Fröhlichkeit und Humor -
die Tugend, die trotzdem lacht
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Der niederländische Montfortianerpater Phil Bosmans (*1922) ist ein Meister der positiven Lebens- und Glaubenseinstellung. In seinen zahlreichen Büchern, allesamt Bestseller mit Millionenauflage und in viele Sprachen übersetzt, macht er den Menschen Mut, das Leben, sich selbst, den Alltag, den Glauben, den Beruf, einfach alles – trotz vieler Schwierigkeiten – als gut und wertvoll zu betrachten, weil Gott der Urheber und Schöpfer von allem ist. Die Tugend des Humors und der Fröhlichkeit spielt dabei eine große Rolle. „Humor trägt die Menschen durch die Wüsten des Lebens,“ schreibt er in einem seiner Texte. „Wenn alles so traurig ist, dass keiner mehr lachen kann, und alles so aussichtslos, dass es nichts mehr zu lachen gibt, kann Humor immer noch ein Lächeln hervorzaubern.“
Phil Bosmans liebt daher die Clowns als „wahre Lebenskünstler“. Nur der Clown „kann lachen, wenn er weint. Und wenn er weint, lachen die Menschen. Sie lachen Tränen. Mit seinem Humor ist er ein wunderbarer Therapeut.“
1. Eine christliche Tugend?
Dass das Lachen und der Humor, oder mit einem anderen Wort die Fröhlichkeit, eine christliche Tugend ist, war in der Geschichte des Christentums nicht immer unbestritten. Der Klosterkrimi von Umberto Eco (*1932) „Im Namen der Rose“ machte einem Millionenpublikum deutlich, dass diese Lebenshaltungen vor allem im Mittelalter aus dem christlichen Tugendkatalog verbannt waren. Lachen verführt zum Bösen, daher darf in der Kirche nicht gelacht werden, daher müssen alle Bücher und Schriften, die positiv über das Lachen schreiben, so gut es geht vernichtet werden. In Eco’s Krimi, wird diese Verbannung des Humors auf die Spitze getrieben, in dem alle, die sich damit nicht einverstanden erklärten, entweder vergiftet oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden.
Gott sei Dank hat sich diese Einstellung gewandelt. Humor ist wieder eine Tugend geworden, spätestens seit dem berühmten Gebet des englischen Lordkanzlers und heiligen Märtyrers Thomas Morus (1478-1535): „Schenke mir Sinn für den Humor, gib mir die Gnade einen Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück im Leben erfahren und es anderen weitergeben kann.“ Doch ganz so einfach war die Rehabilitierung des Humors trotzdem nicht.
Selbst der heilige Franz von Sales (1567-1622) bekam mit seinem Hinweis, dass Fröhlichkeit, Tanz, Spiel, Humor zum Wesen eines guten Christen gehören, noch Schwierigkeiten. Heute ist das fast nicht mehr nachzuvollziehen, dass sein Buch „Philothea“ gerade deshalb öffentlich auf der Kanzel in Fetzen zerrissen wurde, weil er darin schreibt, dass Fröhlichkeit etwas Gutes ist.
Wörtlich lauten seine biblisch wohl begründeten Aussagen unter anderem: „Im Allgemeinen soll bei unseren Gesprächen eine maßvolle Fröhlichkeit vorherrschen ... ‚Freut euch mit denen, die sich freuen’ (Röm 12,15). Und noch einmal sage ich euch mit dem Apostel: ‚Freut euch allezeit im Herrn und eure Bescheidenheit sei allen Menschen kund’ (Phil 4,4f.)“ (DASal 1,169). Oder: „Wortspiele und Neckereien, die man einander bei fröhlicher, anständiger Unterhaltung zuwirft, gehören zur Tugend, die bei den Griechen Eutrapelia, bei uns Geselligkeit heißt. Man neckt einander fröhlich und spaßt miteinander in harmloser Weise über die kleinen Fehler und Menschlichkeiten, die jeder aufweist“ (DASal 1,174).
