Mutterbrust
Thema: Tröstungen, geistlicher Weg, Trockenheit
Bei fast allen, die erst beginnen, Gott zu dienen, und noch keine Erfahrung im seelischen Auf und Ab haben und im Entzug der Gnaden durch Gott, trifft es zu, dass sie leicht außer Atem kommen, kleinmütig und traurig werden, sobald sie des Gefühls der Frömmigkeit ermangeln und das milde Licht schwindet, das sie einlädt, auf dem Wege des Herrn voranzuschreiten. Erfahrene Menschenkenner erklären das damit, dass die menschliche Natur nicht lang hungrig und freudlos bleiben kann, ob diese Freude nun himmlischen oder irdischen Ursprungs ist. Seelen, die durch das Verkosten der höheren Freuden über sich selbst hinausgehoben sind, verzichten leicht auf sichtbare Stützen. Wenn ihnen aber durch göttliche Fügung die geistliche Freude entzogen wird, sie anderseits aber der irdischen Freuden entbehren und nicht gewohnt sind, geduldig auf die Rückkehr der echten Freudensonne zu warten, dann glauben sie, weder im Himmel noch auf der Erde zu sein und in ewige Nacht gehüllt zu bleiben. Wie kleine Kinder, die man von der Mutterbrust entwöhnt, meinen sie zu verschmachten, jammern, werden verdrießlich und unerträglich, am meisten gegen sich selbst. (DASal 1, Seite 240)
Kommentiert: Zeiten innerer Trockenheit gehören zum geistlichen Weg
Thema: Liebe Gottes, Gottesbild
Der himmlische Fürst hat seinen Schatz und seine Waffen in seiner Brust. Und weil sein Schatz seine Güte ist und seine Waffen aus seiner Liebe bestehen, so gleicht sein Busen dem einer liebenden Mutter, die zwei volle Brüste besitzt, gleich zwei Vorratskammern, reich an süßer Milch. Sie hat ebenso viele Waffen, den kleinen Säugling zu bezwingen, als dieser Züge tun kann, um an der Mutterbrust zu trinken. (DASal 3, Seite 238)
Kommentiert: Gott sorgt für uns, wie eine liebende Mutter
Thema: Beschauung, Kontemplation, Gegenwart Gottes, Schweigen
Hast du noch nie bemerkt, Theotimus, wie heftig kleine Kinder sich zuweilen an die Brust ihrer Mutter schmiegen, wenn sie hungrig sind? Da sieht man sie ihre Mutter drücken und pressen und die Milch so gierig trinken, dass sie ihrer Mutter dabei sogar wehtun. Hat aber einmal die frische Milch ihren Heißhunger etwas gestillt und hat der wohlige Duft, der von der Milch zu ihrem Gehirn aufsteigt, sie einzuschläfern begonnen, so wirst du sehen, Theotimus, wie sie ganz lieb ihre Äuglein schließen und allmählich zu schlummern beginnen, ohne jedoch deswegen die Mutterbrust zu lassen. Ganz langsam, kaum wahrnehmbar, bewegen sie noch ihre Lippen und trinken weiter, ohne es recht zu merken. Sie achten zwar nicht darauf, aber sie tun es trotzdem, nicht ohne Lustgefühle dabei zu haben. Denn wenn man ihnen die Brust entzieht, ehe sie in tiefen Schlaf gesunken sind, so wachen sie auf und weinen bitterlich. Der Schmerz, den ihnen der Entzug verursacht, zeigt, wie viel Freude sie am Besitz empfunden haben. So ergeht es auch der Seele, die in Ruhe und Schweigen vor Gott ist; denn sie nimmt fast unbewusst die Wonne dieser Gegenwart in sich auf, ohne zu denken, ohne zu handeln, ohne irgendetwas mit irgendeiner ihrer Fähigkeiten zu tun, außer allein mit der Spitze ihres Willens. Diese bewegt sie sanft und fast unwahrnehmbar, ähnlich wie das Kind seinen Mund; und dadurch dringen Freude und Befriedigung am Genuss der göttlichen Gegenwart in ihre Seele ein, ohne dass sie es fühlt. (DASal 3, Seite 296)
Kommentiert: Leben und Sein in der Gegenwart Gottes
Im Gebet vollzieht sich nun die Vereinigung oft durch kleine aber häufige Bemühungen der Seele, sich zu Gott aufzuschwingen und ihm näher zu kommen. Betrachte die kleinen Kinder, die an der Brust der Mutter liegen. Du wirst sehen, dass sie sich von Zeit zu Zeit durch ein leises Näherrücken fester an sie drücken und anschmiegen, weil das Trinken an der Mutterbrust ihnen so viel Freude macht. So erneuert und verstärkt das mit Gott vereinte Herz immer wieder im Gebet seine Verbundenheit mit Gott durch Bewegungen zu Gott hin, durch die es sich sozusagen in die göttliche Güte hineindrängt und sich ihr ganz anschmiegt. (DASal 4, Seite 34)
Kommentiert: Häufig die Gegenwart Gottes suchen – im Gebet
Thema: Vereinigung mit Gott, Schwachheit, Hingabe
Die Vereinigung geschieht manchmal ohne unser Mitwirken, nur durch ein einfaches Folgen, indem wir uns widerstandslos mit der göttlichen Güte vereinigen lassen: so wie ein kleines Kind, das sich nach der Mutterbrust sehnt, aber zu schwach ist, sich zu ihr hinzubewegen, oder auch, wenn es schon dort ist, sich an sie zu schmiegen, aber doch sich recht freut, wenn die Mutter es in ihre Arme nimmt und an ihre Brust drückt. (DASal 4, Seite 36)
Kommentiert: Gott kommt unserer Schwachheit entgegen
Thema: Wille Gottes, Gleichmut, Vertrauen
Betrachten wir doch hundertmal des Tages diesen liebenden Willen Gottes. Verschmelzen wir unseren Willen mit dem seinen und rufen wir voll Innigkeit aus: O unendlich beglückende Güte! Wie liebenswert ist doch Dein Wille! Wie ersehnenswert Deine Hulderweise! Du hast uns für das ewige Leben geschaffen und Dein von unvergleichlicher Liebe glühendes Herz strömt über von Erbarmen, um den reuigen Sündern zu verzeihen und die Gerechten zu heiligen. Ach, wann heften wir unseren Willen an den Deinen, wie kleine Kinder sich an die Mutterbrust schmiegen, um Deine ewigen Segnungen in uns aufzunehmen? (DASal 4, Seite 86)
Kommentiert: Im Vertrauen auf Gottes Güte seinem Willen folgen
Wenn viele Wünsche und Zuneigungen in einem Herzen sind, gleichen sie mehreren Kindern an einer Mutterbrust. Da sie nicht alle zugleich ihre Befriedigung finden können, wird sie einmal von dem einen, einmal von dem anderen begierig in Anspruch genommen und so zum Versiegen und Vertrocknen gebracht. Wer nach der göttlichen Liebe verlangt, muss sorgfältig seine Muße, seinen Geist und seine Zuneigung für sie bewahren. (DASal 4, Seite 300)
Kommentiert: Alle Wünsche in dem einen Wunsch bündeln: Gott zu lieben.