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PREDIGT zum Dreifaltigkeitssonntag - LJ A

"Unbegreiflich" (Joh 3,16-18)

Liebe Schwestern und Brüder,

„Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht“. Als Dietrich Bonhoeffer diesen Satz im Jahre 1930 schrieb, ahnte er sicher nicht, dass er einmal bei einer Predigt am Dreifaltigkeitssonntag zitiert werden würde. Gleiches gilt für seine Aussage aus dem Gefängnis Berlin-Tegel 1944, wo er schrieb: „Wir müssen so glauben, als wenn es Gott nicht gäbe.“

Beide Sätze protestieren gegen allzu menschliche Gottesbilder und allzu menschliche Erklärungen seines Willens, Erklärungen, die leicht zu begreifen sind und Gott zur gedanklichen Spielwiese des Menschen machen. Aber: Ein Gott, an dessen Existenz leicht zu glauben ist, dessen Wille problemlos mit den Wünschen des Menschen in Einklang gebracht werden kann, dieser Gott ist von Menschen nach ihren Vorstellungen gemacht, und einen solchen Gott gibt es nicht, er ist höchstens ein Götze, entsprungen aus der blumigen Phantasie des Menschen.

Was Bonhoeffer sehr spitz und provokant für die Menschen des 20. Jahrhunderts formulierte, sagt im Grunde auch der heilige Franz von Sales in der Sprache seiner Zeit und in der Tiefe seiner spirituellen Mystik. Franz von Sales hatte es ja auch nicht wie Bonhoeffer mit Adolf Hitler und den Nationalsozialisten zu tun und musste auch nicht in einer Gefängniszelle auf sein Todesurteil warten. Franz von Sales schreibt nun von Gott: „Nichts erfasst ihn, um ihn zu verstehen, er aber umfasst und hält alles. Er ist unendlich, er ist überall und hält alles durch seine Macht. Gott ist ein unendlicher Geist, Ursache und Bewegung aller Dinge, in dem und durch den alles ist, alles besteht und bewegt wird.“

An einer anderen Stelle sagt Franz von Sales von Gott und seinen Beweggründen: „sie wären sehr armselig, würden wir kleinen Geister sie begreifen.“ Und er befiehlt seinen Lesern: „Niemals dürfen wir unserem Verstand erlauben, in ehrfurchtsloser Neugierde die Flamme göttlicher Ratschlüsse zu umflattern. Gleich kleinen Schmetterlingen würden wir uns nur die Flügel verbrennen und im Feuer dieser heiligen Flamme zugrunde gehen. Unerforschlich sind Gottes Ratschlüsse, unergründlich, wir vermögen weder ihre Beweggründe zu erkennen, noch die Wege und Mittel zu erfassen, durch die Gott sie verwirklicht und vollendet. Auch wenn wir den schärfsten Spürsinn besitzen, werden wir uns bei jedem Schritt verirren und die Spur verlieren.“

Kurz gesagt meint also Franz von Sales: Lassen wir Gott seine Größe, lassen wir ihm seine Unbegreiflichkeit.

Und genau diese Unbegreiflichkeit und Größe Gottes, die nicht von Menschen gemacht ist, genau diesen Gott, denn es eigentlich nach menschlichem Ermessen gar nicht geben kann, bringt die Lehre von der Dreifaltigkeit zum Ausdruck. Gott ist ein Gott in drei Personen und doch nur ein Gott. Eins ist drei und drei ist eins: Menschlich ist das völliger Blödsinn, aber es geht hier auch nicht um den Menschen, sondern um Gott.

Und wenn wir am heutigen Sonntag gerade die Dreifaltigkeit Gottes in den Mittelpunkt unseres Feierns stellen: Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist, dann geht es nicht darum, dass wir groß herumgrübeln und uns fragen: Wie ist das möglich, wie geht denn das, wie soll man das verstehen – ein Gott in drei Personen. Nein, wir sollen uns vielmehr freuen über die Größe und Großartigkeit Gottes und über das, was er für uns Menschen getan hat. Im Evangelium wurde diese Großtat Gottes beschrieben: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen eigenen Sohn dafür hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht sondern das Ewige Leben hat.“ Dass jemand das Wertvollste, das er besitzt, vernichten lässt, um damit andere zu retten, auch das ist nicht zu verstehen. Aber heute ist es auch nicht unsere Aufgabe, Gott zu verstehen, sondern ihn zu feiern und ihm für seine Großtaten zu danken. Alles andere überlassen wir Gott selbst. Denn: Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht. Er wäre armselig, würden wir kleinen Geister ihn begreifen. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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