PREDIGT zum 2. Fastensonntag - LJ C
"Zeit der Begeisterung" (Lk 9,28b-36)
Liebe Schwestern und Brüder,
die österreichische Fußballnationalmann-schaft erlebt derzeit eine Begeisterungswelle. Man könnte für die Spiele der kommenden Europameisterschaft wahrscheinlich dreimal so viele Karten verkaufen, als dem Österrei-chischen Fußballbund zur Verfügung stehen – und das, obwohl diese Karten alles andere als billig sind, und obwohl niemand voraus-sagen kann, ob die Mannschaft auch erfolg-reich sein wird. Der Funke ist allerdings übergesprungen. Das Feuer brennt. Der heutige 2. Fastensonntag möchte in uns ein ähnliches Feuer der Begeisterung anzün-den, allerdings nicht für die Fußballnatio-nalmannschaft, sondern für Jesus Christus. Deshalb erzählt uns das heutige Evangelium die Geschichte von der Verklärung Jesu. Die Inszenierung ist geradezu perfekt. Jesus auf einem Berg. Ein strahlendes Licht, sein Ge-wand in hellem Weiß. Und neben ihm zwei prominente Hauptpersonen der Geschichte Israels: Mose und Elija. Selbstverständlich braucht es auch eine Wolke – das klassische Symbol für die Anwesenheit Gottes. Dann der Höhepunkt: eine Stimme, die verkündet: Dieser Jesus, den ihr da strahlen seht, ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Ein unvergesslicher Augenblick, der sich in die drei Zeugen Petrus, Johannes und Ja-kobus unauslöschlich einprägt, so sehr, dass sie zunächst sprachlos bleiben. Erst viel spä-ter wagen sie es, davon zu erzählen, obwohl auch da ihre Worte zu kurz greifen, um das Unbeschreibliche zu beschreiben. Was soll diese Erzählung bei uns bewirken? Unsere Begeisterung für Jesus und seine Botschaft soll in uns neu entfacht werden. Die Fastenzeit, diese Wochen der Vorberei-tung auf das Osterfest, ist also auch eine Zeit der neuen Begeisterung für unseren Glauben. Das heutige Evangelium möchte uns bewusst machen: ihr glaubt nicht an irgendwen, ihr glaubt an Jesus Christus, den Sohn Gottes, seine Worte, seine Botschaft, sind das Beste, was euch passieren kann. Oder mit den Wor-ten unseres Pfarrpatrons Franz von Sales ge-sagt: „Mut, bringt euer Herz in dieser heiligen Fastenzeit wieder recht in Glut!“ Was können wir tun, damit in den Aschehau-fen unseres Glaubens wieder etwas Wind hineinkommt, damit das Feuer von neuem auflodert? Der heilige Franz von Sales ist davon überzeugt, dass dies nur mit der Hilfe Gottes funktionieren kann. Es ist daher not-wendig, dass ich mir so oft wie möglich be-wusst mache, dass Gott da ist, dass ich in seiner Gegenwart lebe, egal was ich tue. Die-ser Gott begleitet mich, ich lebe in ihm wie in der Luft, die ich atme, ich kann ihn zwar nicht sehen, aber ich würde ohne ihn nicht leben können, genauso wenig wie ich ohne Sauerstoff leben könnte. Bin ich mir dessen überhaupt bewusst, dass mein Leben ohne Gott unweigerlich zum Sterben verurteilt ist. Drei Minuten ohne Sauerstoff genügen, um das Gehirn lahmzulegen … fünf Minuten kein Sauerstoff bedeuten den Gehirntod. Fünf Minuten ohne Gott – und mein Leben wäre nicht mehr lebbar. Bin ich mir dessen eigentlich bewusst? Wenn ich mir nur ein wenig Zeit nehme und darüber nachdenke, wie sehr mein Leben von der Gegenwart Gottes abhängt, so kann ich eigentlich nur dankbar sein, dass dieser Gott mein Leben trägt, auch wenn ich die meiste Zeit gar nicht daran denke, genauso wie mir die meiste Zeit gar nicht bewusst ist, dass ich atme und durch dieses selbstverständliche Atmen meinen Körper mit Sauerstoff versor-ge. „Mut, bringen Sie ihr Herz in dieser heiligen Fastenzeit recht in Glut!“ – rät Franz von Sa-les. Macht euch die Gegenwart Gottes be-wusst, die euch das Leben schenkt. Lasst euch von neuem begeistern für all das, was Jesus Christus mit seiner Botschaft in die Welt gebracht hat, nicht weil die Gebote der Kirche es von euch verlangen, sondern weil ihr ohne diese göttliche Gegenwart über kurz oder lang in eine lebensgefährliche Atemnot geraten würdet. Ich kann mich noch an eine Zeit erinnern, in der die österreichische Fußballmannschaft in der Weltrangliste an 72. Stelle gestanden ist. Zufällig durfte ich in dieser Zeit zu einem Fußballspiel Österreich gegen Deutschland. Die österreichische Nationalmannschaft hat damals natürlich verloren. Das Faszinierende für mich aber war, dass die Begeisterung der österreichischen Fans für die Nationalmann-schaft dadurch überhaupt nicht kleiner wur-de. Manchmal würde ich mir diese Treue und diese Begeisterung auch für uns Christen wünschen. Vielleicht schaffen wir es ja in dieser Fastenzeit, die Glut unter der Asche unserer Begeisterung mit Gottes Hilfe wieder neu zu entfachen. Amen.
P. Herbert Winklehner OSFS