PREDIGT zum 3. Fastensonntag - LJB

„Sanftmut ist besser als Zorn“ (Joh 2,13-25)

Liebe Schwestern und Brüder,

der Zorn wird im Christentum von Anfang an zu den Hauptsünden des Menschen gezählt. Evagrios Ponticos ein ägyptischer Mönch aus dem dritten Jahrhundert nach Christus sagt, dass der Zornige von bösen Gedanken erschüttert ist. Er gleicht einer „einsamen Wildsau“, der die Zähne fletscht, kaum das er jemanden erspäht hat. Gott flieht vor einem solchen Menschen, weil dessen Herz voller böser Worte ist.

Wir wissen, wie viel Unheil ein Wutausbruch anrichten kann. Ein Problem im Zorn lösen wollen, macht meist alles noch viel schlimmer. Besonders deutlich wird dies beim Jähzorn, wo Kleinigkeiten genügen, um einen Menschen zur Raserei zu bringen. Vor Menschen, bei denen wir wissen, dass sie zum Jähzorn neigen, verspüren wir sogar Angst. Wir wollen ja nichts Falsches sagen, damit nicht plötzlich ein Donnerwetter auf uns hereinbricht.

Dennoch ist nicht jeder Ausbruch von Zorn gleich etwas Schlechtes. Diese Verallgemeinerung wäre mit Sicherheit falsch. Wir Christen kennen daher auch den Ausdruck vom „Heiligen Zorn“. In der heutigen Lesung aus dem Alten Testament wurde uns geschildert, wie Gott auf dem Berg Sinai die Zehn Gebote verkündet. Jeder von uns kennt aber ebenso die Geschichte, wo Mose vom Berg Sinai herabkommt und sieht, wie das Volk ein goldenes Kalb geschmiedet hat, um das es nun herumtanzt. Und dann zertrümmert er im „Heiligen Zorn“ die Steintafeln, auf denen diese 10 Gebote gemeißelt waren. Dieser Zorn des Mose ist der „Zorn des Gerechten“, der in Wut gerät, um der Gerechtigkeit und des Guten willen. Manchmal bedarf es eben eines richtigen Donnerwetters, das die Luft und vor allem den Verstand und das Gewissen reinigt, die verstockten Herzen wieder frei macht für das Gute. Auch Gott selbst wird daher in der Bibel immer wieder als der zornige Gott vorgestellt, der über die Verstocktheit, Dummheit und Verbohrtheit der Menschen in Zorn gerät.

Der Zornesausbruch Jesu im Tempel, wie es das Evangelium schildert, gehört ebenso zu diesem „Heiligen Zorn“. Er sieht eben, wie die Menschen aus dem Haus Gottes eine Markthalle machen. Um der Heiligkeit und Reinheit des Tempels willen gerät er in Zorn und vertreibt die Geldwechsler und Händler.

Es gibt also Situationen, in denen Zorn notwendig sein kann und damit sogar heilig wird. Aber solche Situationen sind eher selten. Jesus Christus selbst zeigt sich viel, viel öfter als der liebende, sanftmütige Hirte, der mit seinen Schafen Geduld hat, der die Sünder zu sich ruft und sie verständnisvoll zur Umkehr bewegt. Die Gefahr, im Zorn mehr kaputt zu machen als zu retten, zu heilen, zu reinigen ist einfach zu groß.

Daher rät auch der Heilige Franz von Sales, der nicht umsonst der Heilige der Sanftmut genannt wird, von jedem Zorn ab, sogar vom gerechten Zorn. So können wir von ihm lesen: „Ich sage dir ganz eindeutig und lasse keine Ausnahme zu: Zürne überhaupt nie. Lasse keinen Vorwand gelten, der dein Herz dem Zorn zu öffnen vermöchte. Gewiss müssen wir dem Bösen widerstehen und gegen die eigenen Fehler und Fehler der anderen furchtlos und beharrlich vorgehen, aber immer ruhig und friedlich.“ Für ihn ist eben die Methode der Sanftmut die bessere und auch zielführendere. Für ihn ist es daher ratsam, auch den Gerechten Zorn nicht aufkommen zu lassen. Zum einen hält der zornige Mensch seinen Zorn fast immer für gerecht, auch wenn er es nicht ist, zum anderen kann aus dem gerechten Zorn sehr leicht Hass werden. Und außerdem ist Franz von Sales davon überzeugt, dass Sanftmut und Liebe immer mehr erreichen, als jeder noch so gerechte Zorn. „Nichts“, so schreibt er, „besänftigt einen rasenden Elefanten schneller als der Anblick eines Lammes, und nichts bricht die Wucht eines Geschoßes so leicht, wie wiche Wolle.“ Auf eine zornige Zurechtweisung, mag sie auch noch so vernünftig und gerechtfertigt sein, achtet man weniger, als auf eine, die ruhig und ohne Groll vorgetragen wird.

Ich denke es lohnt sich, darüber einmal nachzudenken. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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