Im Namen des Herrn. Amen.
Am 17. April 1628 wurde Hochwürden Vinzenz von Paul, ein Priester der Diözese Dax, Oberer der Priester der Mission (Lazaristen bzw. Vinzentiner) und Königlicher Hausgeistlicher der Galeeren von Frankreich, bei der 11. Anhörung in der Kapelle Sainte Monica, der Konventskapelle der Heimsuchungsschwestern von Paris, befragt, nachdem er vom Hochwürdigen Pater Juste Guérin von der Priesterkongregation des heiligen Paul und Prokurator des Prozesses vorgestellt wurde. Von den Richtern vorgeladen und auf die Schwere eines Meineids hingewiesen, schwor er in Gegenwart der genannten Richter mit seiner Hand auf dem Herzen, wie es bei Priestern üblich ist, sowohl bezüglich der Fragen als auch der Artikel die Wahrheit zu sagen, allen Hass, alle Neigung, jede Furcht, jeden Vorteil, usw. in diesem Prozess beiseite zu lassen, und er antwortete auf die entsprechenden Fragen der Richter folgendermaßen:
Auf die erste antwortete er: Ich weiß, dass Meineid in allen Fällen, aber vor allem in Fällen von Selig- und Heiligsprechungen, wie diesem hier, eine sehr schwere Todsünde bedeutet, die ich mit der Gnade Gottes niemals begehen möchte.
Auf die zweite: Mein Name ist Vinzenz von Paul. Ich bin ein unwürdiger Priester von 48 Jahren, Oberer der Priester der Mission (Lazaristen bzw. Vinzentiner) und Königlicher Hausgeistlicher der Galeeren Frankreichs.
Auf die dritte: Ich habe nicht nur zu Ostern meine Sünden bekannt und die Heilige Eucharistie empfangen, sondern ich beichte einige Male in der Woche und feiere mit Gottes Gnade das Heiligste Messopfer in der Regel täglich.
Auf die vierte: Niemand sagte mir, wie oder welche Stellungnahme ich zu den Angelegenheiten in diesem Fall machen soll, noch erwarte ich mir irgendeine materielle Entlohnung, sondern nur die größere Ehre Gottes und Seines Dieners Franz von Sales, der Bischof von Genf war, als er noch lebte.
Auf die fünfte: Niemals wurde ich durch die Gnade Gottes irgendeiner Straftat bezichtigt, noch wurde eine solche untersucht, noch vor irgendein Gericht gebracht; noch wurde ich namentlich in der Öffentlichkeit beschuldigt oder exkommuniziert.
Auf die sechste: Ich bin auf Vorladung von P. René Ferrier (dem Vize-Postulator für den Seligsprechungsprozess des Franz von Sales) und der Ehrwürdigen Mütter willen hierhergekommen, um mich der Befragung zu unterziehen und zu schwören, in allem die Wahrheit zu sagen, wonach ich von Ihnen in diesem Fall befragt werde.
Und beim Durchgehen der Artikel, die im Remissorial-Schreiben enthalten waren und zu denen er befragt wurde, antwortete er:
Zum ersten Artikel bis zum dreiundzwanzigsten einschließlich: Ich habe dazu nichts zu sagen, da ich von den Angelegenheiten, die diese Artikel beinhalten, keine Kenntnis habe.
Zum vierundzwanzigsten Artikel, bezüglich des Glaubens des zuvor erwähnten Dieners Gottes Franz von Sales antwortete er: Viele Male hatte ich die Ehre, mich einer engen Freundschaft mit Franz von Sales, Bischof und Herr von Genf, zu erfreuen und ich erinnere mich gern daran. In Bezug auf diese und auch andere Dinge, die ich in meinem Umgang mit ihm beobachtete, lernte ich daraus eine Größe des Glaubens, die bei ihm länger vorhanden war als bei mir. Ich bezeuge mit aller Aufrichtigkeit vor Gott und Jesus Christus, dass das, was nun folgt, wahr ist. Und es ist für mich mit Sicherheit erwiesen, dass er in einem sehr hohen Maße einen orthodoxen Glauben besaß und in seiner Sehnsucht, diesen zu verbreiten, keine Anstrengungen unterließ – sogar bis zu dem Punkt, sein eigenes Leben vielen Gefahren auszusetzen. Er tat dies durch seinen unermüdlichen Eifer, die Häretiker zu bekehren, dessen Anzahl in der Grafschaft Chablais, in den Gebieten Ternier und Gaillard in Savoyen über einen Zeitraum von beinahe siebzig Jahren stark angewachsen war, und in der Nähe von Genf, wo der Glaube fast zur Gänze fehlte. Durch seine frommen Bemühungen und Werke bekehrten sich Tausende Häretiker und kehrten zur Katholischen Kirche zurück.
Diese Dinge sind wahr, öffentlich und wohl bekannt.
Außerdem weiß ich, dass der Diener Gottes gewöhnlich die Schönheit desselben Glaubens all jenen vermittelte, die ihm sowohl in den Diskussionen als auch bei der Beichte zuhörten. Er tat dies derart, dass seine Zuhörer ihm leicht und mit Vergnügen folgen konnten, wenn er erhellend und klar die eher außergewöhnlichen und verborgenen Glaubensgeheimnisse erklärte. Deswegen bewunderten ihn sogar die Häretiker, obwohl diese anfangs allgemein starrsinnig waren.
Auch das ist wohl bekannt und öffentlich.