2. Abgrenzung zum Spott
Franz von Sales wurde für solche Sätze zumindest anfangs von einigen unverbesserlichen Misanthropen heftig kritisiert, obwohl er sehr wohl vor der Gefahr der übertriebenen Fröhlichkeit und des Spottes warnte: „Man muss nur Acht geben, dass man nicht von unschuldiger Neckerei zum Spott übergeht. Der Spott reizt nur durch die Geringschätzung des anderen zum Lachen, bei fröhlicher Neckerei aber lachen wir über die herzlich frohen Worte, die mit unbeschwertem Freimut in freundschaftlicher Offenheit gesagt werden“ (DASal 1,174). Oder: „Damit aber deine Freude ‚im Herrn’ sei, muss der Gegenstand deiner Freude nicht nur erlaubt, sondern auch anständig sein. ... Jemand zu Fall zu bringen, ihm das Gesicht zu schwärzen, einen anderen zu stechen, einem armen Narren wehtun, das sind dumme und ungezogene Scherze.“ (DASal 1,169).\\ Es gibt also einen Unterschied zwischen der Tugend des Humors und der Fröhlichkeit und der Untugend des Spottes. Und diesen Unterschied soll man sehr ernst nehmen. Denn: „Spott ist eine der schlechtesten Geistesanlagen. Gott hasst dieses Laster aufs tiefste und hat es vormals schwer bestraft. Nichts ist der Liebe und noch mehr der Frömmigkeit so entgegengesetzt wie die Verachtung des Nächsten. Auslachen und Verspotten geht nie ohne Verachtung ab, daher ist es auch schwere Sünde. Die Lehrer der Frömmigkeit sagen mit Recht, dass der Spott die schlimmste Kränkung ist, die man durch Worte zufügen kann, weil bei anderen kränkenden Worten doch eine gewisse Achtung vorhanden sein kann, beim Spotten aber nur Verachtung“ (DASal 1,174).
3. Echte Fröhlichkeit
Wenn Humor und Fröhlichkeit dazu dienen, dass andere ausgelacht, verspottet oder gekränkt werden, dann können wir sie selbstverständlich nicht mehr als Tugenden bezeichnen. Echte Fröhlichkeit sorgt eben für eine gute Stimmung, in der sich ALLE wohlfühlen, die ALLEN gut und KEINEM weh tut. Das ist das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen dem guten Humor und dem bösen Spott, das Franz von Sales nennt: die Achtung, die Würde und das Wohlbefinden des Anderen. Alles, was auf Kosten des Anderen geschieht, ist eine Verunglimpfung der Tugend des Humors und entartet zum Spott. Wahrer Humor trägt dazu bei, dass man das Leben wieder als lebenswert und mit Freude sieht.
Franz von Sales mochte die Zeit des Faschings und des Karnevals nicht, weil er beobachtete, dass in dieser Zeit der Ausgelassenheit genau dieses Unterscheidungskriterium allzu wenig beachtet wurde. Jedoch liebte er Heiterkeit und fröhliche Ausgelassenheit, wenn die Grenze zum Spott nicht überschritten wurde.
So lesen wir folgende Sätze aus einem seiner Briefe: „Ich komme gerade vom Katechismusunterricht, wo wir heute mit unseren Kindern ein wenig übermütig waren und damit die Anwesenden zum Lachen brachten, indem wir uns über Masken und Bälle lustig machten. Denn ich war recht gut aufgelegt und eine große Zuhörerschaft ermutigte mich durch ihren Beifall, auch weiterhin Kind mit den Kindern zu sein. Man sagt, das stünde mir gut an, und das glaube ich auch.“ (DASal 5,139)
Wer die Tugend des Humors und der Fröhlichkeit pflegt, sollte sich also stets vom Spott abgrenzen, er sollte darauf achten, dass aus Spaß nicht plötzlich Ernst wird. Achte ich diese Grenze, dann wird diese Tugend zu einer der wertvollsten, die der Mensch üben kann. „Das schönste auf der Welt ist ein lachendes Gesicht,“ sagt ein Sprichwort. Fröhlichkeit und Humor können Wunder wirken und Menschen, die sich in einem finsteren Loch gefangen fühlen, eine neue Perspektive und neuen Lebensmut schenken. Oder mit den Worten Phil Bosmans: „Lachen und Humor befreien dich von übertriebenen Sorgen und von dem Trott, in dem du an manchen Tagen erstickst. Lachen und Humor schaffen in deinem Herzen neuen Raum für die Menschen um dich herum.“
4. FRAGEN ZUM NACHDENKEN
- Wie erlebe ich fröhliche Menschen?
- Wie kann ich dazu beitragen, durch Humor und Fröhlichkeit Gutes zu tun?
- Neige ich dazu, andere zu verspotten?
Herbert Winklehner OSFS