Wie man sich in Gottes Gegenwart versetzt
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Franz von Sales ist davon felsenfest überzeugt: „Gott ist in allem und überall; es gibt keinen Ort und kein Ding, wo er nicht wirklich gegenwärtig wäre“ (DASal 1,73). Deshalb empfiehlt er, sich diese Gegenwart Gottes immer wieder bewusst zu machen, am Beginn einer jeden Tätigkeit, aber vor allem am Beginn des Gebetes. Uns soll dadurch klar werden,
Dieses Sich-Versetzen in Gottes Gegenwart ist so wichtig, dass wir nie darauf verzichten sollten. Konkret könnten wir uns diese Haltung einüben, in dem wir am Beginn des Betens einen der folgenden Vorschläge anwenden:
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Wenn ich das Kreuzzeichen mache, dann berühre ich mit meiner rechten Hand die Stirn, die Brust und die Schultern. Dieser Vorgang ist einer der einfachsten Methoden, um sich die Gegenwart Gottes bewusst zu machen. Während ich das Kreuzzeichen mache, kann ich mir nämlich verdeutlichen: Gott ist in meinen Gedanken (Kopf), in meinem Herzen (Brust) und er umgibt mich mit seiner Gegenwart (Schultern).
Diese Übung empfiehlt sich natürlich in einer Kirche, wenn ich mich zum Beten vor dem Tabernakel niederlasse, vor dem das Ewige Licht brennt. Im Betrachten des Ewigen Lichtes mache ich mir klar: Gott ist im Sakrament der Eucharistie mitten unter uns gegenwärtig. Das Ewige Licht ist das Symbol dieser ewigen Gegenwart. Es erinnert mich: Gott ist da, bei mir.
Oft zünde ich beim Beten eine Kerze an. Auch diese einfache Handlung kann mir helfen, mich in die Gegenwart Gottes zu versetzen. So wie die Kerze ihr Licht verströmt und den Raum erhellt, so ist Gott bei mir mit seinem Licht und seiner Wärme.
Ich achte am Beginn meines Betens einmal bewusst auf meinen Atem. Ich atme tief ein und aus. Normalerweise atme ich völlig unbewusst, außer ich bin außer Atem oder leide an Atemnot. Genauso unbewusst lebe ich normalerweise in der Gegenwart Gottes. Gott aber ist da, so wie die Luft, die ich jetzt einatme, und ohne dass ich groß darauf achte, schenkt mir Gott das Leben. Genauso wenig wie der Mensch ohne Luft leben kann, kann er ohne Gott leben. Gott ist bei mir, wie die Luft, die ich ein- und ausatme.
Ich schließe die Augen und fühle in mich hinein, in mein Innerstes, in mein Herz. Ich spüre, wie es klopft, und jeder Pulsschlag bewegt Leben spendendes Blut durch meinen Körper. Das Herz ist mein Motor. Hört das Herz zu schlagen auf, endet mein irdisches Leben. Gott wohnt in meinem Herzen, dort wo der Puls des Lebens schlägt. Er ist meine Lebenskraft.
Ich höre einmal ganz bewusst auf die Stille, die mich umgibt. Sehr bald erlebe ich, dass diese Stille keineswegs vollkommen ist. Ich nehme die unterschiedlichsten Geräusche war. Genauso wie die Stille von Geräuschen durchdrungen wird, ist Gott in meinem Leben anwesend. Im leisen Säuseln, nicht im Sturm oder im Lärm, gab sich Gott dem Profeten Elija am Berg Horeb zu erkennen. So auch jetzt: Die Stille ist erfüllt von Gottes Gegenwart.
Ich kann am Gebetsbeginn auch einmal leise Musik laufen lassen, die mir gut gefällt. Ich konzentriere mich auf diese Melodie und mache mir klar: So wie diese Melodie den Raum erfüllt, so bringt Gottes Gegenwart diesen Raum zum Klingen.
Wenn ich bete, dann bete ich auch mit dem Körper. Daher gibt es den Begriff Gebets-Haltung. Den Körper in eine gute Position zu bringen, ihm eine gute Haltung zu geben, ist eine Methode, sich der Gegenwart Gottes bewusst zu machen. Ich bringe durch meine Körperhaltung zum Ausdruck, dass Gott da ist. Wenn jemand mein Zimmer betritt, dann verändert sich automatisch meine Haltung. Je nach dem, wie meine Beziehung zu dieser Person ist, wird sich meine Haltung entsprechend anpassen. So nehme ich ganz bewusst jene Haltung ein, die meiner Meinung nach am Besten zum Ausdruck bringt, dass Gott da ist.
Ich stelle mir vor, dass ich von einem lieben Menschen Besuch erhalte. Er kommt bei der Tür herein, setzt sich neben mich und ich fühle mich in seiner Gegenwart wohl. Ganz genauso verhält es sich mit Gott. Er betritt den Raum, in dem ich mich aufhalte. Er freut sich, mich beim Gebet zu sehen, er setzt sich neben mich und ist bei mir. Ich fühle mich in seiner Gegenwart wohl.
Diese Übung empfiehlt sich, wenn ich in Gemeinschaft bete. Ich schließe meine Augen und erspüre bewusst die Anwesenheit der anderen Personen. Ich mache mir klar: Jeder Mensch ist nach dem Ebenbild Gottes erschaffen, er ist Tempel des Heiligen Geistes. So wie diese Menschen um mich anwesend sind, so ist Gott unter uns gegenwärtig, der gesagt hat: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Ich kann mir am Beginn des Gebetes auch einmal ein Stück Schokolade oder eine andere Süßigkeit gönnen und mir bewusst machen, dass Gott bei mir ist, so wie der süße Geschmack, der jetzt auf meiner Zunge zergeht. Gott hat sich uns geschenkt als das Brot des Lebens. Er ist für uns zum Nahrungs- und Lebensmittel geworden. Ohne ihn verliert unser Leben seinen Geschmack. Seine Gegenwart jedoch ist köstlich.
Herbert Winklehner OSFS