Salesianische Zweimonatsschrift "Licht"
Ausgabe Mai / Juni 2005

Es klopft an der Tür
P. Peter Lüftenegger OSFS

„Wie gut und gnädig war doch Gott zu dir! Gestehe ehrlich: Fühlst du dich nicht hingezogen durch die gütigen Lockungen des Heiligen Geistes? Waren die Seile, mit denen Gott deine kleine Barke in den Hafen des Heiles zog, nicht lauter Liebe und Güte? (vgl. Hos 11,14). Wie lockte er dich durch die heiligen Sakramente, durch Lesungen, durch das Gebet! Ja, du schliefst, doch Gott wachte über dich, gab deinem Herzen Gedanken des Friedens (Jer 29,11) und dachte Pläne der Liebe für dich“ (DASal 1,246). Erkennen wir es ??

Wahrhaft ein herrlicher Hinweis auf Gottes Wirken an den Menschen.

Er entstammt den „Erwägungen über die Gnade der Berufung“ aus der Philothea. Ein pfingstlicher Text. Die Erkenntnis der Gottesgaben, während wir unterwegs sind, ist das Manna in der Wüste dieser Welt! – Franz von Sales weist auf die glanzvollen Auswirkungen der Menschwerdung Gottes und der Erlösung hin, die für uns geschehen ist. In der Ewigkeit wird die Erlösertat allen auf- und einstrahlen. Jetzt aber müssen wir sie suchen – suchen und tun, um uns selbst zu verwirklichen. Wir müssen die Wohltaten Gottes ergreifen und uns von ihnen ergreifen lassen. Das Heil liegt vor der Tür. Es klopft wer!

Aber in der Zeit ist der erbsündig geschädigte Mensch kurzsichtig bis blind, das Große wahr-zunehmen, das Er für uns getan hat.

Würden alle den Glanz der Tat Christi erkennen, es sähe anders aus auf unserer buckligen Welt. Sie könnten sehen, dass die Wege zum Herzen Gottes bereits geebnet sind und wüssten um ihre herrliche Zukunft besser Bescheid. Das hätte zur Folge, dass die Todesangst sich in Sehnsucht verwandelte. Wie viel unnützes Leid bliebe den Herzen ferne. Das Sorgen und Anhäufen von Geld und Gut bliebe in Grenzen, das Miteinanderteilen nähme zu, die Armut ab, Habsucht verschwände.
Sie stünden an Gräbern nicht weinend, sondern beglückwünschten die Heimgegangenen. Ja, wir würden bei unseren Begräbnissen weiße Gewänder tragen wie die Buddhisten und weiße Rosen nachwerfen und freudig sagen: „Wir kommen bald nach!“, was ja stimmt. Wir würden umgestimmt. Aber so weinen wir wie einer, der im Krieg an die Front muss und sich mit dem Gefühl verabschiedet, die Lieben nie mehr zu sehen, nicht wieder zu kommen.

Es ist wichtig, zu wissen, „dass unser Los auf schönes Land gefallen ist! Mein Erbteil gefällt mir überaus gut.“

Um das sagen zu können, muss ich den „Schatz im Acker“ kennen, um mich dessen zu erfreuen! (Mt 13,44). Was ist der Haupttreffer eines Klassenloses gegen diese Gewissheit. Gott – den es geben muss, sonst wäre ich nicht da, nichts wäre da – Er ist treu. „O Vater, ich flehe um deine Liebe für alle jene, die nicht glauben können, dass in dir jedes Glück im Himmel und auf Erden zu finden ist (wo sonst?) und du sie alles vergessen lässt, was nicht DU bist!“ Ich darf die Zeit nicht versäumen, noch vertreiben!

Die Kirche ist der Acker. Auch ich bin Kirche, wenn ich christgläubig geworden bin und Jesus, das lebendige Wort Gottes, in mein Herz aufgenommen habe. Dann bin ich im Besitz des Alls. Ihm gehört alles. Alles hat Ihm der Vater übergeben.

