PREDIGT zum 3. Adventsonntag - LJ C
"Die kleine Freude" (Lk 3,10-18)
Liebe Schwestern und Brüder,
letzten Sonntag nach der Messe kam jemand zu mir und fragte mich, ob der Prediger des letzten Sonntags nicht die Fastenzeit mit der Adventszeit verwechselt habe, da er doch ständig von Bußzeit gesprochen hat.
Ich sagte dann: Wieso, da gibt es doch nichts zu verwechseln, denn es ist ja richtig, Fastenzeit und Adventszeit sind beides Zeiten der Buße und der Besinnung. Da ist kein Unterschied. An der liturgischen Farbe LILA kann man das genau erkennen. Im Advent sollen wir genauso Buße tun wie in der Fastenzeit, nur leider ist durch den ganzen Weihnachtsrummel dieser Aspekt in den Köpfen der Menschen ganz und gar in Vergessenheit geraten.
Das war meine erste Reaktion. Nur die Frage hat mich einfach nicht losgelassen. Was ist wirklich der Unterschied zwischen Fastenzeit und Adventszeit? Ist es wirklich das Gleiche ... oder gibt es doch etwas Verschiedenes.
Für den normalsterblichen Christen mag eine solche Frage nicht interessant sein, aber ich bin ja Theologe und daher hat mich diese Frage wirklich zu faszinieren begonnen. Für mich wurde sie sehr spannend. Blöde Fragen gibt es ja nicht, es gibt höchstens blöde Antworten. Ich werd euch also jetzt einmal meine Antwort sagen, ob sie blöd ist, könnt ihr dann selbst entscheiden.
Also: Fastenzeit und Adventszeit sind beides Vorbereitungszeiten, in denen wir uns durch Besinnung und Buße, durch Nachdenken und Neuanfangen auf ein großes Fest der Kirche vorbereiten sollen. In der Fastenzeit bereiten wir uns auf Ostern vor, das Fest der Auferstehung Jesu nach seinem Kreuzestod am Karfreitag.
Im Advent bereiten wir uns auf das Weihnachtsfest vor, also auf die Geburt Gottes als Mensch in unserer Welt.
In der Fastenzeit sollen wir uns daher besinnen und darüber nachdenken, wie wir Jesus auf dem Weg des Kreuzes nachfolgen können. Ihr wisst ja, das Jesus sagt: „Wer mein Jünger sein will, der nehme jeden Tag sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Es geht dabei nicht um irgendwelche großen und schweren Lasten, die wir zu tragen bereit sein sollen, sondern um die alltäglichen, ganz normalen Schwierigkeiten, die das Leben bereit hält. Und diese Schwierigkeiten sollen wir lernen, auf uns zu nehmen, so nach dem Motto: Ein Christ geht mit seinen Alltagssorgen anders um. Er kann sie hineinlegen in die Erfahrung von Kreuz und Auferstehung Jesu. Der hl. Franz von Sales nennt ein paar solcher Schwierigkeiten: das Kopfweh, die Zahnschmerzen, der grantige Ehepartner, die Mühen der Arbeit, unsere kleinen Fehler und Schwächen.
Ähnliches gilt natürlich auch für die Adventszeit. Auch hier geht es um Buße und Besinnung, um Nachdenken als Vorbereitung auf das Weihnachtsfest und um die Nachfolge Jesu, der Mensch geworden ist. Es geht aber nicht um die täglichen Kreuze, über die wir nachdenken sollen, sondern um das Gegenteil, nämlich um die täglichen Kleinigkeiten, die uns Freude bereiten. Und eine solche Besinnung und Buße ist manchmal noch bei weitem schwieriger als die Besinnung auf die täglichen Kreuze.
Denkt doch einmal wirklich darüber nach, welche kleinen Geschenke der Freude das Leben für uns jeden Tag bereit hält. Ein gutes Wort, ein Brief, ein Gespräch, eine Email, eine Begegnung usw. Sich einmal wieder dieser Kleinigkeiten bewusst werden, also zu merken, dass das Leben gar nicht so schlecht ist, wie wir oft meinen, und das es darin so viele Dinge gibt, über die wir uns freuen dürfen, und dass all diese Kleinigkeiten genauso von Gott kommen, das wäre wirklich eine sehr wertvolle, besinnliche Vorbereitung auf Weihnachten.
Im Grund haben wir das ja ohnehin in unseren Adventsbräuchen genau drinnen. Die Kerzen des Adventskranzes sagen uns, dass die Freude von Woche zu Woche immer größer wird. Das Gleiche gilt für den Brauch des Barbarazweiges, der mitten im Winter zu blühen beginnt. Oder der Nikolaus, der uns schon am 6. Dezember seine ganz kleinen Geschenke macht. Und dann haben wir natürlich auch den Brauch des Adventkalender in allen möglichen Variationen. Hier geht es eben darum, dass man jeden Tag des Advents etwas bekommt, ganz egal was es auch immer ist, das uns ein klein wenig Freude für den Tag schenken möchte, damit wir eben merken: Gott hält an jedem Tag für uns eine kleine Freude bereit, die uns Mut macht, das Leben zu bewältigen.
Genau das sollten wir im Advent wieder einüben, wo uns Ja Paulus heute zugerufen hat: „Freut euch im Herrn, noch einmal sage ich euch: Freut euch.“ Amen.
Herbert Winklehner OSFS
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