Noch sollte ich meiner Meinung nach das übergehen, was ich in den freundschaftlichen Gesprächen mit ihm, denen ich mich erfreuen durfte, aus seinem eigenen Munde hörte, dass er nämlich für gewöhnlich Tränen vergoss, während er die Kapitel seiner eigenen Bücher las. Er schien zu begreifen, dass er diese nicht aufgrund seiner eigenen Fähigkeiten schrieb, sondern durch die Eingebungen des Allmächtigen Gottes. Dies ließ mich eine gewisse Hingabe und zarte Zuneigung erfahren; in der Tat fühlte ich, dass der Diener Gottes göttlich erleuchtet war.
Ich versichere, dass das wahr ist.
Ich füge außerdem hinzu, dass er mir aufgrund derselben bereits erwähnten Freundschaft, mit der er mich ehrte, sein Herz öffnete und sagte, dass er spüren könne, wenn jemand von seiner Predigt innerlich berührt werde. „Weil ich merkte“, sagte er, „dass etwas aus mir heraus ging, nicht durch irgendeine Eingebung von mir und ohne es vorherzusehen, auf eine mir völlig unbekannte Weise, jedoch von mir geäußert durch einen göttlichen Anstoß.“
Die Folge davon lässt sich leicht überprüfen, da die Menschen nach seinen Predigten mit Gewissensbissen im Herzen zu ihm kamen und auf seine Worte Bezug nahmen, die sie innerlich bewegt hatten. Ich glaube, dass das sehr wahr ist, und ich spreche die Wahrheit, in dem ich dieses Zeugnis bekräftige und sage, dass nicht nur seine Worte jeden wie brennende Pfeile entflammten, sondern auch dass jede seiner Handlungen eine Predigt war.
Zum fünfundzwanzigsten Artikel über die Hoffnung: Ich weiß mit Sicherheit, dass der Diener Gottes seine Schritte in seinem Heimatland mit einem überaus heiteren Frieden und einer großen Sanftmut lenkte. Mit diesem Reichtum erfüllt, vertrieb er all seine Ängste, außer jener Angst, die der keusche Begleiter der Liebe ist; indem er immer derselbe blieb und mit großem Frieden der göttlichen Barmherzigkeit vertraute, wurde er außerdem nicht von irgendwelchen Schwierigkeiten überwältigt, egal wie ernst diese waren. Im Gegenteil: vertrauensvoll gestützt auf dieselbe göttliche Hoffnung, zeigte er große Tatkraft darin, die Lebensgeister der anderen zu erheben, was alle, die ihm begegneten und seiner Leitung folgten, auf das Ehrlichste bezeugen können.
Dass der Diener Gottes seinen irdischen Weg standfest, treu und frohgemut beendete, wird aus der Tatsache heraus deutlich, dass er in jenem Augenblick, als er dieses Leben verließ, auf die Frage, ob er den Tod fürchte, antwortete, er vertraue auf Gott. Als er dann noch einmal gefragt wurde, ob er bestürzt wäre, weil er die Kongregation der Schwestern der Heimsuchung Mariens in einem unvollendeten Zustand verlasse, antwortete er: „Er, der es begonnen hat, wird es selbst vollenden, vollenden, vollenden.“ Als einer ihm die Bedenken des Jesus Sirach sagte: „Tod, wie bitter ist es, an dich zu denken“, fuhr er mit den Worten fort: „für den, der ruhig sein Heim bewohnt“ (Sir 41,1). Daraus wird offenkundig, dass er, weit entfernt von irdischen Überlegungen, ganz Gott allein anhaftete, auf den er alle Hoffnung setzte. Und während er die Letzte Ölung mit einem frohen Geist empfing, beantwortete er sanft die Gebete einer jeden der Salbungen.
Glaubwürdige Personen haben mir diese Dinge berichtet, neben jenen, die über sein Leben schrieben.
Zum sechsundzwanzigsten Artikel über die Liebe zu Gott: Der Diener Gottes liebte Gott mit einer leidenschaftlichen Liebe; die Beweise, aus denen ich das ableite, sind folgende:
1. Ein höchst gelassener Friede, Zeichen des sehr engen Bandes, das ihn mit Gott vereinte, das ich so wie viele andere Personen sorgsam beobachteten.
2. Seine Bemühungen, die Sünde zu zerstören, das Gegenteil der Liebe, in dem er unermüdlich (wie jeder weiß) in gleicher Weise mit den Reichen wie mit den Armen arbeitete, ohne Unterschied des Geschlechts, und ihnen die Sakramente spendete, besonders das Bußsakrament, durch welches die Sünde beseitigt wird.
3. Um die Ehre Gottes mehr und mehr zu fördern (bei denen, die die Sünde, die dem entgegengesetzt ist, bereits überwunden haben) machte er sich allen verfügbar, ohne Unterschied – Ordensleuten genauso wie weltlichen Personen oder Laien –, die ihn um Rat in Gewissensfragen baten.
4. Ich leite seine leidenschaftliche Liebe für Gott von der sehr friedvollen Gelassenheit ab, die ich bei diesem Diener Gottes beobachtete, die von seiner inneren Sammlung in der Gegenwart Gottes herrührte, und von seiner sehr leidenschaftlichen Sehnsucht zum inneren Dialog mit Gott. Aus diesem vertrauten Kontakt mit dem Göttlichen bezog er die sanftesten Empfindungen; seine Schriften, die danach duften, geben davon Zeugnis.
5. Ich leite dies von seiner brennenden Sehnsucht ab, dem Bild des Gottessohnes gleich zu werden, und ich beobachtete, wie sich der Diener Gottes selbst auf diese Weise mit Ihm gleichförmig machte. Sehr oft, wenn er sich in meiner Gegenwart befand, staunte ich, wie ein einfaches Geschöpf trotz menschlicher Gebrechlichkeiten einen solchen Grad an Vollkommenheit und einen so außergewöhnlichen Gipfel an Erhabenheit des Geistes erreichen konnte.
