PREDIGT zum Kirchweihfest
(Lk 19,1-10)
Liebe Schwestern und Brüder,
ich habe mir gedacht, ich erzähle euch heute – am Kirchweihfest - einmal ein wenig von unserem Ordenspatron Franz von Sales.
Am 20. Oktober 1597 feierte Franz von Sales einen persönlichen Triumph. An diesem Tag übergab er nämlich die Leitung seine Chablais-Mission in die Hände der Kapuzinerpatres Cherubin und Esprit. Vier Jahre lang hat er sich bemüht, in diesem Gebiet südlich des Genfer Sees die katholische Kirche wieder aufzubauen. Als er 1593 in dieses Gebiet kam waren viele Kirchen durch Krieg zerstört und die wenigen, die es noch gab, waren in den Händen der Calviner, die dieses Gebiet und die Bevölkerung beherrschten.
Franz von Sales hat sich freiwillig gemeldet, um in diesem Gebiet den katholischen Glauben wieder herzustellen. Und es ist wirklich spannend zu lesen, was er in diesen Jahren alles mitgemacht hat: vier Mal entging er nur knapp einem Mordanschlag, den seine Gegner planten. Einmal, im Winter, musste er sich vor einem Rudel hungriger Wölfe auf einen Baum flüchten, und die Nacht dort oben verbringen. Im Mai, die Wege in den Bergen waren noch völlig vereist, wollte er unbedingt eine zerstörte Marienwallfahrtskirche besuchen, um dort seine Arbeit in die Hände Marias zu legen. Auf allen Vieren musste er hinaufklettern und bei der Überquerung eines Gebirgsbaches wäre er fast abgestürzt.
Die Menschen hatte das allerdings schwer beeindruckt. Jene Bergbauern, die diesen Aufstieg des „katholischen Pfaffen“, wie sie ihn abschätzig nannten, beobachteten, schüttelten nur den Kopf und meinten: Wie kann man sich wegen einer solchen Ruine nur so viele Strapazen antun und solche Gefahren auf sich nehmen ... sie müssen aber doch beeindruckt gewesen sein, denn später waren sie bei den ersten, die zur katholischen Kirche zurückkehrten.
Einer seiner Methoden zur Bekehrung der Ungläubigen schaute er sich übrigens von Jesus ab, der sich ins Haus des Zachäus einlud oder mit Pharisäern, Zöllnern und Sündern aß. Weil es den Menschen unter Strafe verboten war, zu ihm zu kommen und seine Predigten zu hören, startete Franz von Sales eine Flugblattaktion und verteilte diese Blätter in den Häusern. Er besuchte hochrangige Calviner und diskutierte mit ihnen unermüdlich über die Wahrheiten des Glaubens. Mit diesem beharrlichen und unerschrockenen Einsatz hatte er dann auch Erfolg. Und es ist nicht verwunderlich, dass er jenes Ereignis als „Höhepunkt seines Lebens“ bezeichnete: nämlich die Weihnachtsmette in der Pfarrkirche von Thonon, der Hauptstadt des Chablais 1596.
Jahrzehntelang war in dieser Kirche keine Messe mehr gefeiert worden. Die katholische Liturgie war in dieser Stadt strengstens verboten. Franz von Sales ist es nach zähem Einsatz gelungen dort in der Heiligen Nacht das erste Mal wieder eine Eucharistie zu feiern – übrigens auf einem selbstgezimmerten Altar, denn die Calviner hatten den ursprünglichen Altar dieser Kirche zerstört.
Am 20. Oktober 1597 übergab er die Leitung seiner Arbeit an die Kapuziner weiter und der Herzog von Savoyen berichtete an diesem Tag in einem Brief an den Nuntius in Turin: „Durch den Einsatz des Franz von Sales ist jetzt kein Dorf und kein Weiler im gesamten Gebiet des Chablais mehr übrig, der nicht katholisch wäre.“
Franz von Sales hat also die Kirche des Chablais wieder aufgebaut. Und er tat dies bis zum Ende seines Lebens in seiner ganzen Diözese Genf. Nur ein paar Zahlen: Während seiner 20jährigen Amtszeit als Bischof weihte er ungefähr 800 Männer zu Priestern, wobei er keinen weihte, der nicht zuvor bei ihm eine strenge theologische Prüfung ablegen musste. Er war nämlich davon überzeugt, dass die mangelnde Ausbildung der Priester zum Abfall des Glaubens und zur Zerstörung der Kirche in seinem Land geführt hat.
Er hielt nach eigenen Einschätzungen ungefähr 3000 Predigten, also ungefähr alle zwei Tage eine Predigt. Wobei von ihm der berühmte Ausspruch stammt: „Eine Predigt muss kurz sein, aber nicht unter 30 Minuten.“
Er besuchte alle Pfarrkirchen – über 300 in seiner Diözese, dazu Kapellen, Stiftskirchen, Abteien und Priorate. Viele diese Kirchen musste er neu einweihen, weil deren Altäre zerstört waren und bis zu 70 Jahre lang keine Messe mehr gefeiert wurde. Er scheute sich auch nicht, in die entlegendsten Bergkirchen zu gehen, wo die Menschen noch nie einen Bischof zu Gesicht bekommen haben, um auch dort die Menschen kennen zu lernen.
Es war schon eine ungeheure Leistung, die Franz von Sales hier vollbrachte. Verstehbar ist dieser Einsatz nur, wenn man von seiner unbändigen Liebe zu Gott und Jesus Christus weiß, und damit von seiner Liebe zur Kirche, deren äußerliche und innerliche Zerstörung ihm einfach weh tat. Von dieser Kirche hatte er nämlich eine wunderschöne Vorstellung, die auch uns heute helfen kann, unseren Glauben als Kirche zu leben. Er verglich die Kirche mit einem Garten, in der die Blumen in allen Farben blühen ... und die Lehre der Kirche ist der sanfte Regen, die diesen Garten sprießen lässt. Aufgabe der Christen ist es, zu blühen ... und zwar dort, wo man gepflanzt ist.
Und das ist es auch, woran uns ein Fest wie das Kirchweihfest erinnern soll: Dass wir Christen, dort wo wir Leben, in unseren Familien, am Arbeitsplatz, in der Schule, eine einzigartige Blume dieser Kirche sind, und dass es unser Auftrag ist, genau die Farbe zu leben, die Gott uns zugedacht hat.
Ohne uns wäre die Kirche um eine Farbe ärmer. Ohne uns wäre Kirche ein bisschen weniger bunt. Amen.
Herbert Winklehner OSFS
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