Salesianische Zweimonatsschrift "Licht"
Ausgabe Mai / Juni 2004
Oblaten aktuell - süddeutsche Provinz
Viel Salesianisches in seinem Wesen
In memoriam Kardinal Franz König
„Für mich ist Franz von Sales ein künftiger Wegbegleiter
für jene Jugend, die in unglaublich großer Zahl beim Weltjugendtreffen
in Rom der Einladung Johannes Paul II. gefolgt war; etwas Ähnliches
möchte ich auch für Taizé vermuten“, hat Kardinal
Franz König in einem LICHT-Interview im Jahr 2001 unter dem Eindruck
des Weltjugendtags 2000 gesagt.
Am 13. März 2004 ist der Alterzbischof von Wien mit 98 Jahren gestorben.
Und nicht nur den Österreichern wird er in bleibender Erinnerung
sein, sondern auch den Oblaten des hl. Franz von Sales, nicht zuletzt,
weil er in seinem Verhalten so manches an den Tag legte, was auch ihrem
Ordenspatron wichtig war.
Freilich kein Wunder, wenn man in Königs Biographie schaut, die zeigt,
wie sehr er von dem Franz-von-Sales-Verehrer Papst Johannes XXIII. geprägt
war. „Wie Franz von Sales eine ‚Theologie des Herzens und
der Liebe im Leben‘ vermitteln wollte, so versuchte es Johannes
XXIII. ebenfalls für seine Zeit und sein hohes Amt in der Kirche“,
hat der Wiener Erzbischof im LICHT-Interview treffend das Verhältnis
von Papst Johannes zu Franz von Sales charakterisiert. König hatte
am 15. Dezember 1958 von dem Roncallipapst den Kardinalshut erhalten und
galt als einer, der ganz besonders der Konzilsvision von Johannes XXIII.
nahestand. Bereit zur Begegnung, ohne den Standpunkt zu verleugnen, sollte
gerade König zum Inbegriff eines Bischofs für die Menschen werden
– so wie es das Anliegen des Konzils war und wie es auch Franz von
Sales seinerzeit vorgelebt hat. Der Wiener Erzbischof war alles andere
als ein selbstherrlicher Machthaber, sondern einer, der nie den Satz des
heiligen Augustinus vergessen hatte: „Für euch bin ich Bischof
und mit euch Christ.“ Genauso wie Franz von Sales, der für
alle ein offenes Ohr hatte und aus dessen Haus ein jeder glücklicher
herauskam, als er hineingegangen war.
Bei soviel salesianischer Haltung verwundert es denn auch nicht, dass
über rund zwei Jahrzehnte ein Oblate des hl. Franz von Sales zu den
engsten Mitarbeitern von Kardinal König zählte: P. Josef Zeininger
OSFS war von 1964 bis 1974 Leiter des Wiener Pastoralamtes und danach
Bischofsvikar für die Stadt Wien. Beide waren sie ein hervorragendes
und von der Bevölkerung hochgeschätztes Team. So kennzeichnete
Kardinal König P. Zeininger als ein „ideales Vorbild für
einen Seelsorger in der anonymen Stadt“, und fügte hinzu: „Sein
gütiger Handschlag war wie eine Brücke, wie eine Einladung zur
freundschaftlichen, pas-toralen Begegnung.“
Ein Brückenbauer ist auch Kardinal König gewesen. Er sei nicht
der Bischof einzelner Parteien und Gruppierungen im Land, sondern aller
Menschen der Kirche, machte er bald als Wiener Erzbischof deutlich und
schuf so rasch ein Klima des Vertrauens, auch durch sein ökumenisches
Engagement.
Im Jahr 1995 trauerte Wien um P. Zeininger, jetzt musste das Erzbistum
von Kardinal König Abschied nehmen. Doch durch ihr – typisch
salesianisches – Charisma der Menschenfreundlichkeit werden sie
beide in Wien und darüber hinaus unvergessen bleiben.