6. Es ist ebenso Tatsache, dass er, getrieben vom überreichen Strom der Göttlichen Liebe, ein unsterbliches und klarerweise sehr edles Werk mit dem Titel „Abhandlung über die Gottesliebe“ veröffentlichte, ein gläubiges Zeugnis seiner höchst leidenschaftlichen Liebe zu Gott und in der Tat ein bewundernswertes Buch, das alle, die es lasen, die Sanftmut des Autors preisen ließ. Ich achtete sorgfältig darauf, dass das Buch zur Gänze in unserer Gemeinschaft gelesen wird. Es ist ein universales Heilmittel für alle, die entmutigt sind, ein Ansporn für die bequem Gewordenen, ein Anreiz zur Liebe und eine Leiter für jene, die nach Vollkommenheit streben. Würde es doch von allen gelesen werden, da es so wertvoll ist! Es gäbe keinen, der seiner Leidenschaft entfliehen könnte.
Zum siebenundzwanzigsten Artikel über die Nächstenliebe: Ich weiß sicher, dass die Nächstenliebe des Dieners Gottes vollkommen war. Das sind die Beweise dafür, dass dies wahr ist:
(1) Das brennende Verlangen, dass jede einzelne Person in diesen Dingen fortschreite, die der Erlösung dienen, und dass er andere mit der gleichen leidenschaftlichen, eifrigen Gottesliebe entflamme, die er selbst spürte. Ich beobachtete das an ihm während privater Unterredungen.
(2) Dass er von diesen Worten Jesu Christi unseres Herrn tief durchdrungen war: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“, ist eindeutig bewiesen, wenn man bedenkt, dass er niemals irgendjemanden abwies, weder in zeitlichen noch in geistlichen Angelegenheiten; tatsächlich wollte er unter den Regeln, die er auf seine weise Art für seinen Haushalt aufstellte, besonders darin sicher gehen, dass seine Diener niemanden wegschickten, der ihn sehen oder ihm begegnen wollte.
Nur eine Sache möchte ich in Bezug auf die Hilfe für die Bedürftigen besonders erwähnen. Es würde zu lange dauern, die große Anzahl guter Werke alle aufzuzählen. Ich erwähne auch nicht das Silbergeschirr, das er zu verkaufen anordnete, um jenen in extremer Armut helfen zu können. Als ein gewisser Priester ihm andeutete, dass er von Armut erdrückt werde, suchte er sofort nach einem Umkleidezimmer, streifte sein eigenes Hemd ab und gab es dem Priester. Heute geschehen durch dieses viele Wunder.
Der Diener Gottes zeichnete sich nicht weniger durch seine unermessliche Nächstenliebe aus, in dem er die Menschen mit geistlichen Wohltaten und mit jenen für das Heil förderlichen Mitteln unterstützte, wofür er keine Anstrengung scheute. Im Gegenteil, er hieß alle Besucher mit seinem feinen und offenen Geist willkommen und er ließ nichts aus, das irgendeine Hoffnung auf Heil geben könnte, und das zum Nachteil für seine Gesundheit. Angespornt wurde er durch zwei Beweggründe: erstens durch die große Sorge um den Verlust der Seelen, von der er gepeinigt wurde; zweitens durch seinen leidenschaftlichen Eifer für deren Heil, damit er jene, die verloren waren, ihrem wahren Hirten zurückgeben könnte.
Dass diese Dinge wahr sind, weiß ich sowohl aus meinen privaten Gesprächen mit ihm, als auch von seinem Ruf unter den Menschen.
(3) Dass er niemals aufhörte, das Wort Gottes zu predigen, und wunderbar Seelen bekehrte, wenn er Beichte hörte, dass er die anderen Sakramente spendete und Kindern an allen bereits erwähnten Orten Katechismusunterricht erteilte, und all das tat er ohne sich selbst von vielen Unannehmlichkeiten zu schonen.
(4) Das ist für mich offensichtlich; ich beobachtete es in der sehr großen Hochachtung, die er für alle gläubigen Arbeiter im Weinberg des Herrn empfand, und andererseits in der Trauer, die er fühlte, wenn er irgendjemanden verlor, der sein Leben mit dem Tod tauschte.
(5) Die Leidenschaft des Dieners Gottes wurde besonders in seinen Predigten deutlich (die ich als gesprochenes Evangelium betrachtete). Er entzündete bei den Zuhörern eine machtvolle Flamme geistlicher Frömmigkeit. Er zeichnete sich selbst im privaten und familiären Gespräch aus, in welchem die Teilnehmer hingerissen waren; er passte sich stets an die Fähigkeiten eines jeden an und, weil er sich selbst als Schuldner aller betrachtete, verließ er nie irgendjemanden, der ihn um Rat fragte – egal ob in einer ernsten Angelegenheit oder in einem einfachen Zweifel –, ohne dass dieser zufriedengestellt und mit Trost erfüllt war. Als ich über die Worte des Dieners Gottes nachdachte, verursachten sie in mir eine so große Bewunderung, dass ich zu glauben gezwungen war, dass er der Mann war, der am besten das Abbild des Gottessohnes nachahmte, während er auf Erden wandelte. Meine Bewunderung wurde dadurch vergrößert, dass es ein solch ausgezeichneter Mann, der in Problemen größter Wichtigkeit involviert war, jeder Person welcher Art auch immer erlaubte, ihn aufzuhalten, egal wie geringfügig die Sache auch immer war. Er sparte mit keiner Anstrengung bis diese Person vollstens zufriedengestellt war. Er bewirkte dadurch den Seelenfrieden und die Ruhe für so viele!
Diese Dinge sind wahr, öffentlich und wohl bekannt.
Zum achtundzwanzigsten Artikel über die Kardinaltugenden:
I. Über die Weisheit:
Ich weiß aus vielen Gründen, dass die Weisheit des Dieners Gottes in hervorragendem Maße ausgezeichnet war.