Er wartet, bis ich Ihn annehme – Er zwingt sich nicht auf. Ich muss es darauf anlegen, Sein Herz zu gewinnen. Wie gewinnt man ein Herz? Mit LIEBE. Habe ich Sein Herz gewonnen, dann gehört mir auch all das, was dieses Herz besitzt – alles. Das Hauptgebot ist die Anleitung dazu: „Du sollst Gott mit ganzem Herzen lieben“, nicht mit halbem! Er liebt mich doch auch nicht halbherzig. Er weiß mich zu behandeln, wie er mich glücklich machen kann – er hat mich ja gemacht. Es geht ums Ganze. Erkenne und wähle! Und tritt nicht aus der Kirche aus. Das ist die größte Dummheit.
Im WORT, das vom Himmel kam – genau das sagt mir der Glaube – liegt der unendliche Wert. Die Herrlichkeit geht uns mit ihm auf. Daher rührt der Glanz, der das verführerisch schimmernde Gold der Welt übertrifft, woraufhin man diese vergänglichen Güter aus dem Herzen räumt und sie mit dem unvergänglichen Gut ersetzt. Das Gabengebet der Weihnachtsmesse nennt es den „wunderbaren Tausch“, das Evangelium sagt, dass derjenige „alles verkauft“, um Acker und Schatz zu erwerben. – Aber seht doch hin: Verkauft nicht der Herr selbst zu Ostern alles, sein Leben, um es uns zu geben und uns zu gewinnen? Ist Er nicht zu Speise und Trank für uns geworden, um uns das zu veranschaulichen? Mehr lässt sich nicht tun, als was Er getan hat.
Auch wir müssen ALLES verkaufen, was wir bisher besaßen, sonst können wir weder den Acker erwerben, noch den Schatz heben, damit er von nun an unser selig machender Besitz sei. Denn dieser Schatz ist eine PERSON, keine Sache wie Geld und Gut – eine göttliche Person. Das Glück findet sich in der liebenden Beziehung zu Ihm ein. Um sie muss man bitten! Die Person ist vornehm, sie drängt sich nicht auf. Konkurriert auch mit niemandem, streitet nicht um den Platz. – Das Hindernis zum Glück, das Unglück eines Christen, besonders einer gottgeweihten Person, liegt in ihrer Halbherzigkeit „nicht alles verkauft“ zu haben. Man kann ohne den Geist Gottes nicht über den eigenen Schatten springen, sich selbst lassen, um Gott und das ewige Leben zu gewinnen.

Die wichtigste und stete Bitte ist die um den Heiligen Geist.

Eine Vorgabe von der heiligen Hildegard: „Unermesslich ist die Kraft des HEILIGEN GEISTES – alle Geschöpfe umkreisend – brennende, leuchtende Klarheit ist ER, die nie erlischt. Seine Gnade macht dich zu einer Leuchte der Liebe vor dem Allmächtigen Gott.“
Beten wir mehr um diesen Geist! Etwa wie Karl Rahner: „Ich glaube an den HEILIGEN GEIST. Ich glaube, dass Er meine Vorurteile abbauen, meine Gewohnheiten ändern und meine Gleichgültigkeit überwinden kann. Ich glaube, dass Er mir Fantasie zur Liebe, Warnung vor dem Bösen und Mut für das Gute geben kann und meine Traurigkeit besiegt. Ich glaube, dass Er mir Liebe zu Gottes Wort geben kann und mein ganzes Wesen durchdringt. – Vater, gib Ihn uns! Jesus, sende Ihn! Maria, Braut des Geistes, bitte für uns! Amen.“

P. Peter Lüftenegger ist Oblate des hl. Franz von Sales und arbeitet als Seelsorger in der Pfarrei Franz von Sales in Wien, Österreich

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