„Die Liebe genügt“ (Mt 7,22-24)
Liebes Brautpaar, Liebe Schwestern und Brüder,
Vor einigen Jahren erschien ein Buch über den hl. Franz von Sales mit dem Titel "Die Liebe genügt". Dieser Satz fasst die Erkenntnis des heiligen Bischofs und Kirchenlehrers zusammen, die er am Ende seines Lebens hatte. Am Sterbebett denkt er über sein Leben nach, darüber, was er in seinem Leben denn so alles geleistet hat, vollbracht hat, was er vor Gott vorzeigen kann, was er in den Himmel nach seinem Tod mitnehmen könnte, damit er von Gott nicht verurteilt, sondern in seine Herrlichkeit aufgenommen wird. Was soll als Ergebnis am Ende unseres Lebens stehen? Was brauchen wir, um vor Gott bestehen zu können? Franz von Sales kommt zum Schluss: Es ist alles egal, die Liebe allein genügt!
Die Liebe genügt: Das ist die Aussage eines Heiligen, es ist aber auch das Ziel von uns allen. Und es ist auch das Ziel von zwei Menschen, die beschlossen haben den Weg der Liebe gemeinsam zu gehen, so wie ihr beide.
Jetzt haben wir also ein großartiges und passendes Wort eines großartigen Heiligen vor uns stehen. Wir wissen auch, dass er damit durchaus Recht hat, aber, was wir noch nicht wissen, ist: Wie denn das überhaupt konkret funktioniert. Wie mache ich das, dass ich am Ende meines Lebens sagen kann: Die Liebe genügt?
Es gibt nun sicherlich die unterschiedlichsten Ratschläge dafür, was man alles tun soll, um dieses Ziel zu erreichen. Es gibt dazu sicherlich eine Menge Möglichkeiten und Ratschläge. Euch beiden ist bei der Vorbereitung Eurer Hochzeit eine Methode ganz besonders eingefallen. Ihr habt sie bei der Lesung zum Ausdruck gebracht und auf Eurer Hochzeitskerze verewigt. Es ist die Methode der kleinen, aber doch so wichtigen Worte: Danke, Bitte, Toll, ich mag dich, lieb von dir, Verzeihung, Kann ich helfen und so weiter. Wenn wir diese kleinen Worte im Umgang miteinander vergessen, wird dieses Miteinander bald trostlos, kalt und leer. Werden diese kleinen Worte aber nicht vergessen, sondern gepflegt, dann wird dieses Miteinander nicht nur freundlicher, sondern es wird auch immer deutlicher und konkreter klar: Die Liebe genügt. Es braucht keine großen Worte mehr, die Liebe genügt. Das ist auch eine sehr salesinanische Methode. Franz von Sales nennt sie die Methode der kleinen Schritte.
Diese Methode ist euch beiden eingefallen und sie steht auf Eurer Hochzeitskerze. Eine andere Methode finden wir in der Bibel: Er heißt: „Liebt einander, so wie Jesus Christus uns geliebt hat.“ Und was ist das für eine Liebe? Sie ist jedenfalls nicht eine Liebe, die wir aus Filmen, Zeitschriften oder Liebesromanen kennen, mit einer großen Romantik und Anziehungskraft, aber ohne dauerhaftes Fundament. Die Liebe, mit der Jesus Christus liebte, ist eine ganz andere. Mutter Teresa hat diese Liebe einmal ganz wunderbar beschrieben. Sie sagte: Diese Liebe ist eine „Liebe, die liebt, bis es weh tut!“ Konkret heißt das: Bei dieser Liebe gilt das Verzeihen mehr als die Rache. Das Nachgeben hat eine größere Bedeutung als das Rechthaben. Das Loslassen ist mehr wert als das Festbinden. Dass all das natürlich manchmal auch wehtun kann, wenn ich verzeihen muss, nachgeben muss oder loslassen muss, ist klar, aber diese Liebe liebt eben auch dann, wenn es weh tut.
Ich weiß: So eine Liebe als Lebensziel anzustreben, ist gar nicht so einfach. Aber, es ist möglich. Ihr dürft nur den Kontakt zu Jesus Christus nicht aus den Augen verlieren. Im Gleichnis vom Haus auf den Felsen hat uns Jesus das begreiflich zu machen versucht: Wenn Jesus Christus in Eurem Haus das Fundament bildet, dann können Erdebeben, Stürme und Überschwemmungen kommen, das Haus wird nicht zerstört werden. Ich wünsche Euch, dass euch das gelingt. Amen.
Herbert Winklehner OSFS
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