PREDIGT zum 7. So.i.Jk - LJ B
"Begegnung mit Jesus ist heilsam" (Mk 2,1-12)
Liebe Schwestern und Brüder,
Begegnung mit Jesus ist heilsam – und zwar auf allen Ebenen. So könnte man das heutige Stück Evangelium überschreiben. Wer Gottes Begegnung sucht, sich in seine Gegenwart begibt, der findet dort ganzheitliche Heilung – für Leib und für Seele. Alles, was das Leben lähmt, wird weggenommen, so dass man wieder neu anfangen kann, aufrecht durch das Leben zu gehen.
In die Nähe dieses Jesus zu kommen, ist allerdings gar nicht so einfach. Auch das erzählt uns das heutige Evangelium: Menschenmassen versammeln sich überall dort, wo er hinkommt. Sie umringen ihn und versperren die Zugänge. Ein Gelähmter hat da keine Chance, außer es gibt vier starke Männer, die einen wahren Kraftakt vollbringen können. Stellt euch das einmal bildlich vor. Eine Bahre mit einem gelähmten Menschen auf ein Dach hochziehen. Dort oben das Dach dann aufbrechen, und zwar ein so großes Loch, dass die Bahre samt Gelähmten hinuntergelassen werden kann. Schließlich die ganze Bahre wieder abseilen. Die Männer müssen bei dieser Aktion ordentlich ins Schwitzen gekommen sein – und der Gelähmte wird auf seiner Bahre einigen Schrecken durchgestanden haben, dass er weder beim Hochheben noch beim Hinuntergleiten abstürzt.
Die ganze Mühe aber hat sich gelohnt: Jesus heilt den Gelähmten von all seinen Lähmungen, den körperlichen wie den seelischen – er kann aufstehen, seine Bahre nehmen und gehen.
Die Reaktion der Leute darauf können wir alle gut nachempfinden: Es ist unglaublich – so etwas haben wir noch nie gesehen.
Ob sich diese Erzählung wirklich genau so zugetragen hat oder ob der Evangelist Markus nicht alles ein bisschen dramatisiert und übertrieben hat, ist eigentlich egal. Wichtig ist das, was uns mit dieser Erzählung deutlich gemacht werden soll, nämlich, dass die Begegnung mit Jesus Christus heilsam ist. Es genügt allerdings nicht, diese Begegnung nur im Kopf zuzulassen. Dafür stehen die Schriftgelehrten, die Jesus ganz nahe sind, mit ihm reden, mit ihm diskutieren … diesen Jesus aber nicht in ihr Herz hineinlassen. Und daher funktioniert dort Heilung nicht. Dem Gelähmten ist völlig egal, ob Jesus sagt, dass seine Sünden vergeben sind, oder ob er sagt: Steh auf, nimm deine Bahre und geh. Hauptsache seine Lähmungen verschwinden. Die Schriftgelehrten haben da ihre Probleme. Sündenvergeben darf nur Gott und wenn Jesus, der da vor ihnen sitzt, plötzlich Sünden vergibt, dann ist das Gotteslästerung. Ihr Glaube ist reine Kopfsache, der seinen Weg hinunter ins Herz noch nicht gefunden hat.
Anders beim Gelähmten. Er hat die Wand durchbrochen und sein Glaube kann in sein Herz hinabsinken. Und daher heißt es auch: „Als Jesus ihren Glauben sah konnte er heilen“.
Ich glaube, wir sollten heute lieber etwas vom Gelähmten für unser Leben mit nach Hause nehmen … und weniger von den Schriftgelehrten. Das heißt: unser Glaube sollte eine Herzensangelegenheit werden, etwas, das sich nicht nur in unseren Köpfen abspielt, sondern tief eindringt in die Tiefen unserer Herzen.
Wenn wir beten, dann sollten wir nicht nur Auswendiggelerntes über die Lippen bringen, sondern Herzensgebete, etwas, das wirklich aus unserem Herzen kommt, und sei es auch nur das gestammelte Geflüster: „Gott, ich bin wie gelähmt. Ich kann jetzt nichts sagen.“
Wenn wir leben und arbeiten, dann sollten wir Gott nicht bloß irgendwie mit uns dabeihaben, als eine Sache, die man eben dabei hat, weils eben nicht schaden kann, wenn man auch ein wenig gläubig ist.
Wenn wir leben und arbeiten, dann sollte Gott wirklich mitten in unseren Herzen wohnen und unser Leben und Arbeiten mit seiner Gegenwart ganz erfüllen.
Das kann durchaus mühsam sein und Kraft kosten, sein Herz aufzubrechen und eine so große Öffnung zu schaffen, dass dieser Jesus auch wirklich dort einziehen kann.
Es kostet genau soviel Kraft wie es Kraft kostet, zu lieben und sich lieben zu lassen.
Benedikt XVI. hat uns alle in seiner Enzyklika DEUS EST CARITAS wieder darauf aufmerksam gemacht, dass Gott die Liebe ist und Jesus Christus die fleischgewordene Liebe unter uns. Und er sagt: Wenn wir das nicht aus ganzem Herzen begreifen, dass Liebe und Gott eins sind, dann bleiben wir auf der Ebene der Schriftgelehrten, die es nicht schaffen, Gott in ihr Herz einzulassen.
Der heilige Franz von Sales gibt uns ein paar Tipps, wie das gehen kann, Gott in sein Herz einzulassen. Und der erste Schritt lautet: Versetze dich so oft du kannst in die Gegenwart Gottes. Das heißt: Mach dir klar, dass Gott da ist, dich umgibt, genauso wie die Luft, die du atmest. Und wenn du möchtest, dass Gott auch in deinem Herzen wohnt, dann mach dir vor allem klar, dass überall dort, wo du Liebe erfährst und spürst, du Gottes Gegenwart hautnah erfährst und spürst.
Es kostet durchaus Mühe, Gott in sein Herz zu lassen, aber es lohnt sich. Denn, so bestätigt uns das heutige Evangelium: Gottes Begegnung ist heilsam. Amen.
Herbert Winklehner OSFS
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