PREDIGT zum 27. So.i.Jk - LJ B

"Ein Versprechen ist ein Versprechen" (Mk 10,2-16)

Eine Geschichte

Der Tod allein

Katharina Jagello war die Frau des finnischen Herzogs Wasa. Als dieser wegen Hochverrates zu lebenslänglichem Kerker verurteilt wurde, bat sie den schwedischen König Erich, mit ihrem Mann die Gefangenschaft teilen zu dürfen. Der König war entsetzt und suchte sie davon abzubringen. „Wissen sie, dass ihr Mann das Tageslicht nicht mehr sehen wird?“ „Das weiß ich, Majestät!“ Und wissen sie auch, dass er nicht mehr als Herzog behandelt wird, sondern als Hochverräter?“ „Ja, das weiß ich, doch ob frei oder gefangen, ob schuldig oder unschuldig, er bleibt trotzdem mein Mann.“ „ Aber nach all dem bindet sie nichts mehr an ihn. Sie sind jetzt wieder frei!“ Katharina zog ihren Ehering vom Finger und reichte ihn dem König mit den Worten: „Lesen sie, Majestät!“ Auf dem Ring standen nur zwei lateinische Worte: mors sola; „Der Tod allein“ kann uns trennen! Katharina ging mit ihrem Mann ins Gefängnis und teilte siebzehn Jahre die Leiden und Entbehrungen der Gefangenschaft mit ihm, bis König Erich starb und ihr Mann wieder frei kam.

Liebe Schwestern und Brüder,

die Einstellung der Frau des finnischen Herzogs, die wir in der heutigen Lesung kennen gelernt haben, ist – so hart und grausam sie für uns auch klingen mag – trotzdem beeindruckend. Ich habe meinem Ehemann die Treue versprochen, nicht nur in den guten, sondern auch in den bösen Tagen. Daher teile ich mit ihm das Gefängnis. Der Tod allein, so steht auf meinem Ring, der Tod allein kann uns trennen – sonst nichts.

Es ist nicht die einzige Geschichte, die uns Menschen zeigt, die scheinbar wider alle Vernunft treu zu einem einmal gegebenen Wort stehen, sei es in Ehe und Familie, sei es in der Freundschaft und Nachbarschaft, sei es im Glauben, also Gott gegenüber.

Das Gegenteil gibt es natürlich auch. Musterbeispiel sind die so genannten „Wahlversprechen“, die meist nicht eingehalten werden. Regelmäßig wirft dann die Opposition der Regierungspartei Unwahrheit und Lüge vor, um mit ähnlichen Wahlversprechen, die ebenfalls nicht gehalten werden, die nächste Wahl zu gewinnen.

Ein anderes Beispiel sind die vielen, vielen Eheversprechen, die gegeben werden und plötzlich wieder zerbrechen. Es steht uns natürlich nicht an, über andere zu urteilen oder gar zu verurteilen – das steht allein Gott zu. Wir können viel zu wenig hinter die Kulissen der einzelnen Menschen blicken. Trotzdem meine ich, dass angesichts der erschreckend hohen Scheindungsrate manchmal allzu leichtfertig mit diesem Versprechen umgegangen wird. „Ich will dich lieben, achten und ehren – alle Tage meines Lebens, in guten und bösen Tagen – bis der Tod uns scheidet. Trage diesen Ring als Beweis meiner Liebe und meiner Treue.“ Ich bin ja relativ oft hautnah dabei, wenn zwei Menschen diese Worte zueinander sagen. Und dann kommen einmal ein paar böse Tage … und schon will man von diesem Versprechen nichts mehr wissen. Treue und Vertrauen werden missbraucht und jeder geht wieder seine Wege.

Jesus Christus kann man wahrlich nicht nachsagen, er sei ein konservativer Hardliner gewesen, der sämtliche Sünder in die Hölle verbannte. Das waren in seiner Zeit eher die Pharisäer und Schriftgelehrten. Bei Jesus gilt eher das Gegenteil: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und unter Lasten stöhnt“, sagt er. Er ging auf die Menschen zu, vor allem auch auf die Ehebrecher. Sein berühmtes Wort: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“ kennen wir alle. Dennoch macht er uns im heutigen Evangelium unmissverständlich deutlich, dass ein Versprechen und besonders ein Eheversprechen gilt und deshalb nicht so einfach wieder aufgelöst werden kann. Kaum gibt’s irgendein Problem, wird der Scheidungsbrief ausgestellt und Schwuppdiwupp – kann jeder wieder tun was er will. So geht’s nicht, sagt Jesus. In den Augen Gottes gehört die Ehe zu seinem Schöpfungsplan von Anfang an dazu, dieses Versprechen, das sich zwei Menschen geben, ist etwas Heiliges, ein Versprechen vor Gottes Angesicht, dem Gott höchstpersönlich seinen Segen gibt – und was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen, auch dann nicht, wenn es einmal schwer fällt. Und gerade dann, wenn es schwer fällt, ist ja der Zeitpunkt gekommen, sein Versprechen auch wirklich zu halten.

Der hl. Franz von Sales meinte einmal in einem Brief: „Gott in Süßigkeiten zu lieben,“ – also dann, wenn alles problemlos läuft – „das können auch die kleinen Kinder, ihn aber in der Bitterkeit zu lieben,“ – also dann, wenn’s einmal hart auf hart geht – „das bringt nur liebeerfüllte Treue zustande.“ (DASal 6,207)

Wir können dieses Wort auch auf unser Leben allgemein und unsere Beziehungen anwenden: Zu einem Versprechen stehen, wenn alles gut geht, ist kein Problem … aber dann, in Zeiten des ganz gewöhnlichen Alltags, der Krisen und Probleme, braucht es die „liebeerfüllte Treue“, dann sollte man wirklich zu jenen Versprechen stehen, die man sich einmal gegeben hat.

Zu solcher Art Versprechen zählt auch unser Versprechen, das wir Gott in der Taufe und Firmung gegeben haben. Auch das verlangt oft genug viel Treue und Vertrauen Gott gegenüber, vor allem in den bösen Tagen, wenn’s uns schlecht geht, wenn wir Zweifel haben, uns Probleme erdrücken und wir meinen, Gott hätte uns total in Stich gelassen – genau da gilt es, sein Vertrauen auf Gott zu erneuern und zu sagen, ich habe dir einmal versprochen, an dich zu glauben und dir die Treue zu halten: Ich halte mich an dieses Versprechen und ich weiß, auch wenn ich es jetzt nicht spüre, dass auch du dich daran hältst, denn du bist der „unendlich treue Gott“.

Das Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ bringt das genau zum Ausdruck, vor allem die dritte Strophe, die wir so ungern singen. Ich halte dir die Treue, selbst dann, wenn du mir „den schweren Kelch, den bittern,“ reichst. Dietrich Bonhoeffer hat dieses Lied im KZ im Angesicht seiner Ermordung durch die Nazis geschrieben. Er hat Gott die Treue gehalten bis in den Tod und selbst im Gefängnis konnte er noch schreiben, dass Gott mit ihm ist an jedem neuen Tag. So wollen wir nun sein Lied singen und damit auch unser Versprechen an Gott und unseren Glauben erneuern. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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