Perlen
Perlen, die im Brausen des Sturmes und unter dem Krachen des Donners entstehen, sind hohl und haben nur eine schöne Schale aber keinen Kern. So haben auch die guten Eigenschaften und Tugenden der Menschen nur den Schein des Guten ohne Mark, Saft und Kraft, wenn sie unter Hochmut, Prahlerei und Eitelkeit entstehen und wachsen. (DASal 1, Seite 117)
Das Streben nach Tugend und die Liebe zu ihr machen uns allmählich selbst tugendhaft; das Streben nach Ehre und die Anhänglichkeit daran machen uns verächtlich und lächerlich. Vernünftige Menschen befassen sich nicht mit all dem kindischen Getue von Rangstufen, Ehren und Titeln. Sie haben anderes zu tun und überlassen das den Nichtstuern. Wer Perlen haben kann, behängt sich nicht mit Muscheln; wer nach Tugend strebt, kümmert sich nicht um äußere Ehren. (DASal 1, Seite 118)
Kommentiert: Meine Ehre empfange ich nicht von Menschen (Joh.5,41)
Thema: Einzigartigkeit, Vielfalt
Der Herr vergleicht seine Gnade mit Perlen (Mt 13,45), weil jede Perle, wie Plinius (H.n.1,9) sagt, so einzig in ihren Eigenschaften ist, dass man nie zwei findet, die einander vollkommen gleichen. Und so wie ein Stern vom anderen an Klarheit verschieden ist (1.Kor 15,41), so werden auch die Menschen im Stand der Glorie voneinander ganz verschieden sein, ein offenkundiges Zeichen, dass sie es schon vorher im Zustand der Gnade waren. Diese Mannigfaltigkeit in der Gnade oder diese Gnade in der Mannigfaltigkeit bewirkt eine überaus heilige Schönheit und eine wundersame liebliche Harmonie. (DASal 3, Seite 117)
Kommentiert: Du bist einmalig
Die Perlen werden nach der Meinung alter Naturforscher nicht nur im Tau geboren, sondern auch durch ihn genährt. Deshalb öffnet die Perlmutter ihre Schalen gegen den Himmel, gleichsam als wollte sie von dort Tautropfen erbetteln, die die Luft eines kühlen Morgens herabzuträufeln pflegt. So sollen auch wir, die wir von der göttlichen Güte Glaube, Hoffnung und Liebe empfangen haben, unsere Herzen dorthin wenden und geöffnet halten, um die Beharrlichkeit und Vermehrung dieser Tugenden zu erflehen. (DASal 3, Seite 165)
Kommentiert: Gott kommt deiner Sehnsucht entgegen
Im Frühling bereitet der Himmel die frischen Tautropfen und lässt sie über das Meer herabträufeln. Die Perlmutter öffnet ihre Schalen, nimmt die Tautropfen auf und diese verwandeln sich in Perlen. Die Perlmutter aber, die ihre Schalen geschlossen hält, hindert zwar den Tau nicht, sie zu benetzen, wohl aber verhindert sie, dass er in sie eindringe. Hat nun der Himmel seinen Tau nicht auf die eine wie die andere Perlmutter fallen lassen? Warum wird er bei der einen zur Perle, nicht aber bei der anderen? Der Himmel war gleichmäßig freigebig auch für die, die unfruchtbar geblieben ist; er hat alles getan, um auch sie mit Perlen zu befruchten, sie hat aber die Wirkung seiner Wohltat verhindert, indem sie sich abschloß und ihr Inneres verdeckte. Die aber die Perle empfing und vom Tau befruchtet wurde, hat nichts, was sie nicht vom Himmel empfangen hat; nicht einmal das Öffnen der Schale, das sie fähig machte, den Tau aufzunehmen. Denn hätte sie nicht die Strahlen der Morgenröte gefühlt, die sie freundlich lockten, so wäre sie nicht an die Oberfläche des Meeres gekommen und hätte auch ihre Schale nicht geöffnet. (DASal 3, Seite 218)
Kommentiert: Wandlung kann geschehen, wenn ich mich vertrauensvoll öffne
Bedrängnisse sind in Wahrheit gut, deshalb liebte sie der Herr. Wenn die Unwetter aus Perlen bestünden, möchten die meisten sie auf ihren Feldern haben. Doch die Bedrängnis bewirkt Geduld, die Geduld Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung, die Hoffnung jedoch wird nicht zuschanden (Röm 5,3-5). (DASal 9, Seite 168)
Kommentiert: Hoffnung gibt Mut und Kraft, Leid anzunehmen
Thema: Vollkommenheit, Vielfalt
Obwohl unser Kaufmann viele Perlen suchte, fand er jedoch nur eine, die so schön war, dass er alles verkaufte, was er besaß, um sie zu erwerben. Gewiss sind alle Perlen einzigartig, denn wenn man auch viele besitzt, so sind sie doch alle voneinander verschieden und es gibt keine zwei, die sich völlig gleichen. Was ist nun diese einzigartige Perle, wenn nicht die christliche Vollkommenheit? Denn obwohl sie sich in vielen Formen darstellt, ist doch jede von ihnen so verschieden von den anderen, dass man sie einmalig nennen kann. Alle sind schön aber so verschieden voneinander, dass man nicht zwei Menschen begegnet, die auf gleiche Weise zur Vollkommenheit gelangen. Alle streben nach ihr und viele erreichen sie, aber jeder auf andere Weise. Gerade diese Vielfalt macht die Vollkommenheit so schön und anziehend. Und was ist diese einzigartige Perle, welche Vollkommenheit ist diese einmalige? Keine andere als die Vollkommenheit nach dem Evangelium. Man muss nach den Worten Unseres Herrn (Mt 19,21) alles verkaufen, was man hat, um sie zu erwerben: Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und folge mir. (DASal 12, Seite 289)
Kommentiert: Der Weg zur Vollkommenheit ist ein ganz persönlicher und einmaliger