PREDIGT zum 5. Ostersonntag - LJ C

"Auf die Liebe kommt es an" (Joh 13,31-33a.34-35)

Liebe Schwestern und Brüder,

„Liebe, und tu, was Du willst“ - Das sagte schon vor 1500 Jahren der Heilige Augustinus. Wer liebt, kann tun, was er will, er wird immer richtig handeln. „Liebe, und du verstehst das Leid!“ ist ein Wort aus unserer Zeit. Es stammt von Mutter Teresa. Und der Heilige Franz von Sales sagt: „Welch ein Glück, lieben zu dürfen, ohne ein Übermaß zu fürchten. Das Maß der Liebe heißt Lieben ohne Maß.“

Wenn wir das Christentum - unseren Glauben also - auf die kürzest mögliche Formel bringen müssten, was dieser Glaube ausmacht, worauf es ankommt, dann bräuchten wir eigentlich nur ein Wort zu sagen, nämlich: Liebe. Oder - so, wie es Jesus im heutigen Evangelium sagte: „Ein neues Gebot gebe ich euch: „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“

Das ist also das Entscheidende, das Wesentliche, das christliche Erkennungsmerkmal schlechthin: Die Liebe. Alles andere ist nur Beiwerk, Schmuck, Luxus oder eben auch Unrat, Müll, der ausgemistet gehört, damit die Liebe wieder ihren zentralen Platz erhält. Der Heilige Augustinus hat ja auch das einmal sehr dramatisch formuliert: „Die Liebe ist das einzige“, so hat er gesagt, „was die Kinder Gottes von den Kindern des Teufels unterscheidet. Das einzige. Wer die Liebe hat, ist aus Gott geboren: wer sie nicht hat, ist nicht aus Gott geboren. Das ist das große Zeichen, der große Unterschied.“

An der Liebe erkennen wir also, ob einer ein guter oder ein schlechter Christ ist, ja ob sich einer überhaupt Christ nennen darf.

So ein Satz ist übrigens gar nicht so selbstverständlich akzeptiert, wie es vielleicht den Anschein hat. Fragt euch doch einmal selbst, was Ihr antworten würdet, wenn euch jemand fragt, was einen guten Christen von einem schlechten Christen unterscheidet?

Ich habe einmal mit einer Jugendgruppe in Wien eine Straßenumfrage mit dieser Frage als Vorbereitung auf eine Jugendmesse gemacht. Wir sind durch Wien gelaufen und haben die Leute einfach gefragt, was für sie ein guter Christ ist. Da kamen viele Antworten: „Er geht jeden Sonntag in die Kirche“, „Er betet viel“, „Er glaubt an Gott, an Jesus und an den Papst“, „Er zahlt Kirchensteuer“, „Er spendet für die Caritas“.

Diese Antworten sind alle auf ihre Weise richtig, aber sie sind zu wenig, denn es fehlt das Wesentliche dabei: Die Liebe. Ganz richtig wären diese Antworten, wenn es heißt: „Ein guter Christ liebt und geht jeden Sonntag in die Kirche.“ „Ein guter Christ liebt und betet viel.“ „Ein guter Christ liebt und zahlt die Kirchensteuer.“ und so weiter. Das Wort des heiligen Paulus kennen wir ja sehr gut, weil es immer wieder auf Hochzeiten als Lesung ausgewählt wird. „Wenn wir alle Sprachen sprechen könnten, wenn wir prophetisch reden könnten, wenn wir alle Glaubenskraft besäßen und alle Geheimnisse und alles Wissen hätten, hätten wir aber die Liebe nicht, so wäre all das nichts! Es wäre nutzlos.“ Also: „Wenn wir jeden Sonntag in die Kirche gehen, wenn wir viel beten, wenn wir die Kirchensteuer zahlen - hätten aber die Liebe nicht, so wäre all das nichts. Es wäre nutzlos. Denn ohne Liebe sind wir keine Christen. An der Liebe erkennt man den Jünger Jesu - sagt uns Jesus im heutigen Evangelium.

Es gibt übrigens viel mehr Christen auf dieser Welt, als man vielleicht auf den ersten Blick glaubt, Menschen also, die die Liebe wirklich zu leben versuchen, im Kleinen, im Verborgenen, Menschen, die sich für das Wohl der anderen aufopfern, die für andere da sind, immer ein gutes Wort haben, ein freundliches Lächeln, ein mitfühlendes Herz, die Zuhören können, Zeit haben, und die - fast so selbstverständlich wie sie ihre Liebe leben, sehr oft auch einfach übersehen und vergessen werden. Der heutige Sonntag ist ja auch Muttertag, wo wir unseren Müttern einmal für ihre Liebe danken, die sie uns geschenkt haben und immer wieder schenken. Für uns Christen ist dieser Tag dadurch auch eine Erinnerung daran, worauf es in unserem Glauben eben ankommt. Eine Mutter weiß sehr wohl, wie wichtig die Liebe in einer Familie ist, in der Erziehung der Kinder, im Miteinander und im Füreinander. Wir Christen sollten eben wissen, dass dies für das Christsein und Kirchesein genauso gilt. Ohne die Liebe sind wir nichts - Darum hat uns Jesus auch sein neues Gebot gegeben: „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe.“ Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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