Die Keuschheit ist die Lilie unter den Tugenden. Sie macht die Menschen fast den Engeln gleich. Nichts ist schön außer durch die Reinheit; die Reinheit des Menschen aber ist die Keuschheit. Man nennt die Keuschheit Ehrbarkeit und ihren Besitz Ehre. Sie heißt auch Unversehrtheit und ihr Gegenteil Verdorbenheit. Kurz gesagt, sie hat allein den Ruhm, die schöne und leuchtend weiße Tugend der Seele und des Leibes zu sein. (DASal 1, Seite 138)
Kommentiert: Reinheit des Körpers und der Seele
Thema: Verschiedenheit, Kirche
Würde man nicht lachen über einen, dem es einfiele zu fragen, warum Gott die Melone größer als die Erdbeere, die Lilie größer als das Veilchen schuf? Warum der Rosmarinstrauch nicht eine Rose, die Nelke nicht eine Ringelblume ist, warum der Pfau schöner ist als die Fledermaus, warum die Feige süß, die Zitrone säuerlich ist? Würde man ihm nicht sagen: Du armer Mensch, die Schönheit der Welt erfordert ja gerade die Mannigfaltigkeit. Deshalb müssen die einzelnen Dinge mit verschiedenen und ungleichen Vollkommenheiten bedacht sein und keines darf dem anderen gleichen; es muss kleine und große, süße und sauere, schönere und minder schöne Dinge geben. Bei den übernatürlichen Gnaden ist es nicht anders. Jeder hat seine eigene Gnade, "der eine so, der andere so" (1.Kor 7,7), spricht der Heilige Geist. ... Die Antwort auf solche Fragen könnte nur lauten: Weil die Kirche einem Garten vergleichbar ist, geschmückt mit der Lieblichkeit unzähliger Blumen, die sich alle in Größe, Farbe, Duft und Schönheit voneinander unterscheiden; doch hat jede ihre Kostbarkeit, ihre Anmut, ihre Farbenpracht und alle zusammen bilden durch die Vereinigung ihrer Mannigfaltigkeit die Vollendung einer höchst ansprechenden Schönheit. (DASal 3, Seite 117)
Kommentiert: Schönheit durch Verschiedenheit
Die Liebe schließt die sieben Gaben in sich; sie gleicht einer schönen Lilie, die sechs Blätter hat, alle weißer als Schnee, in deren Mitte goldene Hämmerchen, die Staubgefäße der Weisheit sich befinden, die unserem Herzen liebevolles Verkosten der Güte des Vaters, unseres Schöpfers, der Barmherzigkeit des Sohnes, unseres Erlösers, und der Lieblichkeit des Heiligen Geistes, unseres Heiligmachers, einhämmern. (DASal 4, Seite 272)
Kommentiert: Die sieben Gaben des Heiligen Geistes
Thema: Alltag, häusliche Angelegenheiten, Verstrickung, Tugendstreben
Für die Lilie gibt es keine bestimmte Jahreszeit; sie blüht früher oder später, je nachdem man sie tiefer oder weniger tief in die Erde einsetzt. Setzt man sie nur etwa drei Finger tief in die Erde, so wird sie unverzüglich blühen; setzt man sie aber sechs oder neun Finger tief, so wird sie demgemäß immer später blühen. Ist das Herz, das nach der göttlichen Liebe strebt, sehr in irdische und zeitliche Geschäfte vertieft, so wird es spät und schwer zur Blüte kommen. Ist es aber nur eben soweit in der Welt, als sein Stand und Beruf es fordern, wirst du es bald in Liebe erblühen und den angenehmsten Geruch verbreiten sehen (HL 2,13). (DASal 4, Seite 299)
Kommentiert: Gehört das Herz nicht den weltlichen Dingen, wird es schneller lernen zu lieben.
Thema: Identität, Wille Gottes
Lieben Sie bitte nichts allzusehr, nicht einmal die Tugenden, die man manchmal einbüßt, wenn man sie übertreibt. Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen, aber ich denke schon; habe ich doch Ihre Wünsche und Ihren Eifer vor Augen. Es scheint mir für die Rosen nicht charakteristisch zu sein, dass sie weiß sind, denn die purpurfarbenen sind schöner und duften mehr; weiß zu sein, zeichnet vielmehr die Lilie aus. Seien wir doch, was wir sind, und seien wir es gut, um dem Meister Ehre zu machen, dessen Werk wir sind (Eph 2,10). (DASal 6, Seite 95)
Kommentiert: Das sein, was ich bin.
Ich habe Ihre Versuchung gesehen. Ach, meine sehr liebe Tochter, wir müssen solche erdulden. Diese Versuchung belästigt wohl zuweilen das Herz, wirft es aber niemals nieder, wenn es ein wenig auf der Hut und tapfer ist. Demütigen Sie sich tief und seien Sie nicht erstaunt. Die Lilien, die unter Dornen aufwachsen, sind weißer und die Rosen, die neben Lauch stehen, sind wohlriechender und duftender. Wer nie versucht wurde, was weiß der schon? (Eccli 34,9). (DASal 7, Seite 32)
Kommentiert: „Wer nie versucht wurde, was weiß der schon?“