Wir brauchen nicht zu fürchten, dass uns die Kenntnis dessen aufbläht, was Gott in uns hineingelegt hat, wenn wir uns nur die Wahrheit vor Augen halten, dass nicht von uns stammt, was Gutes in uns ist. Sind die Maulesel weniger dumm und stinkend, wenn sie kostbares und duftendes Gepäck eines Fürsten tragen? Was haben wir denn Gutes, das wir nicht empfangen hätten? Haben wir es aber empfangen, welches Recht haben wir dann, darüber stolz zu sein? Wir werden im Gegenteil durch die eingehende Betrachtung der empfangenen Gnaden nur demütiger werden, denn die Erkenntnis führt zur Erkenntlichkeit. Fühlst du aber beim Blick auf die Gnaden, die Gott dir gegeben, den Kitzel der Eitelkeit, dann schau auf deinen Undank, deine Unvollkommenheit und Armseligkeit, und du wirst unfehlbar geheilt. (DASal 1, Seite 119)
Kommentiert: Wir sind nichts aus uns selbst, alles empfangen wir durch Gottes Güte
Thema: Fasten, Bußübungen, Maß
Das lange und übermäßige Fasten missfällt mir sehr, besonders bei solchen, die noch in zartem Alter stehen. Ich weiß aus Erfahrung, dass junge Esel vom Weg abweichen, wenn sie müde werden. So wenden sich auch junge Leute, wenn sie durch ein Übermaß an Fasten geschwächt sind, gern der Verweichlichung zu. Der Hirsch kann schlecht laufen, wenn er zu feist und wenn er zu mager ist. So sind auch wir starken Versuchungen ausgesetzt, wenn unser Leib zu gut genährt oder wenn er ermattet ist. Im ersten Fall wird er in seiner Üppigkeit frech, im zweiten versagt er aus Schwäche. Wie wir ihn schwer tragen können, wenn er zu fett ist, so kann er uns nicht tragen, wenn er geschwächt ist. Die Maßlosigkeit im Fasten, Geißeln, im Tragen des Bußgürtels und anderen Kasteiungen macht bei vielen die besten Jahre unfruchtbar für den Dienst der Liebe, wie es beim hl. Bernhard geschah, der es bereute, sich zu viel kasteit zu haben. Weil sie ihren Leib früher misshandelt haben, müssen sie ihm später schmeicheln. Hätten sie nicht besser daran getan, ihn stets gleichmäßig zu behandeln, entsprechend den Aufgaben und Arbeiten, zu denen ihr Stand sie verpflichtet? (DASal 1, Seite 164)
Kommentiert: Das Maß der Vernunft einhalten auch bei Bußübungen
Sie fragen, ob man beim Wechseln der Oberin nicht denken darf, dass die neue Oberin weniger fähig ist und sich weniger auf die Führung der Schwestern versteht als ihre Vorgängerin. - Nun, wir können es gewiss nicht verhindern, dass uns solche Gedanken kommen, aber wir dürfen uns nicht bei ihnen aufhalten. Wenn Balaam von einer Eselin auf den rechten Weg gewiesen wurde (Num. 22,28-30), dann haben wir doch allen Grund anzunehmen, dass Gott, der uns diese Oberin gegeben, auch dafür sorgen wird, dass sie uns nach seinem Willen führe, wenn auch vielleicht nicht nach unserem Willen. Gott selbst hat uns ja die Verheißung gegeben, dass der wirklich Gehorsame keine Irrwege geht (Spr 21,28). (DASal 2, Seite 165)
Kommentiert: Gott sorgt für uns, auch wenn Vorgesetzte versagen.
Thema: Kommunion, Vorbereitung
Was das Gedächtnis betrifft, muss man es ebenfalls von etwas reinigen und mit etwas schmücken. Man muss es reinigen von der Erinnerung an hinfällige Dinge und weltliche Geschäfte. Als Sinnbild dafür fiel das Manna nur in der Wüste und Einöde (Ex 16,14), fern vom Betrieb der Welt und nicht in Städten und Dörfern; und die das Osterlamm aßen, schürzten ihre Kleider, damit nichts auf die Erde falle und fliege. Man muss also einige Zeit die materiellen und zeitlichen Dinge vergessen, obwohl sie gut und nützlich sind, um sich auf die heilige Kommunion vorzubereiten. Man muss es machen wie der gute Abraham: als er seinen Sohn opfern wollte, ließ er den Esel und die Diener am Fuß des Berges zurück, bis es vollbracht war (1.Mos 22,5). Ebenso muss man nämlich sein Gedächtnis von der Erinnerung an häusliche und zeitliche Geschäfte bis nach der Kommunion zurückhalten, denn jedes Ding hat seine Zeit (Ekkl 3,1). (DASal 12, Seite 218)
Kommentiert: Sich bei der Vorbereitung auf die Kommunion ganz auf die Vereinigung mit Gott konzentrieren