Salesianische Zweimonatsschrift "Licht"
November / Dezember 2009

 

Das Fazit eines jungen Pensionärs
Thomas Schmeckpeper

Im Januar kommenden Jahres erwartet mich mein 25. Geburtstag. Damit werde ich zumindest für die Licht-Rubrik „Jugend meint“ das Pensionärsalter erreicht haben. Und was tut ein Mensch nach getaner Arbeit? Ein Fazit ziehen. Gott tat dies am siebten Tag. Ich werde meinen 30. Artikel hierzu nutzen:

Um des Denkens willen

Viel wird über Gott geredet. Der eine tut es überzeugt, der andere zweifelnd, ein anderer aus Freude und Liebe, der nächste aus Furcht und Angst. Ich habe mich munter daran beteiligt, mal überzeugt, mal zweifelnd, mal erwartungsvoll und manchmal auch wütend. Ich habe mein Denken und meine Beziehung zu dieser letzten Konsequenz, zu dieser persönlichsten aller Fragen offen dargelegt, vor Lesern, deren meisten Namen und Gesichter ich nicht kenne. Wer hat mich gelesen? Überzeugte Priester? Hoffnungsvolle Hausfrauen? Gestresste Geschäftsmänner? Gelangweilte Rentner? Kiffende Studenten? Ich hoffe, von allem war ein bisschen dabei.
Dass dieses Thema Gott so persönlich und existenziell ist, macht es spannend und emotional zugleich: Wer sich meinem Bild von Gott in den Weg stellt, stellt sich auch ein Stück weit meinem Lebenskonzept in den Weg. Diskussionen darüber überhitzen sehr schnell. Und auch ich bin vielen nicht zuletzt durch manchmal etwas ungezügelte Polemisierungen auf den Schlips getreten. Nun bin ich kein Politiker, keiner Reputation zwecks Wahlkampfs oder political correctnes verpflichtet, und werde deshalb gerne zugeben, dass viele Provokationen bewusst und zugespitzt von mir gewählt wurden. Nicht jedoch um des Ärgerns willen, sondern um des Denkens willen.

Selig, die nicht denken?

Ich erinnere mich an einen Leserbrief, in dem sich der Absender über meine „undurchdachte und zurechtgebastelte Wahrheit“ ausließ. Meine gekürzte Antwort an ihn lautete: Undurchdacht, Nein! Zurechtgebastelt, Ja! Leider – es hätte mir doch so viel erspart! – legte mir niemand das Urwissen in die Wiege. Für den Fall wäre ich auch längst Religionsstifter geworden, und nicht Mitarbeiter beim LICHT. Aber ich bin das Wagnis eingegangen, meine Gedanken und Spekulationen der Öffentlichkeit preiszugeben, wo sie auf andere „Wahrheiten“ trafen, in der tiefen Überzeugung, dass, wenn ein Thema des Denkens wert wäre, so das Thema Gott. Selig, die nicht sehen und doch glauben! Aber: Selig, die nicht denken und doch glauben?
„Homo homini lupus“, behauptete Thomas Hobbes und meinte, der Mensch sei dem Menschen ein Wolf. Manche lassen auch die Interpretation zu: Der Mensch ist dem Menschen ein Gott.
Ich aber behaupte lieber: Der Mensch ist dem Gott ein Wolf! Und zwar genau dann, wenn der Mensch sich nährt und selbst erklärt und dabei glaubt, Gott verspeist zu haben. Aber Gott bietet sich uns nicht auf dem Präsentierteller dar. Wer, wenn nicht Gott, entzieht sich unserem grobmaschigen Netz des Sehens und Begreifens? Wer, wenn nicht Gott, entzieht sich jeglichem Versuch der Domestizierung durch den Menschen?

Menschen erreichen

Das Schreiben für LICHT war eine tolle Erfahrung – eine Erfahrung auch und vor allem mit mir selbst. Wer Gedanken zu Papier bringt, ist gezwungen, Gedanken zu überdenken, umzuformulieren, zu verwerfen oder weiterzuentwickeln. Das geschriebene Wort ist verbindlicher, deshalb auch risikoreicher. Es bietet mehr Reibungs- und Angriffsfläche, als das gesprochene Wort. Aber es ist auch unabhängiger von Zeit und Raum. Es zieht einen größeren Radius. Es kann mehr Menschen erreichen. Für diese Möglichkeit, Menschen zu erreichen, danke ich Pater Winklehner und dem Rest der LICHT-Redaktion, die die Geduld und manchmal auch den Mut hatten, die Leserschaft mit meinen Gedanken zu konfrontieren.
Und an die, die ich erreicht habe: Meine Gemütslage hat sich stets auch auf das geschriebene Wort abgefärbt, so wie das geschriebene Wort sich vielleicht auf ihre Gemütslage abfärbte. Glauben Sie mir bitte die ehrliche Hoffnung, mehr Falten des Grübelns und Lächelns als solche des Zornes auf ihren Gesichtern provoziert zu haben. n

Thomas Schmeckpeper ist Student für Philosophie und Geschichte und lebt in Köln, Nordrhein-Westfalen

 

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