(1) Er errichtete in seinem Haushalt und in seiner gesamten Familie eine wunderbare Ordnung und ein gerechtes Regelwerk in einem solchen Maße, dass in seinem Zuhause oder in der Familie kein Müßiggang oder Ärgernis offenbar wurde.
(2) Er leitete seine Diözese so weise – trotz der Tatsache, dass sie unter verschiedenen Jurisdiktionen stand, namentlich unter der des Königs von Frankreich und des Herzogs von Savoyen – dass es ihm gelang, in dem er mit beiden in Frieden blieb, in zeitlichen wie in geistlichen Streitigkeiten vereinende Ruhe herzustellen.
(3) Mit der Errichtung und Gründung eines Schwesternordens unter dem Titel Heimsuchung Mariens. Mit wunderbarer Voraussicht, mit der Führung des Heiligen Geistes und mit sehr heiligen Satzungen, von ihm verordnet und vom Heiligen Stuhl approbiert, gab er ihnen eine bewundernswerte Lebensform. Darin richtete er seine Absichten und all seine Anstrengungen auf Gott als letztes Ziel. Er suchte das Heil nicht nur für sich selbst und seine Ordensschwestern, sondern auch für seine Diener, für die er immer sehr sorgsam und besorgt war.
(4) In der Art, Streitigkeiten zu schlichten und die Regungen des Geistes und der Leidenschaften zu beruhigen; bei diesen Gelegenheiten hob sich die Weisheit des Dieners Gottes sehr stark hervor. Indem er alle Arten von Schwierigkeiten trotz vieler Komplikationen klärte und alles wieder so klar einrichtete, wurde er von allen bewundert. Es war einfach nicht möglich, ihm zu widerstehen, man gab ihm einfach nach.
(5) In der Umwandlung des Gewissens bei denen, die sich seiner Leitung anvertrauten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Seelen, die sich dem Diener Gottes unterwarfen, in geistlichen Angelegenheiten in kurzer Zeit einen solch großen Fortschritt machten, dass sie, zum Besseren verändert, jene Dinge verachteten, die sie früher liebten, und liebend all das ergriffen, was ihnen vorher zuwider war.
(6) Durch die Tatsache, dass er dann, wenn durch ihn alles vorzüglich eingerichtet war, also wenn gleichsam der Körper durch seine segensreichen Ratschläge, mit denen er wunderbar ausgestattet war, geformt worden ist, diesen Körper mit der Flamme der Liebe beseelte – mit dem Atem des Heiligen Geistes, so zu sagen.
Diese Dinge sind war, öffentlich und wohlbekannt.
II. Über die Gerechtigkeit: - Er selbst beobachtete sie mit Eifer gegenüber seinen Nächsten, in dem er alles tat, um alles gemäß des Willens des Höchsten Gottes in Frieden zu gestalten, und um allen Menschen alles zu werden. In seiner Diözese stellte er eine gewissenhafte Persönlichkeit dar. Er war umsichtig in seinen Pflichten, gehorsam gegenüber dem Obersten Pontifex der Kirche und Gott ergeben und äußerst achtsam in der Sorge um die Benefizien, die ihm anvertraut waren. Zusätzlich überstrahlte er zur größeren Ehre Gottes alle durch sein gutes Beispiel, in einem solchen Maße, dass der Diener Gottes von allen, die ihn sahen, bewundert wurde.
Dazu übertrug er Benefizien ausschließlich gemäß Verdienst und er setzte nur Personen auf den Benefizien ein, die sich an das Heilige Konzil von Trient hielten; er gab niemandem ein kirchliches Amt, ohne dass dieser zuvor ein Zeugnis bezüglich Rechtmäßigkeit des Lebens und der Moral vorlegte, das von ihm sorgfältig überprüft wurde.
Diese Dinge sind war, öffentlich und wohl bekannt.
III. Über Tapferkeit: Sieht man auf die anstrengenden Arbeiten, die von ihm während seines ganzen Lebens übernommen und ertragen wurden, so ist es offensichtlich, dass er mit einer sehr großen Tapferkeit ausgestattet war, wie ich auch von glaubwürdigen Personen mitgeteilt bekam. Das geschah besonders in Bezug auf jene Dinge, die er während des Zeitraums von drei Jahren zur Bekehrung von Häretikern in der Grafschaft Chablais unternahm, so wie in Genf, wohin er sich im Auftrag des Papstes einige Male trotz großen Risikos für sein eigenes Leben begab und wobei er keine Schwierigkeiten scheute, um den Häretiker Theodore de Beze in den Schoß der Kirche (wie der Oberste Pontifex ihm aufgetragen hat) zurückzubringen. Schließlich förderte er nur die Ehre Gottes, in dem er sich selbst demütigte und sich dem Heil der Seelen durch die Spendung des Heiligsten Sakramentes der Eucharistie und des Bußsakramentes widmete.
IV. Über das Maßhalten: - Ich bin ein Augenzeuge seines Maßhaltens im Beruhigung der Leidenschaften der Seele und der Freuden des Geistes, indem er sich von allem fernhielt, was ihm für den Körper überflüssig schien, andere aber für Notwendigkeiten hielten. Auf diese Weise hatte er die Leidenschaften und Regungen des Geistes so der Führung der Vernunft unterworfen, dass er nicht nur immer die selbe Art zu leben aufrechterhielt, sondern dass sogar sein Auftreten sowohl in Widrigkeiten als auch im Erfolg unverändert blieb.
Zum neunundzwanzigsten Artikel über die Keuschheit: Der Diener Gottes schätzte die Keuschheit so hoch ein, dass ihn jeder, mich eingeschlossen, als jungfräulich betrachtete.
