.
Bei seinem letzten Aufenthalt am Hof in Turin 1622 schenkte die Prinzessin Christine von Frankreich dem Bischof Franz von Sales einen Diamantring im Wert von 400 Goldtalern. Einige Tage später wurde er von seinem Begleiter Rolland nach dem Ring gefragt. Franz von Sales wusste nicht mehr, wohin er den Ring gegeben habe, und meinte schon, er hätte ihn verloren, was Rolland fast zur Verzweiflung brachte. Glücklicherweise entdeckte er ihn jedoch später und befahl Rolland, den Diamantring so bald als möglich zu verkaufen und das Geld für die Armen zu verwenden. "Wir wollen ja keine Schätze auf Erden", meinte Franz von Sales, "sondern Schätze im Himmel gewinnen."
Jean-François de Sales, der etwas pedantische Bruder und späterer Nachfolger des Bischofs, ärgerte sich oft über Franz von Sales; so einmal, als er zum Essen zu spät kam, weil ihn ein Dienstmädchen sprechen wollte. Jean-François beschwerte sich ausgiebig bei Franz, weil er das Essen kalt werden ließ. Als dann Franz lächelte, fragte der Jüngere nach dem Grund. "Wenn du es unbedingt wissen willst", antwortete Franz von Sales, "ich dachte an eine sehr glücklich Frau." Jean-François war natürlich neugierig, um welche Frau es sich handelte. Und Franz antwortete: "An die Frau, die du nicht geheiratet hast."
Als Franz von Sales 1606 seine Fastenpredigten in Chambéry hält, erfährt er, dass das Gericht von Chambéry seinen ganzen Besitz beschlagnahmt habe. Der Grund war eine Mahnung, die Franz von Sales noch nicht bezahlt hatte. Der Bischof reagiert darauf höchst gleichgültig mit den Worten: "Wenn Gott mir meinen irdischen Besitz nimmt, dann will er, dass ich mich mehr um meinen geistlichen kümmere." Diese Gelassenheit beeindruckte den Senat von Chambéry so sehr, dass sie den Gerichtsbeschluss widerriefen und sich beim Bischof entschuldigten.
Einmal sagte jemand auf ziemlich unhöfliche Weise über Franz von Sales, man sehe ihn immer nur von Frauen umlagert. Franz erwiderte darauf: “Das war auch bei unserem Heiland der Fall, und viele murrten darüber – wiewohl ich hier keinen Vergleich aufstellen will.” Diese Kritik erlosch jedoch nicht. Später sollte jemand auf die Mauer des Klosters der Heimsuchung in Annecy schreiben: "Privatharem des Bischofs". Franz von Sales ließ sich davon jedoch nie aus der Ruhe bringen und seine Milde brachte die meisten Verleumder doch wieder zur Vernunft. Seine Devise lautete selbst bei größten Anfeindungen und Verleumdungen: "Gott möchte, dass wir unsere Feinde lieben. Sollten wir es nicht wenigstens versuchen."
Am 1. Februar 1616 berichtet Franz von Sales seinem Kollegen Fenouillet, Bischof von Montpellier, dass er einen Streit zwischen zwei Herren schlichten wollte, dabei allerdings keinen Erfolg hatte. Warum? Die beiden Herren, so Franz von Sales, haben die Arzneien, die er ihnen angeboten hat, mit der Begründung abgelehnt, dass sie gar nicht krank seien. Nicht alle haben also die Ratschläge ihres Bischofs befolgt.
Eine Dame, die ihre Konversion zum katholischen Glauben immer wieder durch neue Einwände hinauszögerte und den Bischof Franz von Sales schon viele Stunden für deren Beantwortung gekostet hatte, brachte schließlich noch das Argument des Zölibats zur Sprache. Sie könne nicht verstehen, warum die katholische Kirche immer noch daran festhalte. Darauf sagte Franz von Sales lächelnd: "Gnädige Frau, wenn ich eine Familie hätte, fände ich bestimmt nicht so viel Zeit, auf ihre Schwierigkeiten einzugehen." Das überzeugte die Dame: Sie wurde katholisch.
