Salesianische
Zweimonatsschrift "Das Licht"
Ausgabe 2 März/April 2000
P. Herbert
Winklehner OSFS
Gott lacht uns Mut zu
Die Eltern
hatten beschlossen, ihr Kind Moritz taufen zu lassen. Warum sie ihr
Kind überhaupt taufen lassen wollten, darüber hatten sie gar
nicht so genau nachgedacht. Es war eben so üblich, schaden konnte
es nicht und außerdem gab es Anlass für eine schöne
Familienfeier.
Routine
Der Pfarrer hatte beim Taufgespräch sehr bald gemerkt, dass der
religiöse Hintergrund der Eltern nicht besonders tief ging, und
er stellte sich auf eine Routinetaufe ein, auf eine von ungefähr
50, die er in seiner Pfarrgemeinde Jahr für Jahr durchzuführen
hatte. Als Bibeltext wählte er die Taufe Jesu aus dem Markusevangelium,
sein Standardtext, wenn die Eltern des Täuflings keine eigenen
Wünsche hatten, und wenn es sich beim Kind um einen Jungen handelte.
Das Wort am Schluss: "Das ist mein geliebter Sohn, an dir habe
ich Gefallen gefunden" konnte er dann in seiner kurzen Ansprache
sehr gut auf den Täufling beziehen. Die Eltern und Verwandten haben
es bisher immer rührend gefunden, wenn er darauf hinwies, dass
Gott auch ihr Kind als seinen geliebten Sohn annimmt.
Sorge
Seine größte Sorge war eigentlich, dass das Kind während
der Taufe nicht allzu viel schreien, sondern möglichst ruhig sein
würde.
Am Beginn seiner priesterlichen Tätigkeit hatte ihm das weniger
ausgemacht. Der Schrei eines Kindes im Gottesdienst gehöre eben
dazu. Er sah es damals sogar positiv: Kinderlärm in der Kirche
sei ein Zeichen, dass die Pfarrgemeinde noch jung ist, dass die Pfarrgemeinde
lebt.
Mit den Jahren hat sich das ein wenig verändert. Nun liebte er
schon mehr die Ruhe, mehr und mehr fühlte er sich von unerwarteten,
ausserplanmäßigen Ereignissen gestört.
Bei Moritz konnte er diesbezüglich ganz beruhigt sein. Das Kind
schlief tief und fest, als er mit der Taufgesellschaft in die Seitenkapelle
ging, die er schon vor Jahren zur Taufkapelle umgestaltet hatte. Dort
war der äußere Rahmen nämlich viel familiärer als
im großen Kirchenraum. Die Eltern hatten offensichtlich seinen
Rat befolgt, den Kleinen zuvor noch ordentlich zu stillen und zu wickeln,
dass es für Moritz eben überhaupt keinen Grund mehr gäbe
loszubrüllen.
Alles nach Plan
Für den Pfarrer lief also alles ganz planmäßig ab und
in seinen Gedanken freute er sich bereits auf den Rest des Tages, an
dem er keine weiteren Termine und Verpflichtungen hatte. Dieser sollte
endlich wieder einmal ganz ihm gehören, der Ruhe, der Erholung
und der Besinnung. Bei seiner kurzen Ansprache hatte er das Gefühl,
dass ihm die kleine Taufgesellschaft sogar sehr gut zuhörte, obwohl
er eigentlich keine besonders originellen Gedanken von sich gab. Wozu
auch, dachte er noch bei der Vorbereitung, es ist ja ohnehin nur eine
gewöhnliche Taufe.
Der kleine Moritz schlief immer noch fest und ruhig, als er schließlich
zum eigentlichen Taufritus, zum Übergießen mit dem Wasser,
kam. Schade, dachte der Pfarrer, aber jetzt werde ich dich ein bisschen
aufwecken müssen, auch wenn du noch so gut und fest schläfst.
Aber so ist das Leben, man kann nicht immer schlafen.
Der Pfarrer nahm also das Kännchen mit dem Taufwasser und goss
das Wasser dreimal über den Kopf des Kindes: "Moritz, ich
taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Amen."
Das Lächeln
Moritz war beim ersten Wasserstrahl tatsächlich aufgewacht. Er
öffnete seine Augen und der Pfarrer war überzeugt, dass Moritz
nun genauso wie viele andere Kinder vor ihm zu schreien beginnen würde.
Und dieses Schreien werde dann bis zum Ende der Tauffeier anhalten,
wenn die Mutter oder der Vater nicht irgendein Wundermittel kannten,
um das Kind wieder zu beruhigen.
Aber Moritz tat etwas ganz anderes: Er begann zu lächeln.
Und weil Moritz lächelte, lächelte auch der Pfarrer ... und
weil der Pfarrer lächelte, lächelten auch die Eltern und der
Pate ... und dieses Lächeln setzte sich fort und breitete sich
über die Gesichter aller Versammelten aus.
Für den routine-gewohnten Pfarrer kam das so überraschend,
dass er einen Augenblick innehielt und dann sagte: "Jetzt ist mir
noch etwas eingefallen, das ich zu meiner Ansprache ergänzen möchte.
Wir haben gerade durch den kleinen Moritz erlebt, was Taufe bedeutet,
nämlich: Gott lacht mir für mein Leben Mut zu und wir lächeln
zurück."
Am Ende des Tages
Am Abend dachte der Pfarrer noch einmal über das Erlebnis mit Moritz
nach, das ihn ganz durcheinander gebracht hatte. Meistens begegnet man
Gott eben zu einem Zeitpunkt, wo man ihn am wenigsten erwartet. Selbstverständlich
war er nach der Taufe noch mit der Verwandtschaft zum Taufschmaus gegangen.
Dabei entstand eine angeregte Diskussion, angefangen mit dem lächelnden
Moritz bis zu Gott und der Kirche. Die Gespräche waren so lebhaft
und interessant, dass er erst Stunden später als geplant in sein
Pfarrhaus zurückkehrte.
Und nun am Ende des Tages fragte er sich, ob auch Jesus bei seiner Taufe
am Jordan gelächelt hat. In der Bibel steht nichts davon, dachte
der Pfarrer, aber möglich wäre es trotzdem.
P. Herbert Winklehner ist Oblate
des hl. Franz von Sales. Er ist Chefredakteur der Zeitschrift LICHT
und leitet den Franz Sales Verlag in Eichstätt, Bayern
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