Ich erfuhr von jenen glaubwürdigen Personen – und jenen, die seine Biografie schrieben und darauf Bezug nahmen –, dass gewisse Frauen versuchten, den Diener Gottes in einer verlockenden Art in Versuchung zu führen, um sich ihm selbst anziehend zu machen, er jedoch rügte sie und sie brachen reumütig in Tränen aus.
Zum dreißigsten Artikel über die Demut: Um viele Dinge in wenigen Worten zusammenzufassen, kann ich sagen, dass dieser gesegnete Diener Gottes mit jedem respektvoll umging und immer darauf bedacht und bereit war, auf Ratschläge zu hören; er hatte weniger Vertrauen in sein eigenes Urteil als in das der anderen. Er mied niemals die Gesellschaft einfacher Personen, wenn er irgendeine Hoffnung hatte, ihnen beim Fortschritt ihrer Frömmigkeit helfen zu können. Schließlich: der Diener Gottes erschien mir stets als das vollkommene, höchst aufrichtige Vorbild an Demut.
Zum einunddreißigsten Artikel über die Geduld: Ich stellte bei ihm eine bewundernswerte Geduld fest. Er wurde weder von Beleidigungen erschüttert, noch von Mühsalen geschwächt oder von Gebrechen umgeworfen, und er ertrug mutig Ärger und Verfolgungen. Für Christus nahm er freudig Vorwürfe und verschiedene Versuchungen an, so als ob sie ein großer Gewinn wären. In der Nachfolge Christi wünschte er zu leiden; mit einem Wort: er legte seine Seele in Seine Hände und blieb in sich immer derselbe.
Zum zweiunddreißigsten Artikel über die Sanftmut: Dass im Diener Gottes eine bewundernswerte Sanftmut war, ist durch die Tatsache offensichtlich, dass er dem Zorn niemals erlaubte, ihn zu beherrschen; er zwang sich immer, sich in einem solchen Maße der Vernunft zu unterwerfen, dass die Menschen sagten, er hätte keine Galle, obwohl die Ärzte das Gegenteil beteuerten und sagten, dass er seinen Zorn durch die Kraft der Tugend unterdrückte. Sie bewiesen dies später, als sie seinen Körper untersuchten und entdeckten, dass seine Galle in lauter kleine Steine verwandelt war. Ich habe einige davon gesehen, die als Reliquien aufgehoben werden.
Diese Dinge sind wahr, öffentlich und wohlbekannt.
Zum dreiunddreißigsten Artikel über das Gebet: Ich weiß, dass er sich unter den geistlichen Übungen mit Eifer dem Gebet widmete – dem mündlichen wie dem innerlichen – und er tat dies mit so großer Sammlung, Geistesruhe und so großem Frieden, dass er beim Chorgebet, welchem er mit dem Kapitel zur Lesung der heiligen Psalmen beiwohnte, alle Augen auf sich zog und sie zur Frömmigkeit und Andacht bewegte. So großartig vereinte er Bescheidenheit mit Würde in der Sammlung von Körper und Seele. Ich füge hinzu, dass er sich selbst, wenn er die Heilige Messe feierte (was er niemals unterließ, trotz seiner sehr gewichtigen Amtsgeschäfte), mit der größten Anmut sammelte. Er trat gleichsam in sich selbst ein und tat dies sogar noch am Tag vor seinem Tod. Er betete auch den Rosenkranz zu Ehren der gesegneten Jungfrau Maria mit einer besonderen Andacht, betrachtete ihn mit einer solchen Anmut, dass es unmöglich ist, dies in Worte zu fassen.
Diese Dinge sind wahr, öffentlich und wohl bekannt.
Zum vierunddreißigsten Artikel über die Feindesliebe: Der Diener Gottes betrachtete diese Tugend immer als eine Gefährtin; er schien sie niemals bei irgendeiner Gelegenheit zu entbehren. Das beweisen eine Vielzahl von Beispielen. Ich möchte nur eines herausgreifen, das ich von einer sehr glaubwürdigen und höchst tugendhaften Person erfuhr. Ein Edelmann vermutete fälschlicherweise, dass eine gewisse Person, die ihr Testament machte, vom seligen Franz von Sales überredet worden wäre, etwas dem Heimsuchungskloster in seiner Stadt zu überlassen. Dieser betrat nun mit drohenden Gebärden dessen Schlafzimmer und beabsichtigte, ihm ernste Verletzungen zuzufügen, in dem er ihm auf den Mund schlug. Weil er aber sah, dass der Diener Gottes ganz friedlich und gelassen blieb, wurde er später zu großer Reue bewegt und von Verlegenheit erfüllt. Er kehrte zu ihm zurück, fiel vor ihm auf die Knie und bat um Vergebung. Letzterer empfing ihn sehr gütig und sagte zu ihm: „Ich habe dir bereits vergeben“ und er sprach mit ihm sehr liebevoll.
Zum fünfunddreißigsten Artikel über den Eifer für den Glauben und für die Verkündigung des Wortes Gottes: Dieser gläubige Diener der Familie, über die ihn der Herr gestellt hatte, gab jedem die geeignete geistliche Nahrung gemäß dessen Fähigkeiten. Er predigte zu den Erwachsenen, Kindern unterrichtete er den Katechismus (was er niemals zu tun aufgab) mit einem solchen Eifer und einer solch leidenschaftlichen Frömmigkeit, dass er selbst mit eigener Hand für die Kinder kleine Notizen schrieb, so dass sie sich auf jene Dinge vorbereiten konnten, die er ihnen erklären wollte. Die Kleinen, gefesselt von der verzaubernden Sanftmut, mit der er sich Zeit nahm, um allen zuzuhören, gehorchten ihm gewissenhaft. Reichliche Früchte waren das Ergebnis davon, da er viele Häretiker bekehrte, die von seiner Art angezogen wurden; er führte auch viele Sünder zur Umkehr in ein besseres Leben.
