PREDIGT zum 13. Sonntag i.Jk. - LJ C
"Natürlich, ich bin Christ, aber ..." (Lk 9,51-62)
Liebe Schwestern und Brüder,
„Ja, aber …“ – so könnte man in wenigen Worten das beschreiben, was uns dieser Abschnitt des heutigen Evangeliums vermitteln will.
Jesus will in einem samaritanischen Dorf übernachten – Ja, aber man nahm ihn nicht auf.
Die Jünger wollen, dass das Dorf durch eine Katastrophe von oben bestraft wird, - ja, aber Jesus ist dagegen.
Einer will Jesus nachfolgen --- ja, aber die Tatsache der radikalen Armut hält ihn davon ab.
Ein anderer will Jesus folgen, --- ja, aber er will zuerst seinen Vater begraben.
Und noch einer will Jesus nachfolgen, --- ja, aber sich vorher noch von seiner Familie verabschieden.
All dieser „Abers“ sind sehr verständlich – also gute und nachvollziehbare Argumente dafür, das zu tun oder nicht zu tun, was Jesus möchte.
Jemanden im Dorf aufnehmen, der mit den religiösen und politischen Kräften des Landes Probleme hat, das kann gefährlich werden. Also lieber Finger weg! – Gewalt mit Gegengewalt zu bestrafen, ist allerdings auch keine Lösung.
Dass jemand mit der radikalen Armut Jesu, der nicht einmal einen Stein sein Eigen nennen kann, Schwierigkeiten hat – ja, das kann man gut verstehen. Genauso das Argument, dass das Begräbnis des eigenen Vaters wichtiger ist, als mit Jesus zu gehen. Und wer fortgeht, muss noch das Recht haben, sich vorher noch von der eigenen Familie zu verabschieden.
Jedes Argument, das hier aufgezählt wird, hat also durchaus seine Berechtigung – dennoch sagt Jesus am Schluss:
„Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.“
Dieser Stachel jesuanischer Radikalität bleibt – bei aller Toleranz, Barmherzigkeit und Liebenswürdigkeit, die Jesus Christus und seine Botschaft genauso ausstrahlen. Mit diesem Stachel der Radikalität haben wir Christen bis heute zu rechnen. Die Ja-Aber-Argumente kennen wir nämlich auch heute zur Genüge:
Natürlich, ich bin Christ, - aber jeden Sonntag in die Messe gehen, muss das sein? Am Sonntag möchte ich endlich einmal meine Ruhe haben.
Natürlich, ich bin Christ, - aber alles, was die Kirche vorschreibt und tut, kann ich nicht nachvollziehen.
Natürlich, ich bin Christ, aber in Sachen Ethik und Moral lasse ich mir von niemandem etwas dreinreden. Das bestimmt mein Gewissen.
Natürlich, ich bin Christ, aber das, wie ich mein Leben lebe, geht niemandem etwas an …
Natürlich, die Botschaft Jesu ist schon in Ordnung, aber Gefallen lassen brauche ich mir deshalb von dem da oder der da auch nicht alles.
Usw. usw. …
Manchmal denke ich mir, man müsste einmal im eigenen Leben und dann auch in manchen Städten und Dörfern Feuer auf die Erde fallen lassen, weil die durchaus berechtigten Aber-Argumente ein Hindernis dafür sind, Jesus wirklich aus ganzem Herzen nachzufolgen. Dem inneren Schweinehund fällt leider immer wieder eine Hintertür ein. Und dann ärgere ich mich, dass ich es wieder nicht geschafft habe, zu Jesus und seiner Botschaft mein volles Ja gesagt zu haben.
Jesus ist glücklicherweise auch gegen diese Brutallo-Methode. Vernichtendes Feuer vom Himmel bringt uns auch nicht weiter. Sein Radikalitätsanspruch bleibt aber trotzdem bestehen. Und vielleicht sollten wir uns heute an diesem Sonntag ein wenig davon aufrütteln lassen und uns selbst fragen, wie viele „Abers“ wir Jesus jeden Tag entgegenhalten.
Es geht dabei nicht um Verurteilung und es geht nicht darum, dass der eine gut und der andere schlecht gemacht wird. Es geht vielmehr darum, sich wieder einmal deutlich bewusst zu machen, dass Christsein keine „Weichei-Religion“ ist, in der man eigentlich machen kann, was einem gerade gefällt. Der Blick auf das Leben Jesu allein macht das schon klar: Er geht nach Jerusalem, obwohl er weiß, dass das seinen Tod bedeuten wird. Er tut es, weil er weiß, dass es der Wille Gottes ist, dem er von ganzem Herzen dienen will, und weil er weiß, dass es seinem Auftrag, zu dem er auf diese Welt gekommen ist, am besten nützt. Er ist bereit dazu. Und diese Radikalität fordert er auch von denen, die ihm nachfolgen wollen, bei aller Barmherzigkeit und Toleranz gegenüber den Schwächen, die diese seine Jüngerinnen und Jünger aufweisen.
„Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.“
Denken wir darüber nach, welche „Aber-Argumente“ uns daran hindern, mit ganzem Herzen den Pflug unseres Glaubens in die Hände zu nehmen und zusammen mit Jesus das Feld des Reiches Gottes zu beackern.