1603 besuchte Franz von Sales seinen Freund Bischof Juvenal Ancina in Carmagnole, in der Grafschaft Saluzzo und bewies dort einmal mehr seine Schlagfertigkeit und ausgesuchte Höflichkeit. Als ihm nämlich Bischof Ancina am Portal der Kathedrale den Vortritt überlassen wollte und dies mit den Worten "Du bist das Salz (Sal-es, lateinisch "sal" bedeutet Salz)" begründete, erwiderte Franz: "Du aber bist noch viel mehr, du bist nämlich Salz und Licht (lateinisch "sal et lux" ... Saluzzo ... bedeutet Salz und Licht)."
In der Diözese Genf-Annecy wurde eine Pfarrstelle frei, die für den künftigen Pfarrer ein gutes Einkommen versprach. So bewarb sich dafür ein adeliger Kanonikus und brachte zum sogenannten Pfarrexamen, bei dem die Eignung des künftigen Pfarrers festgestellt wurde, gleich auch ein Empfehlungsschreiben des Herzogs mit. Franz von Sales ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken. Als er feststellte, dass der Kanonikus theologisch größte Schwächen aufwies, verweigerte er ihm die Pfarrstelle und gab sie einem anderen. Darüber war der Kanonikus äußerst aufgebracht und kündigte eine Beschwerde beim Herzog an. Franz von Sales aber meinte nur: “Wenn Sie wirklich Pfarrer werden wollen, kommen Sie zu mir, ich werde sie unterrichten.” 1620 wurde der Kanonikus nach jahrelanger Ausbildung beim Bischof sogar Dekan von Annecy.
Jean Pierre Camus, Bischof von Belley und bester Freund des Heiligen, klagte einmal bei Franz von Sales wortreich über eine schwere Beleidigung, die ihm angetan wurde. Daraufhin antwortete Franz von Sales: "Es ist nicht zu leugnen, dass man ihnen in jeder Hinsicht sehr unrecht getan hat. Bei der ganzen Sache ist nur ein einziger Punkt, der zu ihrem Nachteil ausfällt." "Und der wäre?" fragte Camus völlig verdutzt und Franz von Sales antwortete: "Dass es eigentlich nur von ihnen abhing, der Weiseste zu sein und zu schweigen."
Auf seiner Rückreise von Avignon nach Lyon Ende November 1622 fragte ein neugieriger calvinischer Edelmann, der die Reisegruppe beobachtete, wer denn dieser Bischof sei. Man sagte ihm: "Das ist Franz von Sales, der Bischof von Genf." Da meinte der Calviner: "Ja wären alle Bischöfe wie dieser, dann hätte unsere Religion bald ausgelebt und wir wären alle katholisch."
Zwei lange Jahre hat Franz von Sales unermüdlich dafür gekämpft, im calvinistisch beherrschten Teil seiner Diözese, dem Chablais, die Menschen zum katholischen Glauben zurückzugewinnen und die katholische Liturgie, vor allem die Eucharistiefeier wieder einzuführen. Am Heiligen Abend 1596 konnte er dabei erstmals einen wirklichen Erfolg verzeichnen. Franz von Sales konnte die Christmette in der Kirche St. Hippolyth in Thonon, der Hauptstatt des Chablais, auf einem einfachen, selbst gezimmerten Holzaltar feiern. Es war die erste heilige Messe in dieser Kirche seit Einführung des Calvinismus vor etwa 60 Jahren. Er selbst bezeichnete diese Messe als den Höhepunkt seines Lebens.
Am 9. Februar 1612 verstärkten sich seine Zahnschmerzen so sehr, dass Franz von Sales fürchtete, die heilige Messe nicht mehr feiern zu können. Sein Mund und seine Wange waren so sehr geschwollen, dass er kaum noch sprechen konnte. Franz legte sich daraufhin ein Tuch auf die Wange, das mit den Gebeinen des hl. Märtyrers Apollonius in Berührung gekommen war – ein Geschenk von Johanna Franziska von Chantal. Unmittelbar danach waren die Zahnschmerzen verschwunden und Franz konnte problemlos die Messe feiern.