Diese Dinge sind war, wohl bekannt und öffentlich.
Zum sechsunddreißigsten Artikel über die Werke der Barmherzigkeit: Ohne Unterschied der Personen tat er, was auch immer er konnte, um alle Kranken zu trösten, in dem er sie persönlich besuchte; er verteilte seine eigenen Güter großzügig an jene in Privathäusern und in den Gefängnissen, sowie in Krankenhäusern. Keiner entbehrte das Nötigste, da er den armen Menschen durch Almosen half, die Mutlosen tröste, die Leidenden mit einer Fülle an Güte, von der er beseelt war, aufbaute, die Traurigen mit geistlichen Freuden aufmunterte und jene mit Worten der göttlichen Weisheit stärkte, die dem Tod nahe waren. Diese ermahnte er, tapfer standzuhalten, und er teilte in der Zwischenzeit ihre Leiden sehr empfindsam; wenn von ihnen erbeten, spendete er ihnen die Sakramente.
Diese Dinge sind wahr und allgemein bekannt.
Zum siebenunddreißigsten Artikel über die Schlichtung von Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten: Ich berührte diesen Artikel bereits in Artikel achtundzwanzig. Hier nehme ich Bezug auf eines von vielen Beispielen: Der Ruf des Dieners Gottes bezüglich seines Eifers, Frieden und Versöhnung zu stiften, beeindruckte auch Häretiker in einem solchen Maße, dass er Personen versöhnen konnte, nachdem deren Streitigkeiten einmal wohlwollend beigelegt waren. So wurde er von einem Genfer Edelmann, einem Häretiker, gebeten, als Richter zur Lösung einer Schwierigkeit zwischen ihm und dem Adeligen Grafen de Saint-Alban zu agieren, und er tat dies in so wirksamer und erfolgreicher Weise, dass beide, der Katholik und der Häretiker, zufrieden mit der Entscheidung weggingen – das ist etwas sehr Seltenes.
Zum achtunddreißigsten Artikel über die Frömmigkeit: Der Diener Gottes besaß die Tugend der Frömmigkeit in seinem Herzen im höchsten Maße. Er zeigte dies in all seinen Handlungen, besonders in jenen, die die Verehrung Gottes und der heiligsten Geheimnisse betrafen. Er verrichtete alles, was sein eigenes Amt betraf, privat genauso wie öffentlich, mit einer so sanften Sammlung, tiefer Demut, frommer Aufmerksamkeit und demütiger Würde, dass jene, die ihn beobachteten, leicht sehen konnten, dass alle seine Handlungen in die göttlichen Mysterien eingetaucht zu sein schienen. Durch dieses Beispiel war er so durchleuchtet vor den anderen, dass die Augen aller mit Bewunderung erfüllt und zur Andacht angeregt wurden.
Und aus Furcht vor Gott und den Engeln und damit es nicht den Anschein hat, dass ich über seinen Eifer für die Verehrung Gottes, der aus seiner Anbetung der göttlichen Liebe geboren wurde, zu wenig gesagt habe, wiederhole ich hier seine überreiche, sanfte Güte, von der jene aufgrund seiner vorbildlichen Frömmigkeit übergossen wurden, die sich seiner Gespräche erfreuten. Ich selbst nahm an diesen Freuden teil, und ich erinnere mich, dass ich, als ich vor etwa sechs Jahren krank im Bett lag, oft über die große Güte Gottes nachdachte und nachgrübelte. „Wie gut bist du, o Gott, mein Gott, wie gut bist du, da in der Tat, mein Gott, in Franz von Sales, deinem Geschöpf, so große Güte ist!“
Jeder hat dies erlebt und es ist allgemein bekannt.
Zum neunundreißigsten Artikel über die Ergebung in Gott: Ich weiß mit Sicherheit, dass dieser Diener Gottes mit außergewöhnlicher Weisheit ausgestattet war – nicht so sehr natürlich als viel mehr übernatürlich. Ihm war es von Gott geschenkt, die inneren Regungen der Seele und die verborgenen Schlupfwinkel des Geistes zu erkennen. Er wurde hin und wieder von einem Oberen einer Ordensgemeinschaft eingeladen, dessen Namen ich aus Respekt nicht erwähnen möchte, so gütig zu sein, einem Novizen beim Predigen zuzuhören. Das erste Mal geschah dies in einem Privathaus. Dreimal wurde er um seine Meinung gefragt; schließlich antwortete er mit einem Seufzer: „Ich fürchte, dass dieser junge Mann unser Mitleid braucht.“ Innerhalb eines Jahres trat der junge Mann aus der Gemeinschaft aus und verleugnete seine Religion. Als dies dem Diener Gottes mitgeteilt wurde, stöhnte er und nach einer kurzen Nachdenkpause fügte er hinzu: „Ich hoffe, dass er am Ende bei Gott Erbarmen finden möge.“ Seine Hoffnung war nicht umsonst, da der junge Mann, veranlasst durch die Beichte, kurz darauf in das Haus zurückkehrte, das er verlassen hatte, wo er wieder aufgenommen wurde, nachdem er ausgiebig Tränen vergossen hatte.
Diese Dinge sind wahr, wie sie von jenen berichtet wurden, die sein Leben aufgeschrieben haben.
Zum vierzigsten Artikel über die Unterscheidung der Geister: Hier hatte der ehrwürdige Pater Vinzenz von Paul keine Antwort.
