„Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel“

(Mt 20,16-20)

Liebe Schwestern und Brüder,

„Es ist tröstlich festzustellen, dass die moderne Gesellschaft alles daransetzt, das Stammeswesen wieder einzuführen, nur eben in einem gigantischen, nationalen oder gar internationalen Maßstab. Billige Druckerzeugnisse, drahtloses Telefon, Eisenbahn, Automobile, Grammophone und all das andere ermöglichen es, den Zusammenhalt eines Stammesverbandes - nicht mit einigen tausend, sondern mit Millionen von Mitgliedern - zu gewährleisten ... „ - ein Zitat aus dem Jahre 1925 von Aldous Huxleys Roman „Jene dürren Blätter“.

Fast genau 40 Jahre später, 1964, prägte der kanadische Kommunikationswissenschaftler Herbert Marshall McLuhan angesichts der Entwicklungen auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnik den Begriff des „globalen Dorfes Erde“ und prophezeit: „nach mehr als einem Jahrhundert Elektrotechnik haben wir unser Zentrales Nervensystem zu einem erdumspannenden Kommunikationsnetz ausgeweitet, das die Unterschiede in Raum und Zeit auf unserem Planeten aufhebt.“

Und heute sind diese Worte vom „globalen Dorf“ oder dem „gigantischen internationalen Stammesverband“ noch mehr realisiert. Die Computer- und Kommunikationstechnik machts möglich: Zeitung, Telefon, Radio und Fernsehen zählen dabei zu den guten alten Antiquitäten. Bildschirmtext, Glasfaserkabelkommunikation oder Videokonferenzen klingt da schon moderner. Aber wie klingen doch Begriffe wie Infotainment oder Thinking Machine Cooperation, wie gewaltig klingt der Name des schnellsten Computers der Welt, der Connection Machine, die mehrere Milliarden Gleitkommaoperationen pro Sekunde bewältigt, wie romanhaft klingen Begriffe wie Daten-Autobahn, Computeragenten, Wissensfilter, Integriertes Sprach- und Datennetz.

Im März 1990 erklärte der damalige deutsche Bundesminister für Post- und Telekommunikation, Christian Schwarz-Schilling, dass für das Informationsmanagement weltweit etwa 1500 Milliarden Mark ausgegeben werden. Im Jahre 2000 waren es fünfmal soviel, nämlich 7000 Milliarden Mark oder etwa 3500 Milliarden EUR. In der Europäische Gemeinschaft gab es auf diesem Gebiet im Jahre 2000 unglaubliche 60 Millionen Arbeitsplätze. Der Journalist - der herkömmliche Informationsproduzent - wird dabei nur eine kleine Rolle spielen.

Angesichts dieser Begriffe und Zahlen gibt es zwei Möglichkeiten der Reaktion: Hoffnung oder Angst. Hoffnung, dass sich mit Hilfe der neuen Techniken die Welt tatsächlich näher kommt und die guten Beziehungen zueinander verstärkt werden. Angst, dass plötzlich das entsteht, was George Orwell in seinem Roman „1984“ beschreibt: eine total kontrollierte Welt. Big brother is watching you: der große Bruder beobachtet dich und schränkt dir deine Freiheit total ein. Angst, dass plötzlich das entsteht, wovon Aldous Huxley schreibt: „eine Welt, in der alle das selbe denken und tun.“

Kommunikationstechnik bedeutet natürlich auch Macht - politische, aber besonders wirtschaftliche Macht. Nicht umsonst spricht man von Computergiganten oder Kommunikationsimperien. Wichtig ist, dass man Macht, gleich welche, zu dem benützt, wozu sie auch Jesus Christus verwendete. Jesus sagt im heutigen Evangelium: „Gott, du hast mir, deinem Sohn, die Macht über alle Menschen gegeben, damit ich allen das ewige Leben schenke.“ Darauf kommt es an: Macht so zu gebrauchen, dass dem Menschen Leben geschenkt wird.

Vor fast genau 400 Jahren erlebte die Informationstechnik nach der revolutionären Erfindung des Buchdruckes ihre erste große Zeit, im negativen wie im positiven Sinn. Damals war es das Flugblatt, das Macht über die Menschen gewann. Während der Reformation entwickelte sich unter den Gegnern eine wahre Flugblattschlacht. Der Wiener Kommunikationshistoriker Helmut Laang nennt diese Flugblätter: „agitatorische Kampfschriften.“ Die Meinung des Volkes wurde dadurch hochgradig manipuliert, wobei die katholischen Vertreter den Reformatoren in nichts nachstanden. Der erste, der die Macht eines Flugblattes nicht missbrauchte, sondern für den Menschen verwendete, war der hl. Franz von Sales. Aus diesem Grund ist er heute der Patron der Journalisten. Und ich glaube, seine Art und Weise des Umganges mit den Kommunikationsmitteln seiner Zeit, kann uns auch heute Kriterium sein für den Umgang mit den Techniken unserer Zeit.

Franz von Sales verwendete das Flugblatt nicht um zu manipulieren, sondern um den Menschen die Wahrheitsfindung und Entscheidungsfreiheit zu ermöglichen. Er wollte den Menschen sachlich darüber informieren, was die Lehre der Katholischen Kirche ist. Und wenn man seine Flugblätter liest, dann handelt es sich dabei nicht um Kampfschriften, sondern um klare Aussagen, die von der Achtung der Personenwürde getragen sind.

Darum sollte es eigentlich auch heute noch gehen. Und wenn erst vor kurzem die Woche „Eine Welt für alle“ von den Massenmedien großartig aufgegriffen wurde, dann sollten wir dabei nicht vergessen, dass all diese Kommunikationswunder wiederum nur in den Industrienationen passieren, dass auch da ein Großteil der Welt arm ist. Dreiviertel der Weltbevölkerung lebt zum Beispiel in Ländern, in denen es pro hundert Einwohnern weniger als 10 Telefone gibt. Damit diese Länder auf unseren Technikstand kommen, heißt es in einem Bericht der UNO-Kommission für weltweite Entwicklung, wäre 20 Jahre lang eine jährliche Investition von rund 20 Milliarden Euro notwendig. Auch hier könnte uns Franz von Sales ein Kriterium angeben. Er gebrauchte das Flugblatt ja auch deswegen, dass jene Menschen, denen verboten wurde, zu seinen Predigten zu kommen, ebenso diese Informationen erhalten.

Benutzt eure Macht, damit die Menschen das Leben geschenkt bekommen, damit sich die Menschen näher kommen, darum sollten wir anlässlich des Welttages der Sozialen Kommunikationsmittel beten. Amen.

Herbert Winklehner OSFS


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