1617 hält sich Franz von Sales für längere Zeit in Grenoble auf, um dort die Fastenpredigten zu halten. In einem Brief beschreibt er Johanna Franziska von Chantal seine Eindrücke über die Frömmigkeit der Grenobler. Er schreibt: „Ich habe nie ein gelehrigeres und mehr zur Frömmigkeit neigendes Volk gesehen als dieses hier; vor allem die Damen sind hier sehr fromm, denn hier wie überall überlassen die Männer den Frauen die Sorge um den Haushalt und um die Frömmigkeit.“
Eines Tages erfährt Franz von Sales, dass die Pfarrgemeinde von Rumilly mit ihrem neuen Pfarrer nicht zufrieden ist. Seine Predigten, so wird gesagt, seien zu oberflächlich und gar nicht theologisch fundiert. Darauf reagiert der Bischof von Genf, der normalerweise sein Wissen immer als gering bezeichnet, mit dem ganzen Gewicht seiner theologischen Kompetenz. „Ich,“ so schreibt er, „der ich doch mehr Theologie studiert habe als alle von Rumilly zusammen, finde, dass der Pfarrer wahrhaftig gut und nutzbringend predigt; man wäre in größeren Städten froh, ihn zu haben.“ Daraufhin akzeptierte die Pfarrgemeinde ihren neuen Pfarrer.
Während eines Aufenthaltes in Viuz erfuhr Franz von Sales von einem merkwürdigen Brauch, der ihn sehr belustigte. Es gab dort nämlich die Verordnung, dass die Bevölkerung dazu verpflichtet ist, sämtliche Frösche der Umgebung zum Schweigen zu bringen, damit der Bischof in seiner Nachtruhe nicht gestört werde. Franz von Sales verzichtete auf die Einhaltung dieser Verordnung mit folgenden Worte: „Mögen die Frösche quaken, so viel sie wollen; wenn nur die Kröten mich nicht beißen.“
Ein Hauptmann ließ sich nach seinem Ausscheiden aus dem Soldatendienst von Franz von Sales zum Priester weihen. Bald kam dem Bischof zu Ohren, dass dieser seine Pfarrgemeinde wie ein Regiment führte und in den Predigten seinen Zuhörern zusetzte, wie früher den Soldaten. Diesem Pfarrer schrieb Franz von Sales: „Mein lieber Bruder, Sie haben offenbar noch ein wenig von Ihren früheren Hauptmannsmanieren. Wenn Sie ihre Pfarrkinder zurechtweisen, glauben Sie, Ihre Soldaten vor sich zu haben. Aber es ist doch ein großer Unterschied zwischen einem Hauptmann und einem Seelenhirten, zwischen Soldaten und Pfarrkindern. Diese müssen sanftmütig und geduldig geführt werden.“ Der alte Soldat ließ es sich gesagt sein.
Franz von Sales hatte es nicht gern, wenn man ihn mit besonderen Ehrentitel bedachte, nicht einmal als er Bischof war. In einem Brief an Frau von Limojon schrieb er beispielsweise: “Schreiben Sie mir ganz frei, aufrichtig und unbefangen. Ich brauche Ihnen darüber nichts anderes sagen, als dass Sie am Briefanfang kein Monseigneur setzen sollen, weder abgekürzt, noch anderswie; das hat seinen Grund. Ich bin kein Mensch des Zeremoniells.“ Und an Johanna von Chantal schrieb er: „Ihnen jedoch will ich verbieten, mich mit Monseigneur anzureden. Wenn dies auch bei Ihnen gegenüber Bischöfen so üblich ist, bei uns nicht, und ich liebe die Einfachheit.“ Am Ende seiner Briefe schrieb er gerne: „Ihr sehr ergebener Diener“. Dazu meinte er einmal: „Manche Leute meinen, wenn sie zu Amt und Würden gelangt sind, müssten sie von aller Welt entsprechend geehrt werden, und wenn sie Briefe schreiben, dann wollen sie sich nur bei sehr angesehenen Persönlichkeiten mit ‚sehr ergebener’ oder ‚ergebener Diener’ unterzeichnen. Solche Unterschiede habe ich nie machen können. Ich unterschreibe mich so bei allen ohne Unterschied.“