Zum einundvierzigsten Artikel über den Großmut des Geistes (Seelengröße): Es ist bewiesen, dass sich der Diener Gottes in den heroischen, anstrengenden Dingen, die er tat, mit Großherzigkeit auszeichnete, im Erfolg genauso wie im Misserfolg, weil sein Großmut des Geistes niemals mit Stolz erfüllt oder deprimiert erschien; da er mit den Mächtigen wie mit den Häretikern sowohl sanft als auch bestimmt umging, selbst mit jenen, die sich gegen sein Leben verschworen, fuhr er immer auf die gleiche Weise fort, dirigierte alle Dinge, weit entfernt von jedem weltlichen Geist, zur Ehre Gottes und zum Wohle der Kirche, achtsam auf sein eigenes Heil und jenes seiner Nächsten bedacht. In all dem offenbarte er ein große Gelassenheit und ein demütiges Herz, tapfer in glücklichen Zeiten und großzügig in Widrigkeiten.
Diese Dinge sind war und öffentlich.
Zum zweiundvierzigsten Artikel über den Eifer für die Seelen, die ihm anvertraut waren: Der Eifer für die Seelen, die ihm anvertraut waren, hat das Herz des Dieners Gottes nicht nur entzündet, sondern in einem solchen Maße verzehrt, dass er unaufhörlich für deren Heil arbeitete und es nichts gab, was er unversucht ließ, nichts, was er nicht in Bewegung setzte. Ohne sich selbst zu schonen, widmete er sich ganz allem, was diesem diente, besonders dem Hören der Beichten, sogar mit dem Risiko seiner Gesundheit, ohne Unterschied der Personen oder des Geschlechtes, zur Bewunderung seiner Freunde und ernsthafter Personen. Obwohl er in der Tat von Unannehmlichkeiten und Mühsalen überschüttet war, die notwendigerweise in diesem Zusammenhang damit verbunden sind, umarmte er sie beide und nahm sich für Beichten immer Zeit, da aus diesen köstliche Früchte für Gott gesammelt wurden.
Diese Dinge sind wahr und öffentlich.
Zum dreiundvierzigsten Artikel über den Eifer für die Vollkommenheit der Nonnen: Dieser treue Diener Gottes war tief bekümmert, dass sich manche Bräute Christi auf schändliche Weise im Besitz des Widersachers befanden. Er widmete sich selbst mit größtem Eifer der Arbeit, diese aus dieser sehr bösen Tyrannei in die Freiheit der Kinder Gottes zurückzubringen. Er war darin sehr erfolgreich. Tatsächlich reformierte er viele Klöster. Jedoch lebten nicht alle gemäß ihrer Gelübde und, da dieser Mann nichts im Besitz des Feindes des Menschengeschlechtes lassen wollte, besonders in Bezug auf die Ordensleute, wo es viele Skandale gab, stieß er auf viele Schwierigkeiten, diese in ihrer wahren Observanz wiederherzustellen. Er gründete den Orden der Schwestern von der Heimsuchung Mariens, die er, inspiriert vom Einfluss Gottes, mit heiligen Satzungen ausstattete, die vom Obersten Pontifex Urban VIII. approbiert wurden und durch die wie der süßeste Duft, der von einem sehr angenehmen Garten entströmt, auf sanfte Weise Seelen zu ihren 28 Klöstern angezogen wurden.
Diese Dinge sind wahr und öffentlich.
Zum vierundvierzigsten Artikel über den Eifer für die Seelen allgemein: Der Diener Gottes konnte das Feuer in seiner eigenen Seele nicht verborgen halten, ohne dass es sofort wieder ausbrach. An eine bekannte Person, Mutter von Chantal, Gründerin und Oberin einiger Gemeinschaften der Schwestern der Heimsuchung Mariens, schrieb er einmal diese Worte: „Wie köstlich ist es für mich und wie herrlich ist eine Arbeit, die ich für das Heil der Seelen unternahm!“ Es ist deshalb kein Wunder, dass sich so viele Seelen aus verschiedenen Provinzen, angezogen von seiner geistlichen Anmut, seiner Leitung anvertrauten. Da er aber sah, dass er für so viele Laien und Ordensleute nicht zur Verfügung stehen konnte, da sie über verschiedene, entfernte Plätze verstreut waren, begann dieser leidenschaftlich Liebende der Heiligung der Seelen, angetrieben vom Göttlichen Rat, trotz seiner Verquickungen in so viele Aufgaben, das Buch „Anleitung zum frommen Leben“ zusammenzustellen, um diesen und all jenen zu helfen, die sich nach einem Leben in Frömmigkeit sehnen. Nach seiner Veröffentlichung fand es jeder so ansprechend, nützlich und notwendig, dass sie, erfüllt mit Bewunderung, öffentlich auf den Diener Gottes zeigten, wo immer er ging, sogar in entfernten Regionen, und dabei riefen: „Dass ist der große Franz von Genf, der das Buch Anleitung zum frommen Leben schrieb!“
Diese Dinge sind wahr und öffentlich.
Zum fünfundvierzigsten Artikel über die Verachtung der Welt: Nachdem dieser Diener Gottes einmal vom göttlichen Honig gekostet hatte, verachtete er die weltlichen Dinge völlig, die die Menschen als großen Wert empfinden; aus diesem Grund lehnte er viele Benefiziate und Ernennungen ab, die man ihm anbot. Fünf mal bat ihn der französische König, nach Frankreich zu kommen und die Pflichten hinter sich zu lassen, die er übernommen hatte, aber er ließ sich davon nicht beeinflussen, nicht einmal durch große Versprechungen des Königs selbst. Bereitwillig verschmähte er Ehrungen und Würdigungen, um fähig zu sein, wie er sagte, seine Zeit so, wie er es sich wünschte, mit größerer Freiheit zur Verbreitung der größeren Ehre Gottes und zur Förderung der Heiligung der Seelen zu verbringen. Das, so glaube ich, war der Grund, warum er in einem gewissen Brief schrieb: „Mir ist es lieber, im Haus meines Gottes eine kleine Person zu bleiben, als in den Zelten der Sünder zu verweilen.“
Diese Dinge sind wahr und wohl bekannt.
