Nachtigall
Da uns Gott seine Einsprechungen oft durch seine Engel zukommen lässt, sollen wir auch unsere Gebete oft durch sie zu Gott emporschicken. Die heiligen Seelen der Verstorbenen, die im Himmel mit den Engeln vereint und wie der Herr sagt, den Engeln gleich sind (Mt 22,30), tun dasselbe; auch sie wirken auf uns ein und beten für uns. Vereinigen wir unsere Herzen mit diesen himmlischen Geistern und heiligen Seelen. Wie die jungen Nachtigallen mit den alten singen lernen, so werden auch wir durch den Umgang mit den Heiligen das Lob Gottes schöner singen lernen: "lch werde im Angesicht der Engel singen", sagt David. (DASal 1, Seite 93)
Kommentiert: Gott loben in der Gemeinschaft der Heiligen
Thema: Gottesliebe, Lob Gottes
Nach Plinius (H.n. 10,29) gefallen sich die Nachtigallen an ihrem Gesang so sehr, dass sie vierzehn Tage und vierzehn Nächte lang ohne Unterlass singen und sich bemühen, immer schöner zu singen, um sich gegenseitig zu übertreffen. Je mehr ihr Gesang an Glut und Schwung zunimmt, umso größer ist ihr Gefallen daran; und dieses Steigern ihres Gefallens treibt sie wieder zu größeren Anstrengungen an, noch schöner zu singen. Ihr Gesang verstärkt dermaßen ihr Gefallen und ihr Gefallen ihren Gesang, dass sie oft tot hinsinken, weil ihre Kehle den Anstrengungen des Singens erliegt. Diese Vögel verdienen es wirklich, mit dem schönen Namen Philomele bezeichnet zu werden, denn sie sterben in der Liebe und aus Liebe zur Melodie. O Gott, mein Theotimus, wie groß ist der wonnereiche Schmerz und die schmerzensreiche Wonne, welche das Herz empfindet, das von glühender Liebe gedrängt wird, seinen Gott zu loben, wenn es nach tausend Anstrengungen des Lobes sein Unvermögen erkennt! Ach, diese arme Nachtigall möchte ihre Töne immer höher steigern und ihre Melodie vervollkommnen, um die Segnungen ihres Vielgeliebten besser zu besingen. Je mehr das Herz lobt, umsomehr findet es Gefallen an dem Lob, und je mehr Gefallen es an dem Lob empfindet, umsomehr missfällt es ihm, nicht noch besser loben zu können. Es tut, was es nur kann, um diesen Schmerz zu stillen, so dass es zuweilen unter diesen Anstrengungen zusammenbricht. (DASal 3, Seite 256)
Kommentiert: Immer mehr in das Lob Gottes einstimmen
Wer am Morgen eine Weile aus einem benachbarten Gebüsch dem freundlichen Gezwitscher einer großen Menge von Gimpeln, Hänflingen, Stieglitzen und ähnlicher kleiner Vögel gelauscht hätte und dann auf einmal eine Nachtigall hörte, die mit ihrer wunderbaren Stimme die Luft mit herrlicher Melodie erfüllt, würde ohne Zweifel diesen einzigen Sänger der ganzen übrigen Schar vorziehen. Hat man desgleichen alles Lob vernommen, das die verschiedenen Geschöpfe im gegenseitigen Wetteifer einmütig ihrem Schöpfer darbringen, und lauscht man dann endlich der Stimme des Erlösers, dann findet man in ihr eine Unendlichkeit an Verdienst, an Wert und Wohlklang, die alle Hoffnung und Erwartung des Herzens übersteigt. (DASal 3, Seite 264)
Kommentiert: Jesus gab sich selbst hin zum Lobe Gottes
Nun sage ich, Theotimus, es kann wohl vorkommen, dass eine ganz kleine Tugend in einer von glühender Liebe beherrschten Seele mehr Wert hat als selbst das Martyrium in einer Seele, in der die Liebe matt, schwach und schwunglos ist. So waren die kleinen Tugenden Unserer lieben Frau, des hl. Johannes und anderer großer Heiligen vor Gott wertvoller als die erhabensten Tugenden manch kleiner Heiligen und so sind die kleinsten Liebesakte der Seraphim feuriger als die stärksten des niedersten Engelchores; ist ja doch auch der Gesang der noch ungeübten Nachtigallen viel harmonischer als der der geübtesten Stieglitze. (DASal 4, Seite 237)
Kommentiert: Die Liebe gibt allem ihren Glanz
Die Nachtigall liebt ihre Melodie nicht weniger, wenn sie in ihrem Gesang Pausen macht, als wenn sie singt; so lieben auch fromme Menschen die Liebe nicht minder, wenn sie sich den äußeren Notwendigkeiten zuwenden, als wenn sie beten; ihr Schweigen und ihre Stimme, ihre Taten und ihre Beschauung, ihre Beschäftigungen und ihre Ruhe singen in gleicher Weise in ihnen das Lied ihrer Liebe. (DASal 4, Seite 302)
Kommentiert: Alles ist gut, wenn es in Liebe geschieht.
Es genügt, dass wir das Kreuz nicht aus Liebe zum Kreuz verehren, sondern aus Liebe zu Dem, dem es angehört. Die Ehre, die wir dem Kreuz erweisen, gefällt dem Gekreuzigten überaus. Wir verehren das Kreuz nie anders als in der Absicht, den Gekreuzigten zu ehren. Zu eurem Trost gebe ich euch den Rat: wenn ihr das Kreuz anschaut, sollt ihr stets den Gekreuzigten an ihm sehen. So wird euch dieser Baum viel ehrwürdiger, wenn ihr an ihm seine erhabene Frucht hangen seht; ebenso die Dornen mit der Rose und der Weißdorn mit der Nachtigall, die in ihm wohnt. (DASal 9, Seite 60)
Kommentiert: Das Kreuz wäre nichts, wenn Jesus nicht für uns daran gestorben wäre