Apoden
Wie der Wind ins Gefieder der Apoden fährt und sie hebt, so rüttelt auch die Eingebung den Willen wach. Die göttliche Güte kommt uns zuvor. Es geschieht "in uns", aber "ohne uns". – (DASal 3, Seite 14)
Kommentiert: Die Güte Gottes kommt uns zu Hilfe
Thema: Rückfall, Sünde, Umkehr
Aristoteles spricht (Hist. an. 1,1) von gewissen Vögeln, er nennt sie "Apoden" oder "Fußlose", deren Beine so kurz und deren Füße so schwach sind, dass sie sich ihrer nicht bedienen können; es ist, wie wenn sie überhaupt keine hätten. Sinken diese Vögel einmal zur Erde herab, so bleiben sie dort wie gefangen liegen und sind nicht imstande, sich zum Flug zu erheben. Da sie Beine und Füße nicht gebrauchen können, vermögen sie sich nicht in die Luft zu erheben. Sie kauern am Boden und gehen zugrunde, falls nicht ein günstiger Wind ihrem Unvermögen zu Hilfe kommt, sie erfasst und in die Luft hinaufwirbelt, wie er es auch sonst noch mit anderem macht. Wenn sie dann dem Antrieb und dem Schwung, den ihnen der Wind gibt, entsprechen und ihre Flügel gebrauchen, dann hilft ihnen der Wind noch weiter und treibt sie immer mehr zum Flug voran. ... Wir Menschen aber gleichen den Apoden. Wenn uns das Unheil widerfährt, dass wir Gott beleidigen und von den Höhen heiliger Gottesliebe auf die Erde herabsinken, um Geschöpfen anzuhangen, so sterben wir zwar, aber nicht eines gänzlichen Todes. Es bleibt uns noch ein wenig Bewegungsfähigkeit und dazu noch Beine und Füße, d. h. einige schwache Affekte, durch die wir kleine Versuche zustande bringen, Gott zu lieben. Aber das alles ist so schwach, dass wir unser Herz weder von der Sünde losreißen, noch uns zur heiligen Liebe aufschwingen können, die wir Erbärmliche treulos und eigenwillig aufgegeben haben. Wir verdienten gewiss, von Gott verlassen zu bleiben, da wir uns so treulos von ihm abwandten. Seine ewige Liebe gestattet aber seiner Gerechtigkeit nicht, oft von dieser Strafe Gebrauch zu machen, sondern sie erregt sein Mitleid und drängt ihn, uns aus unserem Unglück herauszuholen. Dies geschieht durch seine heilige Eingebung, die gleich dem günstigen Winde, der die Apoden hebt, unsere Herzen mit sanfter Gewalt ergreift und erschüttert, unsere Gedanken nach oben lenkt und unsere Empfindungen in die Höhen göttlicher Liebe emporhebt.... So kommt auch die heilige Einsprechung gleich einem Engel vom Himmel, berührt das Herz des Sünders und drängt ihn, sich von der Sünde zu erheben. (DASal 3, Seite 121)
Kommentiert: Wenn wir fallen hilft Gott uns wieder auf
Dagegen hängt das Aufstehen oder Nicht-Aufstehen von uns ab; denn obwohl uns Gott ohne unser Zutun geweckt hat, so will er uns doch nicht ohne uns aufrichten. Es heißt aber dem Erwachen Widerstand leisten, wenn man nicht aufsteht, sondern wieder einschläft; denn man weckt uns ja nur deshalb, damit wir aufstehen. Wir können nicht verhindern, dass Gottes Gnadenanregung uns drängt und aufrüttelt. Drängen wir sie jedoch in demselben Maße zurück, als sie uns vorwärts drängt, folgen wir also ihrer Anregung nicht, dann widerstehen wir ihr. Wenn auch der Wind die Apoden erfasst und emporhebt, so wird er sie nur dann weitertragen, wenn sie ihre Flügel ausbreiten; dadurch wirken sie mit, sie schweben und fliegen in der Luft, in die sie hinaufgehoben wurden. Werden sie aber durch lockendes Grün, das sie unten sehen, angezogen oder sind sie durch ihr langes Liegen auf dem Erdboden steif geworden, halten daher ihre Flügel zusammengefaltet und lassen sich wieder herabfallen, so haben sie wohl den Anstoß des Windes empfangen, aber umsonst, da sie sich seiner nicht bedient haben. (DASal 3, Seite 131)
Kommentiert: Gottes Wirken an uns achtet unsere Freiheit
Thema: Wille, Güte Gottes, Eingebung
Der Wind, der die Apoden emporhebt, erfasst zuerst ihre Federn; durch ihr geringes Gewicht sind sie für sein Einwirken empfänglicher. Damit bewegt er auch die Fittiche, dass sie sich weiten und entfalten; nun kann er den ganzen Vogel erfassen und in die Luft erheben. Verbindet dieser nun, wenn er so gehoben wurde, seine eigenen Bewegungen mit denen des Windes, so wird der gleiche Wind, der ihm den Auftrieb gegeben, ihm immer mehr helfen, weiterzufliegen. Mein lieber Theotimus, wenn also die Eingebung gleich einem heiligen Wehen uns in die Höhen göttlicher Liebe erheben will, so beginnt sie bei unserem Willen; sie rüttelt ihn wach, weitet und entfaltet durch himmlische Lust seine natürlichen Neigungen zum Guten so sehr, dass diese Neigungen ihr die Möglichkeit bieten, unseren Geist zu erfassen; dies geschieht, wie schon erwähnt, "in uns" aber "ohne uns", denn die göttliche Güte ist es, die uns zuvorkommt. (DASal 3, Seite 132)
Kommentiert: Gottes Werben um uns hilft uns auf