Raymund Fobes
Wahrheit kaltgestellt
Uraufführung der musikalischen Tragikomödie
„Die Maulwürfe“ im Gymnasium Dachsberg
„Ein solches Theaterprojekt ist nur bei vielen talentierten Mitwirkenden
möglich.“ Dieses Resümee zog Regisseur und Autor Horst
Pühringer am Ende der Uraufführung seines Theaterstückes
„Die Maulwürfe“, das am 12. März 2004 in der Mehrzweckhalle
des Gymnasiums Dachsberg Premiere hatte.
„Das erste Mal“, so meinte Schulleiter P. Ferdinand Karer
OSFS, „erleben wir ein Stück, das eine völlig eigenständige
Eigenproduktion des Gymnasiums ist.“ Horst Pühringer unterrichtet
an der Schule Deutsch und Geographie, die Musik stammt vom Musiklehrer
Jürgen Geißelbrecht. Die zahlreichen Mitwirkenden vor und hinter
der Bühne sind mit ganz wenigen Ausnahmen Schülerinnen und Schüler,
Lehrerinnen und Lehrer sowie Angestellte des Gymnasiums.
Das Stück selbst geht unter die Haut. Die Tragödie einer moralisch
ruinierten Stadt, deren Wohlstand auf dem kollektiven Mord an einem Mitbürger
vor 25 Jahren beruht, an den sich jetzt niemand mehr erinnern will. Im
Gegenteil: Die Stadt bereitet sich auf ihr 25-jähriges Wohlstandsjubiläum
vor. Doch es gibt zwei unangenehme Zeitgenossen, die unangenehme Fragen
nach der Wahrheit stellen. Der „Dorfnarr“, eine Paraderolle
für Wolfgang Froschauer, und Lara, dargestellt von Elke Rohrer, die
Tochter jener Frau, die der Stadt den Wohlstand brachte, unter der Bedingung,
dass eben dafür gemordet wird.
Es geht also um die Wahrheit, die niemand mehr sehen will. Es geht um
Moral, die dem Geld und der Macht geopfert wird, es geht um eine korrupte
Gesellschaft, die sich aus Bequemlichkeit nicht ändern will. Politik
und Kirche, Junge und Alte, Exekutive, Wirtschaft und Gesundheitssystem,
alle Schichten werden von der unliebsamen Suche nach Wahrheit durchleuchtet
und in tragischer Weise von jenen entlarvt, die an den Rand geschoben
wurden.
„Warum erleiden Maulwürfe einen Herzschlag, wenn sie an die
Sonne kommen?“ fragt der „Narr“. Seine Antwort ist verrückt
und genial zugleich: „Weil sie plötzlich ihren lebenslangen
Irrtum einsehen.“ Doch dieses Happy End, diese Einsicht wird den
Zuschauern nicht geschenkt. Am Ende wird der Dorfnarr in eine Zwangsjacke
gesteckt und endgültig für verrückt erklärt, obwohl
oder gerade weil alle in ihm die Wahrheit und Gerechtigkeit erkannten.
Und die ungeliebte Tochter aus der Vergangenheit wird – auf Stadtkosten
selbstverständlich – in den Zug gesetzt und fortgeschickt.
Das Stück endet mit der Selbstzufriedenheit einer Gesellschaft, die
sich in den dunklen Maulwurfsgängen wohlfühlt, eben nicht zur
Einsicht kommt, sondern die Wahrheit kaltgestellt hat.
Dem Gymnasium Dachsberg ist ein Meisterwerk an schulischer Theaterkunst
gelungen, ein Stück, das nicht nur aufrüttelt und nachdenklich
macht, sondern zeigt, welch große schauspielerische, musikalische
und künstlerische Fähigkeiten in diesem Gymnasium der Sales-Oblaten
schlummern.
P. Herbert Winklehner OSFS
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