Thema: Trockenheit, Durststrecke
Es ist also ein großer Irrtum, dem vor allem Frauen verfallen, zu meinen, dass unser Dienst am Werk Gottes seiner göttlichen Majestät weniger angenehm sei, wenn er ohne Geschmack, Herzensbefriedigung und Gefühl geleistet wird. lm Gegenteil, unsere Handlungen gleichen den Rosen, die wohl in ihrer Blüte schöner anzuschauen sind, getrocknet aber süßer und stärker duften. Ebenso ist es mit unseren Werken: wenn wir sie mit zärtlichen Herzensempfindungen verrichten, sind sie uns angenehmer; uns, sage ich, die wir auf unsere eigene Befriedigung schauen; werden sie aber in Trockenheit und Dürre verrichtet, so haben sie mehr Duft vor Gott. Ja, zur Zeit der Dürre drängt uns der Wille sozusagen gewaltsam zum Dienst Gottes, muss also kräftiger und nachhaltiger sein als zu Zeiten geistlicher Freude. Es ist keine Kunst, dem Fürsten in der Ruhe friedlicher Zeiten und in den Annehmlichkeiten des Hoflebens zu dienen; ihm dagegen in rauer Kriegszeit, bei Unruhen und Rückschlägen dienen, das ist echter Mut und echte Treue. (DASal 1, Seite 239)
Kommentiert: Hab keine Sorge, wenn Hochgefühle ausbleiben.
Würde man nicht lachen über einen, dem es einfiele zu fragen, warum Gott die Melone größer als die Erdbeere, die Lilie größer als das Veilchen schuf? Warum der Rosmarinstrauch nicht eine Rose, die Nelke nicht eine Ringelblume ist, warum der Pfau schöner ist als die Fledermaus, warum die Feige süß, die Zitrone säuerlich ist? Würde man ihm nicht sagen: Du armer Mensch, die Schönheit der Welt erfordert ja gerade die Mannigfaltigkeit. Deshalb müssen die einzelnen Dinge mit verschiedenen und ungleichen Vollkommenheiten bedacht sein und keines darf dem anderen gleichen; es muss kleine und große, süße und sauere, schönere und minder schöne Dinge geben. (DASal 3, Seite 117)
Kommentiert: Zur Vollkommenheit gehören auch die kleinen Dinge.
Alles ist für die Liebe bestimmt und die Liebe für Gott. Alles muss der Liebe dienen, sie aber muss niemand dienen, nicht einmal ihrem Vielgeliebten, denn sie ist nicht seine Magd, sondern seine Braut; folglich ist nicht Dienen ihre Aufgabe, sondern Lieben. Darum muss man sich von ihr befehlen lassen, wie die Räte auszuführen sind. Denn den einen wird sie die Keuschheit und nicht die Armut befehlen, anderen den Gehorsam und nicht die Keuschheit, den einen das Fasten und nicht das Almosen, den anderen das Almosen und nicht das Fasten, den einen die Einsamkeit und nicht die Seelsorge, den anderen den Umgang mit Menschen und nicht die Einsamkeit. Kurzum, sie ist ein heiliges Wasser, durch welches der Garten der Kirche befruchtet wird. Obwohl dieses Wasser selbst farblos ist, hat doch jede Blume, der es zum Wachstum verhilft, ihre eigene Farbe: aus ihr gehen die Martyrer hervor, purpurfarbener als Rosen, Jungfrauen, weißer als Lilien; einigen verleiht sie das zarte Violett der Abtötung, den anderen das Gelb der ehelichen Sorgen. Auf verschiedenerlei Weise verwendet die Liebe die Räte zur Vollkommenheit der Seelen, die so glücklich sind, unter ihrer Leitung zu leben.(DASal 4, Seite 92)
Kommentiert: Es gibt verschiedene Berufungen, jede dient der Liebe.
Die Sonne ergießt ihr Licht auf eine Rose und tausend Millionen anderer Blumen nicht anders, als würde sie nur allein auf diese Rose scheinen. Und Gott ergießt seine Liebe auf eine Seele nicht weniger - wenn er auch eine Unzahl anderer liebt, - als liebte er nur sie allein. Die Kraft seiner Liebe nimmt nicht ab durch die Menge der Strahlen, die sie aussendet, sondern sie bleibt immer voll von ihrer Unermesslichkeit. (DASal 4, Seite 207)
Kommentiert: Gottes Liebe ist immer ganz – nicht halbherzig.
Thema: Veredelung, Liebe, Buße
Veredelst du einen Rosenstock und legst du in die Spalte des Stiels ein Körnchen Moschus, so werden alle Rosen, die er hervorbringt, nach Moschus duften. Spalte also dein Herz durch die heilige Buße und lege in diese Spalte die Liebe zu Gott. Welche Tugend auch immer du auf diese aufpfropfen magst, es werden die Werke, die daraus hervorgehen, von Heiligkeit duften, ohne dass man dafür etwas anderes tun braucht. (DASal 4, Seite 228)
Kommentiert: Was zutiefst im Herzen eingepflanzt ist, bestimmt meine Handlungen.
In der Dunkelheit der Nacht verlieren alle Blumen Glanz und Anmut. Wenn dann die Sonne am Morgen sie wieder sichtbar macht und lieblich erscheinen lässt, so gibt sie doch nicht allen die gleiche Schönheit und Anmut. Gießt sie auch ihre Helligkeit über alle gleichmäßig aus, so werden sie doch nicht alle gleich hell und leuchtend, sondern in dem Maße, als sie für die Wirkungen des Sonnenglanzes empfänglich sind. So gleichmäßig das Sonnenlicht auch ein Veilchen und eine Rose bescheinen mag, wird es doch nie die Schönheit des einen der Schönheit der anderen gleichmachen, noch auch die Anmut eines Maßliebchens der einer Lilie. Würde aber ein Veilchen durch das Sonnenlicht hell erleuchtet, eine Rose aber durch dichte Nebel verhüllt, dann würde das Sonnenlicht sicher das Veilchen den Augen angenehmer erscheinen lassen als die Rose. (DASal 4, Seite 236)
Kommentiert: Was ich ins Licht halte, beginnt zu leuchten.
Thema: Menschsein, Übertreibungen, Tugendstreben
Lieben Sie bitte nichts allzu sehr, nicht einmal die Tugenden, die man manchmal einbüßt, wenn man sie übertreibt. Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen, aber ich denke schon; habe ich doch Ihre Wünsche und Ihren Eifer vor Augen. Es scheint mir für die Rosen nicht charakteristisch zu sein, dass sie weiß sind, denn die purpurfarbenen sind schöner und duften mehr; weiß zu sein, zeichnet vielmehr die Lilie aus. Seien wir doch, was wir sind, und seien wir es gut, um dem Meister Ehre zu machen, dessen Werk wir sind (Eph 2). (DASal 6, Seite 95)
Kommentiert: Sei was du bist.
Ich finde, es gibt in dieser Welt nichts Gutes ohne Plage. Es gibt keinen Wein ohne Hefe auf dieser Welt. Wir müssen also abwägen: Ist es besser, dass es in unserem Garten auch Dornen gibt, damit wir einmal Rosen haben, oder dass wir lieber gar keine Rosen haben wollen, damit wir auch keine Dornen haben? (DASal 7, Seite 86)
Kommentiert: Nicht so sehr auf die Fehler, sondern auf das Gute sehen.