PREDIGT zum 17. Sonntag i. Jk. - LJ C

"Beten, wie geht das?" (Lk 11,1-13)

Liebe Schwestern und Brüder,

hin und wieder werde ich von Menschen gefragt, wie sie beten sollen. Und ich sage dann meistens spontan: Das wollten die Jünger von Jesus auch wissen – und was hat er geantwortet? Er lehrte ihnen das Vaterunser. Im heutigen Evangelium wurde uns diese Szene erzählt. Das Vaterunser ist also unser großes Vorbild für alle unsere Gebete. Genau so sollen wir beten, genauso geht beten. Mein Ordensheiliger, der heilige Franz von Sales sagte einmal: Für uns Christen gibt es eigentlich nur ein einziges Gebet, das wir wirklich beten müssen, nämlich das Vater unser. Alle anderen Gebete sind freiwillig – zum Vater unser aber sind wir verpflichtet, weil es uns vom Herrn Jesus Christus selbst aufgetragen ist. Und wie schaut nun dieses Gebet aus? Wenn wir unser eigenes Beten einmal unter der Lupe nehmen, dann ist es normalerweise so, dass dabei das Bittgebet im Vordergrund steht. Not lehrt beten, sagt der Volksmund, und da ist schon was dran. Meistens wenden wir uns dann an Gott, wenn wir etwas von ihm wollen, wenn uns also eine Bitte auf der Zunge liegt.

Das Vater Unser lehrt uns allerdings etwas anderes: Als erstes wenden wir uns da an den Vater im Himmel. Gott ist für den Betenden nicht irgendein höheres Wesen, sondern der liebende Vater, der für seine Kinder sorgt. Im Original heißt dieses Wort Abba – und das heißt übersetzt eigentlich nicht Vater, sondern Papa – Der betenden soll sich also an Gott als seinen Papa wenden, so wie sich das Kind an den Papa wendet. Das ist die urchristliche Beziehung des Betenden zu Gott. Und wie geht es dann weiter? Geheiligt werde dein Name … Dein Reich kommen … Dein Wille geschehe … Das sind keine Bitten, sondern Lobpreis Gottes und bedingungsloses Vertrauen an ihn: Gott ist heilig – sein Reich herrsche immer und überall und ich vertraue seinem Willen, egal ob er mir passt oder nicht. Sein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Gebet ist also zu aller erst: Lob Gottes, Anerkennen seiner Macht und Herrlichkeit – und die vertrauensvolle Hingabe an seinen Willen.

Wir können uns ja mal unser Beten anschauen – und fragen, ob wir tatsächlich so beten, dass die Herrlichkeit Gottes und unser Vertrauen zu ihm an oberster Stelle stehen.

Im Vaterunser kommt jedenfalls das Bitten um das tägliche Brot, um die Vergebung der Schuld und die Hilfe gegen Versuchungen erst danach. Warum das so ist, erklärt der Heilige Franz von Sales so: Gott ist allwissend. Bevor wir also überhaupt unsere Bitten aussprechen, weiß er schon, worum wir ihn bitten wollen und er weiß auch, was für uns am besten ist. Im Grunde genommen ist es gar nicht notwendig unsere Bitten auszusprechen, weil sie Gott ohnehin schon weiß. Trotzdem fordert uns Gott dazu auf, auch unsere Bitten auszusprechen.

Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.

Er möchte uns damit deutlich machen, wie schon bei der Anrede „Papa“ – die er sich von uns wünscht -, dass er ein Gott ist, der wie ein liebender Vater und eine gute Mutter für seine Kinder sorgt. Und so wie die Kinder zu ihren Eltern kommen können, wenn sie etwas brauchen – obwohl die Eltern ohnehin meistens wissen, was den Kindern fehlt, so dürfen und sollen auch wir zu Gott kommen, und unsere Bitten vortragen.

Letztlich geht es also auch bei unseren Bitten um das Gottvertrauen. Franz von Sales meint daher, dass alle unsere Bitten, jedes Bittgebet mit dem Satz abgeschlossen werden soll: Dein Wille geschehe. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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