Zum Fest der Heiligen Philippus und Jakobus (5. Sonntag nach Ostern
Grenoble, 1. Mai 1622 (OEA VIII,405-409; DASal 9,196-198)
Amen, amen, ich sage euch: wenn ihr den Vater in meinem Namen bittet, wird er es euch gewähren (Joh 16,23). Wenn ihr mich in meinem Namen um etwas bittet, werde ich es tun (Joh 14,14). Nachdem Christus den Jüngern die Füße gewaschen, den Verrat des Judas und Petrus vorhergesagt hatte, sprach er in den folgenden Kapiteln Worte des Trostes, voll der Geheimnisse zu den Jüngern. Unter anderem tröstete er sie damit, daß er ihnen zwar seine sichtbare Gegenwart entziehen, sie aber immer mit seinem Beistand beschützen und erhören werde. Das drückt er auf zweifache Weise aus: wie am Anfang des Sonntags-Evangeliums: Amen, amen, ich sage euch: wenn ihr den Vater in meinem Namen bittet ..., und wie am Schluß des Evangeliums der Festmesse: Wenn ihr mich in meinem Namen um etwas bittet, werde ich es tun. Sowohl in dem einen wie in dem anderen Wort wird die Macht der Bitte und des Gebetes ausgedrückt. Deshalb müssen wir vom Gebet überhaupt sprechen, und die Bittage verlangen es so. Wir können jedoch über das Gebet nur sprechen, wenn Gott uns belehrt. So müssen wir mit den Aposteln (Lk 11,1) sagen: Herr, lehre uns beten. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bittet, wird er es euch gewähren.
1. Man muß die Irrtümer der Messalianer oder Euchiten vermeiden, die (dem Gebet) zu viel (zuschreiben), und die Irrtümer der Pelagianer und der Wiclefiten. Vgl. Bellarmin, Band 3 (Kontroversen) Von den guten Werken.
2. Wiclef verwendet die Unterscheidung der echten Theologen und Heiligen falsch (drei Formen des Gebetes: mündlich, geistig, Gebet des Lebens oder der Werke); wir müssen sie richtig anwenden.
(Mündliches Gebet) Ps 142,1: Mit meiner Stimme rief ich zum Herrn; mit meiner Stimme habe ich den Herrn angefleht. Augustinus und die Übung der Kirche: Herr, öffne meine Lippen, und mein Mund wird dein Lob verkünden (Ps 1,17). „Durch heilbringende Anordnung gemahnt und durch göttliche Belehrung angeleitet ...“ (Missale).
Geistesgebet: Jes 38,14: Wie das Schwalbenjunge rufe ich und sinne nach wie die Taube. Ps 119,97: Wie liebe ich dein Gesetz, Herr! Den ganzen Tag ist es Gegenstand meiner Betrachtung. Eine schöne Stelle, Ex 14,15: Was rufst du nach mir? Bernhard (Sermo 16 zu Ps 90, § 1): „Das Rufen ist in den Ohren Gottes ein heftiges Verlangen.“ Bei Gott zählt weniger das Rufen als die Liebe. Cassiodor, zu Ps 17: „Vollkommen ist das Gebet, das ruft durch seinen Grund und seine Sprache, durch das Leben und Denken.“
Gebet des Lebens. Sir 29,15: Verbirg, verschließe das Almosen in der Brust, im Herzen des Armen, und es wird selbst für dich beten zum Herrn. Abt Lucius im „Leben der Väter“, bei Corneille im Kommentar zu 1 Thess (5,17f), S. 697. So haben im Altertum die Fürsten Klöster gegründet und gründen fromme Männer Klöster, in denen immer gebetet wird und sie selbst immer mit den Betenden beten, wie Saulus durch die Hände der Steinigenden (steinigte: Apg 7,57.59).
3. In jedem Gebet wird immer Gott um etwas gebeten; ihm dienen wir, unnütz nicht für uns, sondern für Gott (Lk 17,10): Ich neigte mein Herz, zu tun ... (Ps 119,112). Dreierlei wird jedoch festgestellt: Wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bittet, wird er es euch gewähren. Also sind vor allem zwei Worte zu erklären. Den Vater. Ps 121,1: Ich habe meine Augen zu den Bergen erhoben. Jedes Gebet ist an Gott gerichtet. Ps 123,1: Zu dir erhebe ich meine Augen, der du in den Himmeln wohnst. Wenn wir Vater sagen, sprechen wir von der ganzen Dreifaltigkeit; so heißt es nämlich bei Johannes (14,14): Wenn ihr mich in meinem Namen um etwas bittet, werde ich es tun. Joh 10,30: Ich und der Vater sind eins. Joh 14,9f: Wer mich sieht, Philippus, sieht auch meinen Vater. Wißt ihr nicht, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist? Wir erbitten zwar etwas von den Heiligen, aber nicht unmittelbar, sondern wir bitten, daß unsere Gebete durch ihre Gebete unterstützt werden. Deshalb: „Erhebt die Herzen; wir haben sie beim Herrn“ (Präfation).
In meinem Namen, als Mittler. (So beteten schon die Alten, wenn auch nicht ausdrücklich; jetzt deutlicher, ausdrücklicher, wie klarer geglaubt wird.) Anders sind wir nicht wert, daß wir beachtet werden. Ps 132,10: Um Davids, deines Dieners willen weise das Antlitz deines Gesalbten nicht ab. Das Gebet ist allmächtig, denn „es ist wahrhaft würdig und recht“, daß der Sohn vom Vater erhört wird. Röm 8,15: Ihr habt nicht den Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern ihr habt den Geist der Kinder empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater. Ps 83,10: Schau auf das Angesicht deines Gesalbten. Das Gebet des Abtes Johannes (Corneille, S. 565). Jakob am Fuß der Leiter (Gen 28,12). So sind von Anfang an alle Gebete der Kirche; sie beginnt mit dem Kreuzzeichen und schließt mit dem Kreuzzeichen.
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