Dazu noch ein Gedanke des hl. Franz von Sales, der uns einen ganz guten Hinweis für dieses Nachdenken liefert. Er hat nämlich festgestellt, dass wir Menschen in unseren radikalen Vorstellungen besonders kreativ sind, wenn es darum geht, wie die anderen ihren Glauben leben sollen, auf unserem eigenen Acker aber fällt uns nichts ein. Auch wieder ein JA-Aber-Argument: Die anderen sollen das und das tun, ja, natürlich, aber ich bin da eine Ausnahme … Hierzu sagt Franz von Sales:
„Anstatt auf jenem Feld zu arbeiten, auf dem wir uns befinden, schicken wir unsere Ochsen mit dem Pflug anderswohin, auf das Feld unseres Nachbarn, wo wir jedoch in diesem Jahr nicht ernten können. All das ist Zeitvergeudung.“ (DASal 5,127)
Also: Es ist viel besser, die eigenen Ausreden und Hintertüren zu entdecken und zu bearbeiten, als die der anderen. Amen.
Herbert Winklehner OSFS
Andere passende Texte des hl. Franz von Sales zum Evangelium:
Als Jesus nach Jerusalem gehen wollte, rieten ihm die Jünger davon ab, die einen zog es nach Kapharnaum, die anderen nach Bethanien, und so suchten sie den Herrn dahin zu führen, wo sie hinwollten, - denn nicht erst seit heute wollen die Untergebenen ihre Vorgesetzten führen und ihnen ihren Willen aufdrängen. Der sonst so nachgiebige Heiland aber "härtete sein Antlitz" und zeigte so seine Entschlossenheit, nach Jerusalem zu reisen, damit die Jünger keinen weiteren Versuch mehr machten, ihn davon abzubringen. Auf dem Wege nach Jerusalem wollte er durch ein Samariterdorf ziehen, aber dessen Bewohner verweigerten es ihm. Darüber ereiferten sich Jakobus und Johannes und gerieten in Zorn, - denn Eifer wird sehr oft für Zorn und Zorn für Eifer gehalten, - was nicht Wunder nimmt, denn sie waren noch nicht in der Gnade gefestigt. Sie waren also über die Ungastlichkeit der Samariter sehr aufgeregt und sagten zum Meister: „Herr, willst Du, so heißen wir Feuer vom Himmel herabkommen," um sie zu vernichten und sie dafür zu strafen, daß sie Dich beleidigt haben. Der Herr aber antwortete: "Ihr wißt nicht, wes Geistes ihr seid" (Lk 9,56). Er wollte sagen: Wir sind nicht mehr in den Zeiten des Elias mit seinem Geist der Strenge. Gewiß, Elias war ein großer Diener Gottes und hatte das Recht zu tun, was ihr gern tätet, doch würdet ihr nicht gut daran tun, ihn nachzuahmen, denn "ich bin nicht gekommen", um die Sünder niederzuschmettern und zu strafen, sondern sie mit dem Duft der Güte zur Buße und zu meiner Nachfolge zu locken.
(DASal 2,187-88)
Hätte ein Kranker die Arznei nicht nur in der Hand gehalten, sondern sie auch eingenommen, aber nur zum Teil, so könnte sie auch nicht ihr ganze Wirkung in ihm hervorbringen. So ist es auch, wenn Gott uns eine starke und mächtige Einsprechung sendet, damit wir uns seiner heiligen Liebe hingeben, wir aber nicht vollständig einwilligen. Sie wird uns nur in dem Maße nützen, als wir die Einwilligung geben. Zuweilen treibt uns Gott an, vieles für ihn zu unternehmen, wir aber willigen nicht ganz ein, sondern nur zum Teil; wir verhalten uns wie jene Menschen im Evangelium, die bei der Einladung des Herrn, ihm zu folgen, zuerst noch anderes tun wollten; der eine seinen Vater begraben, der andere von seiner Familie Abschied nehmen (Lk 9,59.61).
(DASal 3,126)
Als unser Herr eines Tages durch Samaria zog, sandte er Jünger in eine Stadt, um eine Unterkunft zu besorgen; allein die Bewohner, die wußten, daß der Herr Jude und auf dem Weg nach Jerusalem war, wollten ihn nicht beherbergen. Als dies die Jünger Jakobus und Johannes wahrnahmen, sagten sie zum Herrn: "Herr, sollen wir nicht Feuer vom Himmel herabrufen, daß es sie verzehre?" Der Herr aber wandte sich um und verwies es ihnen mit den Worten: "Ihr wißt nicht, wes Geistes Kinder ihr seid. Der Menschensohn ist nicht gekommen, Seelen zu verderben, sondern zu retten" (Lk 9,52-56). Das ist es, Theotimus, was der hl. Dionysius dem Demophilus sagen will, der sich auf das Beispiel des Phinees und des Elias berief. Denn der hl. Johannes und der hl. Jakobus, die Elias nachahmen und Feuer vom Himmel über die Menschen herabrufen wollten, erhielten vom Herrn einen Verweis, der ihnen begreiflich machen sollte, daß sein Geist und sein Eifer sanft, gütig und liebenswürdig ist, daß er Unwillen und Zorn nur ganz selten anwendet, und zwar nur, wenn es ganz aussichtslos ist, durch andere Mittel zum Ziel zu kommen.
(DASal 4,215)
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