Salesianische Zweimonatsschrift "Licht"
September / Oktober 2010


Schnelle Liebe,
jetzt gleich!??
Leo Schlamp

Als ich mich neulich aus meinem Email-Account ausloggte, kam mir ein Pop-up entgegen: SCHNELLE LIEBE – jetzt gleich HIER einloggen! Schnelle Liebe? Gibt’s eigentlich eine langsame auch? Und was ist überhaupt dieses Gefühl? Wann habe ich mir in meinem Leben schon gedacht: Das ist Liebe?

Ein Jahr der schnellen Liebe

Vor knapp zwei Jahren zog ich von Scheyern bei Pfaffenhofen in Bayern nach Wien. Von einem 3000-Seelen-Ort in eine Zweimillionenstadt. Schnelle und große Veränderung. Ich hatte gerade mein Abitur gemacht und ging meiner Sommerarbeit – Kellnerei im Bierzelt – nach. Auf einmal stand SIE da: blond, blaue Augen. Ich dachte mir: Jetzt oder nie! Es stellte sich nachher heraus, dass die Dame aus Amstetten kam, einem Ort, nicht weit von Wien entfernt. Volltreffer!
Wohnung, Studienplatz perfekt und jetzt auch noch eine Freundin. Doch so schnell die Liebe in mein Leben kam, verschwand sie auch wieder. Ich wurde ausgenutzt, hintergangen, und von Liebe keine Spur. Ich änderte mein Leben und steckte meine verlorene Liebe in die Arbeit. Was war die schnelle Liebe schlussendlich für mich? Ein anfänglich tolles, Berge versetzendes Gefühl, das schnellen Schrittes wieder das ruhige Tal suchte und irgendwo so schnell verschwand, wie es auftauchte.
Jedoch wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass ein Kaktus auch lieb sein kann.

Der Kaktus der langsamen Liebe

An einem Freitag ging ich mit einem Arbeitskollegen in ein Wiener Lokal, das Kaktus. Hier lernte ich, dass ein Kaktus auch lieb sein kann. Meine jetzige Freundin sprach mich an, ein Missverständnis eigentlich. Wir lernten uns langsam, Stück für Stück, näher lieben, kennen und verstehen. Zunächst hatte ich Angst, dass es sich wieder nur um schnelle Liebe handeln könnte. Aber die Zeit belehrte mich eines besseren.
Was denke ich zurzeit über die Liebe?
Zum täglichen Miteinander, ja zum gegenseitigen Lieben, vor allem in einer Beziehung, gehört auch das Streiten, was ich anfangs nicht ganz verstand. Sie werden überrascht sein, wenn ich diesen Punkt als ersten anführe. Jedoch gehören Meinungsverschiedenheiten unter uns Menschen aufgrund von unterschiedlichen Ansichten, Überzeugungen und Stimmungsschwankungen einfach dazu, auch in der Ehe oder Beziehung.
So musste ich mich erst mal daran gewöhnen, dass das Streiten ein Teil meines Lebens ist. Nur, man sollte es nicht zum festen Programmpunkt werden lassen!
Ich streite jetzt noch nicht gern, aber irgendwann kommt es halt einfach auf einen zu und man muss dann eben! Wichtig ist für mich, dann einen Neuanfang zu machen, einen Schlussstrich zu ziehen und aus dem Gesprochenen erkennen, was man in Zukunft besser machen kann oder sein lassen sollte, und dann auch tun.
Versöhnen und Streit, das gehört zur Liebe. Im Streiten kämpft man ja auch um die Liebe. Schön, wenn man den Kampf dann gewinnt, sich dann versöhnt und umarmt.
Das wichtigste jedoch, so finde ich, ist das Reden. Reden, Reden, Reden und offen zueinander sein. Ich bin ein Mensch, der wenig redet, sondern eher Taten sprechen lässt. Also wieder eine Handlung, die ich lernen musste. Eine Beziehung ist keine leichte Geschichte. Es steckt extrem viel Arbeit dahinter. Man muss miteinander viel Zeit investieren, sich neue Ansätze einfallen lassen, wie man seinem Partner mit einer Überraschung den Abend versüßt oder, wie gesagt, einfach nur um zu reden. Und zum Reden gehört vor allem das Zuhören.
Beim Zuhören ist man körperlich und hoffentlich auch geistig anwesend. Es gehört beides dazu. Körperlich, wenn sich mein Partner bei mir ausweinen und umarmt werden will, und geistig, wenn man sich offen zeigt für die Sorgen und Nöte, aber auch für das Schöne, das man miteinander erlebt.

Jedes Herz ist anders

Ich habe jetzt sehr viel über die Liebe in einer Beziehung geschrieben und weniger über das Herz. Meines Erachtens ist das Herz die Grundlage jeden Liebens. Fehlt das Herz in einer Beziehung, so fehlt auch der Nährboden für eine gelebte, gemeinsame Liebe.
Natürlich, auch Menschen lieben sich in Freundschaften. Ob Frau-Frau, Mann-Mann oder Frau-Mann, keine Frage. Jede Liebe, und damit auch jedes Herz, ist verschieden, jede Liebe wird unterschiedlich gelebt. Gerade das finde ich sehr spannend, weil man daraus vielleicht neue Ansätze für seine Liebe sehen und mitnehmen kann. Ich habe gelernt, dass Liebe wie die Sonne ist. Wenn sie da ist und sie scheint, ist es ein wunderbares Gefühl. Wenn sie durch Wolken verdeckt ist, ist man schlecht gelaunt und es kommt keine richtige Freude auf. Wenn sie jedoch zu stark scheint, kann man einen Sonnenbrand bekommen, und scheint sie zu schwach, ist mir kalt und ich brauche eine Jacke. Das richtige „Wetter“ zu finden, ist sehr sehr schwer.
Jetzt am Schluss meines Artikels fällt mir auf, dass ich beim Schreiben noch mal die Gefühle der schnellen und langsamen Liebe durchlebte. Bei der schnellen Liebe waren es mehr Gefühle und die alt-bekannte rosa-rote Brille. Bei der langsamen ist das Fundament schon ein ganz anderes. Es ist geprägt von Freundschaft, gutem Herz, Liebe, gutem Geist, Gegenseitigkeit und starker Zweisamkeit. Liebe ist ja nicht nur ein Wort. Es sind Worte und Taten und dies tagtäglich. Ich wünsche Ihnen, dass Sie den tagtäglichen Kampf überstehen und die Sonne der Liebe gerade richtig auf Sie scheint.

Leo Schlamp studiert Wirtschaftspädagogik an der Universität in Wien, Österreich


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