Zum siebenundvierzigsten bis zum zweiundfünfzigsten Artikel einschließlich antwortete Hochwürden Vinzenz von Paul auf Befragung: Zu diesen Dingen, die diese Artikel beinhalten, habe ich nichts zu sagen, teilweise weil viele Dinge, die darin enthalten sind, sich meiner Kenntnis entziehen, und teilweise weil ich das, was ich weiß, bereits bei anderen Artikeln gesagt habe.
Zum dreiundfünfzigsten und vierundfünfzigsten Artikel über Verehrung und Reliquien: Ich weiß, dass sich, so bald als die Seele des seligen Dieners Gottes von seinem Leib getrennt war, viele Menschen an dem Platz, wo er war, versammelten. Mit gebeugten Knien riefen sie ihn sehr inständig an, so als ob er ein Heiliger wäre. Sie nahmen, was immer sie konnten, als Reliquien: etwas von seinem Blut und von seinem Körper selbst, als er seziert wurde, und auch seine Kleider. Viele Wunder fanden durch diese statt, einige davon werden von den frommen Männern berichtet, die sein Leben aufgeschrieben haben.
Gefragt nach den übrigen Artikeln antwortete er: Ich weiß, dass in vielen Provinzen wegen seines Rufes der Heiligkeit und der großen Anzahl an Wundern eine große Verehrung für den Diener Gottes besteht. Neben dem, was öffentlich geschah, habe ich eine Sache aufgeschrieben, die in der Kongregation der Schwestern von der Heimsuchung Mariens in dieser Stadt passierte. Eine Schwester war von einer unbekannten Krankheit angegriffen und spie blasphemische Verwünschungen gegen die Heiligen aus, gegen das Allerheiligste Sakrament der Eucharistie und gegen Gott selbst, so oft als sie es vorher gewohnt war, seinen Lobpreis zu singen; sie äußerte Gotteslästerungen und abscheuliche Flüche während der Messe so deutlich und laut, dass sie leicht von jenen, die anwesend waren, gehört werden konnten. Als ihre Oberin sie bat, irgendeinen Akt der Aufopferung für Gott zu setzen, antwortete sie, dass sie keinen anderen Gott habe als den Teufel. Schließlich wurden ihr Körper und ihr Geist mit solch großer Gewalt gestreckt und in rasende Wut gegen die Göttliche Majestät versetzt, dass es schien, als würde sie angespornt, sich ihr Leben zu nehmen, um noch schneller in die Hölle zu gelangen, wo sich (schrecklich das zu erwähnen!) ihr Wunsch endlich erfülle, Gott zu fluchen; das, so sagte sie, wäre ihre größte Freude. Die ehrwürdige Oberin war erfüllt mit Mitleid und Sorge und versuchte alles: Sie fragte bei Prälaten und Priestern, die Ordensgemeinschaften angehörten und allesamt in geistlichen Angelegenheiten erfahrene Personen waren, um Rat und bei Ärzten, die von ihnen empfohlen wurden; sie versuchte ihre Heilmittel, allerdings ohne Nutzen. Schließlich hatte die Oberin Zuflucht zur Fürbitte des Dieners Gottes genommen. Sie legte ein Stück seines Rochetts auf den Arm jener, die litt, und - siehe da! - in diesem Augenblick war die Schwester befreit. Ihre Seele wurde mit großer Ruhe erfüllt, und ihr Appetit und der Schlaf, den sie stückweise verloren hatte, kam zurück. In kurzer Zeit war ihre Gesundheit komplett wieder hergestellt, und sie ist bis heute bei guter Gesundheit und gesundem, wachem Verstand; so sehr, dass sie in ihrer Kongregation Hauptaufgaben verrichtet, so als ob sie niemals irgendetwas erlebt hätte. Nun hat sie die Novizinnen unter ihrer Obhut. Ich erfuhr von der Schwester selbst, dass diese Dinge wirklich wahr sind, durch einen Brief, so wie von ihrer eigenen oben genannten Oberin, als ich dieses Kloster visitierte.
Zur größeren Versicherung der Wahrheit habe ich, der Notar, im Auftrag des oben genannten Gerichts die oben erwähnte Stellungnahme durchgesehen und alles noch einmal klar und deutlich, Wort für Wort, vorgelesen, was den Zeugen Hochwürden Vinzenz von Paul betraf, dem er in der Gegenwart der Richter zuhörte. Er hat erklärt und erneut bestätigt, dass die oben genannten Angelegenheiten wahr waren und sind, sowie öffentlich und wohl bekannt, und dass der Bericht dieser Dinge wahr ist, öffentlich, wohlbekannt und allgemeiner Meinung. Im Glauben daran unterschrieb der Zeuge diese Stellungnahme eigenhändig in Gegenwart der oben genannten Richter, die sie ebenso mit eigener Hand unterzeichneten. Ich, der Notar, der zu diesem Fall beauftragt wurde, habe ebenfalls mit eigener Hand unterzeichnet und zur Legitimation mein übliches Notariatssiegel angehängt.
Diese Akten wurden ausgeführt in Paris am oben genannten Platz, Jahr, Tag, Monat, Anhörung und Pontifikat.
Auf diese Weise als Originalschrift dieses Gerichtsverfahrens unterzeichnet.
Ich, Vinzenz von Paul, Priester der Diözese Dax in der Gascogne, habe so mein Zeugnis in aller Wahrheit niedergelegt und so vorgetragen.
Vinzenz von Paul