From Franz von Sales

Lexikon: A-Z :: Gleichmut

Der Gleichmut –

Eine gefährliche Tugend

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  1. 1. Der Wille Gottes
  2. 2. Die Gefahren
  3. 3. In Gott geborgen
  4. 4. Offen für Gott
  5. 5. FRAGEN ZUM NACHDENKEN

Der heilige Gleichmut ist eine sehr gefährlich Tugend. In der deutschen Sprache ist daher in diesem Wort der Begriff MUT enthalten. Warum aber verlangt diese Tugend von uns Mut und Tapferkeit?


1.  Der Wille Gottes

flickr:Osterfeuer

Zunächst, weil es dabei um nichts Geringeres als um den Willen Gottes geht, der ja nur allzu oft unfassbar und unbegreiflich ist. Der Kirchenlehrer Franz von Sales schreibt: „Niemals dürfen wir unserem Verstand erlauben, in ehrfurchtsloser Neugierde die Flamme göttlicher Ratschlüsse zu umflattern. Gleich kleinen Schmetterlingen würden wir unsere Flügel verbrennen und im Feuer dieser heiligen Flamme zugrunde gehen.“ Er rät daher: Gott ist so unendlich groß, lassen wir ihm daher seine Größe und Unbegreiflichkeit.
Der Gleichmut ist also aufgrund der Größe Gottes wahrlich eine Herausforderung. Denken wir über die Eigenschaften dieser Tugend näher nach und bedenken wir die Folgen für unser alltägliches Leben, dann wird dies noch deutlicher. Alles, was auf dieser Welt und in meinem persönlichen Leben geschieht, beruht auf dem Willen Gottes und ist daher letztlich gut. Der Mensch nimmt alles in Gleichmut an, weil er darauf vertrauen darf, dass Gott nur das Beste für den Menschen will, weil Gott die Liebe ist.
Der deutsche Dichter Eduard Möricke hat diese Haltung des Menschen gegenüber dem Willen Gottes einmal so beschrieben: „Herr, schicke was du willst, Liebe oder Leid. Ich nehme alles mit Freude an, denn ich weiß, dass es aus deinen Händen kommt.“

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2.  Die Gefahren

Gefährlich ist der Gleichmut aber nicht nur deshalb, weil es dabei ganz intensiv um die unerforschlichen und unergründlichen Ratschlüsse Gottes geht, dem man lieber seine Unbegreiflichkeit lässt, im Gleichmut steckt auch die Gefahr, ihn mit der Gleichgültigkeit zu verwechseln, so nach dem Motto: Es ist völlig egal, was auf dieser Welt geschieht, ich brauche mich darum nicht zu kümmern, Gott wird schon das Nötige tun. Diese Gleichgültigkeit verführt den Menschen dazu, gegenüber dem Leid die Hände in den Schoß zu legen und dafür auch noch eine göttliche Ausrede zu haben: Gott wird es schon fügen. Das aber hat mit Gleichmut wirklich nichts zu tun.
Eine weitere Gefahr liegt darin, den Gleichmut für eine ganz billige Vertröstung zu missbrauchen, die den Menschen in seiner Not und seinem Elend ruhig stellen möchte: Nimm alles auf dich, trag alles in heiligem Gleichmut, reg dich nicht auf, denn alles kommt von Gott. Gerade diese falsch verstandene Haltung hat der Kirche zurecht den Vorwurf eingebracht, dass sie „Opium des Volkes“ ist, also ein Beruhigungsmittel, das den Menschen einschläfert, damit an dieser Welt ja nichts geändert wird. Falsch verstandener Gleichmut verhindert nämlich, dass der Mensch etwas gegen Missstände in dieser Welt unternimmt.