Franz von Sales hatte es mit seinen Druckereien immer schwer. Was ihm bei der Philothea schon passiert ist, nämlich dass die ersten Ausgaben ständig voller Druckfehler waren, geschah auch beim Theotimus wieder. Seine ersten Exemplare verschickte er daher immer mit einem Begleitschreiben, in dem er sich für die vielen Druckfehler entschuldigte. Ein besonders schönes Beispiel dafür findet sich in einem Brief an den Herzog Roger de Bellegarde, wo er schrieb: „Der Verleger hat mehrere Fehler in dieses Werk einschleichen lassen, aber auch viele Unvollkommenheiten; aber wenn es vollkommene Bücher auf dieser Welt gibt, dürfen sie nicht in meinem Laden gesucht werden.“
Franz von Sales konnte sehr schlecht mit Lob umgehen. Da war es ihm schon viel lieber, wenn er Kritik über ihn hörte und er sich demütig darin fügen konnte. Einmal hat ihm Sr. Anne-Jacqueline Favre, eine seiner ersten Heimsuchungsschwestern, geschrieben, welch großen Eindruck der Bischof bei jenem Pater gemacht habe, der in ihrem Kloster in Lyon Spiritual ist. Darauf antwortet der Bischof sehr bescheiden: „Dieser gute Pater sagt, dass ich eine Blume sei, eine Blumenvase, ein Phönix; in Wahrheit bin ich aber nur ein armseliger Mensch, ein Rabe, ein Misthaufen. Lieben Sie mich aber dennoch, meine sehr liebe Tochter.“
Franz von Sales glaubte aus tiefstem Herzen daran, dass er und die Geschicke der Welt und aller Menschen in Gottes Hand liegen. Sein Lieblingsausdruck dafür lautete: „Überlassen Sie alles vertrauensvoll der göttlichen Vorsehung und bleiben Sie in Seinem göttlichen Frieden.“ Eine besondere Geschichte hat ihn darin bestärkt. Franz von Sales wollte in Lyon ein „Kloster der Heimsuchung Mariens“ gründen. Dazu bedurfte es allerdings auch eines Genehmigungspatents vom französischen König. Etwa zur gleichen Zeit gab es in Lyon einen französischen Priester, der ebenfalls ein Frauenkloster gründen wollte, das er „Kloster der Darstellung Mariens“ nennen wollte. Dieser Priester erbat also beim Königshof um die Genehmigung. Einige Wochen später erhielt der Priester dann die Erlaubnis ein „Kloster der Heimsuchung Mariens“ zu gründen. Franz von Sales gefiel dieser „Streich der göttlichen Vorsehung“ ganz besonders. Jedenfalls wurde das Kloster der Heimsuchung gegründet, ein Kloster der Darstellung kam jedoch nie zustande.
Franz von Sales gilt als der Heilige der Sanftmut und Milde. Das soll allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass er von seiner Veranlagung her zum Jähzorn neigte. Er schaffte es jedoch, diese Neigung in sich zu bekämpfen, und zwar wirklich zu hundert Prozent. Ein humorvolles Beispiel liefert uns dazu ein kurzes Briefzitat an die Schwestern von Sainte-Catherine. Eine der Schwestern hatte sich bei ihm bitter beschwert, weil er als Bischof die angestrebte Reform im Kloster nicht schneller vorantreibe. Darauf antwortet Franz von Sales mit den Worten: „Ich möchte Ihnen eigentlich zürnen, aber ich kann es nicht, weil ich gerade nicht in der Stimmung bin, es zu tun.“
Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen, auch den kirchlichen, legte Franz von Sales kaum Wert auf besonders modische Gardarobe. Er verzichtete sogar auf seinen Schnurbart, weil diese unter dem hohen Adel ein Symbol von Ruhm und Reichtum darstellte. Der Jugend gegenüber jedoch bewies er in Bezug auf Mode Toleranz. Jedenfalls schrieb er der hl. Johanna Franziska von Chantal, deren heranwachsende Tochter sich zu schminken und ein besonderes Auge auf Kleidung und Schmuck zu werfen begann: „Lassen Sie ihr ruhig einen schönen Kragen für die Festtage machen. Die Kleine hält es für ein großes Glück, solche Spitzen und gestärkte Kragen zu haben. – Sie sehen, dass ich etwas davon verstehe. – Wenn sie einmal merkt, dass das keine so große Sache ist, dann wird sie schon wieder zu sich kommen.“