Salesianische Zweimonatsschrift "Licht"
Ausgabe Mai / Juni 2004
Keine Sorgen für das Morgen
Meine Zukunft gehört der Vorsehung Gottes
Dass wir Menschen über unsere Zukunft nachdenken können,
bringt auch etwas Gefährliches mit sich, nämlich Angst: Verliere
ich plötzlich meine Arbeit, Menschen, die mir wichtig sind oder gar
mein Leben? Franz von Sales riet bei solchen Ängsten dazu, die Zukunft
getrost Gott zu überlassen. Marita Doleschal zeigt, wie sie im Alltag
diese Empfehlung umsetzt.
„Gott wünscht von uns mehr die Treue bei den kleinen
Dingen,
die in unserer Macht liegen, als Eifer für große Dinge,
die nicht von uns abhängen.“ Franz von Sales (vgl.DASal
6,37)
„Haben Sie doch keine Sorge um das Morgen (Mt 6,34); denken wir
nur daran, das Heute gut zu machen; und wenn der morgige Tag kommt, heißt
auch er wieder heute und dann werden wir an ihn denken. Auch darin müssen
wir großes Vertrauen und große Hingabe an die Vorsehung Gottes
haben.“ (DASal 6,41f)
Das Morgen vergessen?
Wie geht es Ihnen, wenn sie diese Verse lesen? Mir ist beim ersten Lesen
schon ein wenig die Luft weg geblieben, und mein erster Gedanke war: Typisch
Bischof und Priester, wie leicht sich der redet. Wir, Eheleute und Eltern,
müssen uns doch um das Morgen sorgen. Wir müssen Vorsorge treffen,
für unsere Rente, unsere Wohnungen, unsere Kinder, unsere Eltern
…
Nachdem ich dann näher darüber nachgedacht habe, und mir ein
wenig konkreter das Leben des heiligen Franz von Sales bewusst machte,
ist mir aber aufgefallen, dass dieser Bischof so sorglos ja doch nicht
gelebt hat. Er hatte immer Ideen und Pläne, sogar mehr als er verwirklichen
konnte. Seine Sorgen um die Kirche und die damaligen Missstände waren
nicht gering. Er predigte und lehrte, kümmerte sich um die verschiedensten
Menschen, teils persönlich, teils brieflich und oft bis tief in die
Nacht hinein. Gar so sorglos, wie er mir beim ersten Gedanken vorkam,
ist er doch nicht gewesen. Und trotzdem gibt er uns diese Sätze mit
auf den Weg. Trotzdem sagt er uns: Lebe im Heute! Mach das Heute gut!
Schau, was das Heute dir alles Gutes bringt und vertrau darauf, dass dir
das Morgen auch wieder gut gesinnt sein wird.
Das Heute im Blick behalten
Sicher kennen auch Sie solche Phasen im Leben: Wir meinen, unsere Sorgen
würden uns über den Kopf wachsen. Da klappt es im Betrieb nicht
so wie wir es uns wünschen, da haben unsere Kinder plötzlich
Probleme in der Schule oder sind sogar krank, da hat der Ehemann Sorgen
in seinem Beruf, da werden die Eltern älter und wir fragen uns, wie
wird das noch werden …
In diesen Momenten kann es leicht sein, dass wir das Heute vor lauter
Sorgen übersehen. Wir haben gar keinen Blick mehr für die schönen
ganz alltäglichen Dinge. Wir sehen nicht mehr die Sonne scheinen,
noch spüren wir den Wind auf unserer Haut, wenn wir mehr zufällig
doch einmal spazieren gehen. Unsere Gedanken kreisen ständig um das
Morgen und wir sind dabei ganz gefangen von ihnen. Manchmal meinen wir
auch, wir könnten unsere Sorgen gar nicht loslassen. Schließlich
ist es unsere Pflicht, für unsere Familie zu sorgen, uns um sie zu
kümmern …
Dies alles stimmt und es stimmt auch nicht. Denn die Worte des heiligen
Franz von Sales wollen uns nichts anderes sagen als: Habt einfach –
wenigstens ein bisschen – Vertrauen zu diesem Gott. Glaubt daran,
dass euer Leben in seinen gütigen Händen liegt, werft eure ganze
Sorge auf ihn, er wird euer Leben trotz allem froh und glücklich
machen.
Wo der Mensch machtlos ist
Wenn ich das so schreibe, dann will ich sicher nicht damit sagen, dass
mir eine solche Haltung leicht fällt. Auch mir ist es lieber, wenn
ich alles in meinen Händen habe. Wenn ich bestimmen kann, wo es lang
geht, welchen Weg meine Familie einschlägt. Und trotzdem hat sich
in meinem Leben schon des Öfteren gezeigt, dass es genügend
Situationen gibt, in denen ich einfach nichts mehr tun kann. Ganz unabhängig
davon, ob mir dies recht ist oder nicht. Und gerade aus dieser Erfahrung
heraus weiß ich, dass es einfach tröstlich ist zu wissen, dass
Gott sich schon um das Morgen kümmern wird. Es nimmt mir eine große
Last.
Denn oft hat das Heute ja eh schon genug Aufgaben, Probleme, Sorgen, die
bewältigt werden wollen. Heute versuche ich mit den Menschen um mich
herum zu leben. Heute mache ich die Dinge, die heute für mich dran
sind, ganz egal wie sie ausschauen, ob Hausaufgaben korrigieren, kochen,
putzen, im Büro sein oder mich für verschiedene Zwecke engagieren.
Heute lege ich meine Aufmerksamkeit und Liebe auf all das, im Vertrauen
darauf, dass Gott schon für unser Morgen sorgen wird, so wie Jesus
selbst in der Bibel uns versichert hat: Sorgt euch nicht um morgen, euer
himmlischer Vater weiß schon, was ihr braucht (vgl. Mt. 6,32–34).
Auch wenn es uns modernen Menschen sicher schwer fällt, eine solche
Haltung einzuüben, so finde ich es doch sehr spannend, es immer wieder
zu versuchen. Vielleicht erleben wir ja doch zumindest ein wenig bruchstückhaft,
dass Gottes Liebe und Vorsehung es besser mit uns meinen, als wir je zu
denken gewagt haben.
Marita Doleschal, von Beruf Bankkauffrau,
ist verheiratet, hat zwei Kinder und
lebt in Immenreuth, Bayern
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