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3.  In Gott geborgen

Die richtige Haltung des Gleichmutes ist vielmehr die feste Überzeugung, dass wir Menschen in Gottes liebender Hand geborgen sind. Der Gleichmut verhilft uns zu einer positiven Gottesbeziehung und zu einer bejahenden Haltung gegenüber uns selbst, unseren Mitmenschen und unserer Schöpfung. Und gerade deshalb dürfen wir dem Leiden oder dem Bösen, das in dieser Welt geschieht, nicht tatenlos, gleichgültig oder oberflächlich gegenüberstehen.
Eine Bibelstelle mag uns helfen, den heiligen Gleichmut besser zu verstehen. Es ist der Bericht über den Sturm auf dem See (Mt 8,23-27). Dieser lautet folgendermaßen: „Jesus stieg in das Boot, und seine Jünger folgten ihm. Plötzlich brach auf dem See ein gewaltiger Sturm los, so dass das Boot von den Wellen überflutet wurde. Jesus aber schlief. Da traten die Jünger zu ihm und weckten ihn; sie riefen: Herr, rette uns, wir gehen zugrunde! Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf, drohte den Winden und dem See, und es trat völlige Stille ein. Die Leute aber staunten und sagten: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar die Winde und der See gehorchen?“
Anstatt ganz auf Jesus zu vertrauen, bekommen die Jünger Angst vor dem Sturm. Jesus selbst aber lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Er schläft tief und fest, ein Ausdruck des völligen Vertrauens, ein Bild des heiligen Gleichmutes: Der schlafende Jesus, er liegt seelenruhig im Boot, während es rundherum stürmt und die Wellen das Boot durcheinanderwerfen. Die Reaktion der Jünger in dieser Situation ist verständlich. Sie wecken Jesus und bitten ihn inständig um Hilfe: Herr, rette uns, wir gehen zugrunde! Und Jesus tritt dem Sturm entgegen bis völlige Stille eingekehrt ist. Er zeigt seinen Jüngern, dass derjenige, der auf ihn sein Vertrauen setzt, nichts zu fürchten hat. Wer auf Gott vertraut, braucht keine Angst zu haben, er wird nicht zugrunde gehen. Genau diese Überzeugung heißt Gleichmut. Es ist das unerschütterliche Wissen, dass jener, der voll und ganz auf Gott vertraut und eins wird mit seinem Willen einfach nicht untergehen kann, sondern geborgen ist in Gott. Der heilige Gleichmut gibt dann die nötige Kraft, gegen die Stürme des Lebens aufzustehen und zu kämpfen.
Franz von Sales bringt ein ähnliches Beispiel aus der Welt der Seefahrt, um uns den Gleichmut verständlich zu machen. Er schreibt: „Mag das Schiff diesen oder jenen Kurs nehmen, mag es nach Westen oder Osten, nach Süden oder Norden steuern, mag dieser oder jener Wind es treiben, die Kompassnadel wird doch stets nach Norden zeigen. Mag nicht nur um uns herum, sondern auch in uns alles drunter und drüber gehen, mag unsere Seele traurig oder vergnügt und fröhlich, verbittert und unruhig oder friedlich sein, immer soll unser Herz, unser Geist und der höhere Wille gleich der Kompassnadel unablässig auf die Gottesliebe als ihr einziges und höchstes Gut schauen und ausgerichtet sein. Dieser unwandelbare Entschluss, niemals Gott zu verlassen oder seine beglückende Liebe aufzugeben, dient der Seele als Gegengewicht, um sie in heiligem Gleichmut mitten im Wandel der wechselnden Lebensumstände und Ereignisse zu halten.“

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4.  Offen für Gott

Gleichmut hat also nichts zu tun mit Gleichgültigkeit oder Schlamperei, die alles einfach laufen lässt, wie es eben läuft. Gleichmut bedeutet nicht stumpfe Passivität oder Resignation, die den Kopf in den Sand steckt und alles als unabänderliches Schicksal über sich ergehen lässt. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Gleichmut erfordert höchste Aktivität: das ständige Offensein für den Anruf Gottes, die Bereitschaft, in jedem Augenblick anzunehmen, was Gott mir zumutet, sei es in den großen Fragen und Entscheidungen meines Lebens oder in den kleinen Dingen meines Alltags. Das Motiv für diese totale Offenheit ist allein die Liebe zu Gott und seinem Willen.
Das beste Gebet um die Gnade des heiligen Gleichmuts stammt im Übrigen von einem deutschen Priesters namens Christoph Oetinger. Wir sollten es immer wieder einmal beten, um die Tugend des Gleichmutes in uns wachsen zu lassen:
„Herr, schenke mir Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Amen.“

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5.  FRAGEN ZUM NACHDENKEN

Herbert Winklehner OSFS


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