Salesianische Zweimonatsschrift "Das Licht"
Ausgabe 2 März/April 2000

 

Barbara Reichmeyer

Der dreifaltige Gott
Das Paradoxe am Christentum

Die Gleichung, dass "Drei gleich Eins" ist, mag man mathematisch als Unfug abtun, für die christliche Lehre von der Dreifaltigkeit ist er wesentlich. Auch Franz von Sales setzte sich zu seiner Zeit mit dem Satz von der Trinität aus-einander. Barbara Reichmeyer schreibt, was er für eine Frau im 21. Jahrhun-dert bedeuten kann.

"Gott ist Vater und Sohn und Heiliger Geist. Diese drei Personen aber sind nicht mehrere Gottheiten, sondern ein Gott."
Franz von Sales (vgl. DASal 7, 27)

"Aller guten Dinge sind drei." Haben Sie nicht auch schon öfter dieses Sprichwort gehört und sich vielleicht manchmal auch gedacht "Da ist was dran!" oder eher "So ein Unfug!"
Die Zahl "DREI" scheint auf viele Kulturen eine schier magische Wirkung gehabt zu haben. Selbst vom Christentum noch nicht berührte Kulturen wie die Kelten glaubten an die heilige Wirkung der Zahl; in kaum einem Märchen jeglicher Kultur hatte der König mehr als DREI Töchter. Oder es waren DREI Königssöhne, die um die Hand einer wunderschönen Königstochter warben ...

Schwieriges Bekenntnis
"Ich glaube an den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist. – Ich glaube an den dreifaltigen Gott." Geht es Ihnen nicht manchmal so wie mir: Selbstverständlich sprechen Sie das Bekenntnis der Trinität und können doch wenig anfangen mit dem, was Sie da beten? Einfach, weil es selbstverständlich ist und damit unreflektiert?
Die Vorstellung, dass es einen Vater, einen Sohn und einen Heiligen Geist gibt, die alle miteinander " EIN Gott" sein sollen, geht, wenn wir ehrlich sind, über unseren Horizont, über unser Vorstellungsvermögen. Dies gab in der weiter entfernten Vergangenheit auch immer wieder den Vorwürfen Nahrung, dass das Christentum in Wahrheit kein monotheistischer Glaube ist. Die Christen hingen doch mehreren Göttern an, weil sie mehrere Personen verehrten.
Aber wollen wir überhaupt Gott immer in drei Personen verehren? Ich behaupte: Nein! Denn an einen Vater und einen Sohn und an die "ruach" (hebräisches Wort für "Heiliger Geist") zu glauben, bedeutet einige Schwierigkeiten und Umwege in Kauf zu nehmen. Und: An einen solchen Gott zu glauben bedeutet erwachsen zu sein.
Wie einfach und unkompliziert wäre es doch manchmal mit einem Vater-Gott, der keinen Sohn hätte und auch keine Liebe, die in der "ruach" (ich verwende bewusst das weiblich gebrauchte hebräische Wort) ihren unmittelbaren Ausdruck findet. Ein solcher Gott würde nach dem "Law and Order-Prinzip" über uns richten: Wer fehlt und gegen die Gebote verstößt, wird bestraft. Wer sich richtig verhält, wird belohnt. Es zählen nur gerade Wege, Umwege zum Ziel gibt es nicht. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wir können uns Gott als den Vater vorstellen, wie er auf alten Tafelbildern gemalt ist, alt und mit einem langen, grauen Bart. Ein alter Mann, der für Gerechtigkeit einsteht.
Sie sind sich mit mir einig: Vor einem solchen Gott könnte man noch richtig Angst haben (Das jedoch ist, so scheint es, was viele Menschen wollen, die in einer Sekte ihre Zuflucht suchen, die genau solch ein Gottesbild als Hilfe in der Orientierungslosigkeit anbieten).

Gott ist anders
Gott hat nicht nur die strafende Vater-Seite, auf die wir ihn (aus Selbstschutz oder Bequemlichkeit?) gerne reduzieren wollen. Er ist manchmal auch zornig und – wie wir meinen – ungerecht. Aber er ist uns auf der anderen Seite unbegrenzt wohlgesonnen, liebevoll und zärtlich. Wie ein Vater eben. Er ist uns ein Bruder – in der Art, wie er uns in jeglichen Mitmenschen begegnet. Er ist uns ein Bruder, wenn er bei unseren Festen dabei ist und während unserer "Beerdigungen" (die meine ich durchaus auch im übertragenen Sinn) neben uns steht. Aus der unmittelbaren Gemeinsamkeit zwischen Vater und Sohn erwächst die "ruach".

Einfach – vielschichtig
Ich denke, ein Kind kann nicht an einen dreifaltigen Gott glauben. Ein Kind braucht meiner Meinung nach für seine Vorstellung einen Vater-Gott mit weißem Haar und gerechtem Handeln. Es ist aber auch wichtig, dass wir uns von diesem Gottesbild lösen, wie wir uns während der Pubertät von den Eltern lösen – hin zu einem vielfältigen Gott. Gott kann uns alles sein, Vater, Mutter, Bruder, ja auch Schwester und Freund. Er ist das allumfassende Prinzip. Genauso ist es doch mit unseren leiblichen Eltern. Auch sie werden von jungen Menschen immer sehr einseitig gesehen. Der Vater ist am Anfang des Lebens eines Kindes zu 100 Prozent der Größte. Er ist lieb, er kann alles. Der Vater kann aber auch zu 100 Prozent als der böse, strafende Vater gesehen werden (Während der Pubertät von den Heranwachsenden geschieht dies manchmal).
Doch Väter und Mütter sind im Regelfall anders. Sie sind hin und wieder böse, ungerecht und stra-fend. Ja, das sind sie! Aber sie sind AUCH unbegrenzt und ohne Gegenleistungen liebend, besorgt und auf Schutz ihrer "Schätze" bedacht. Sie sind all dies einfach gleichzeitig.
Wenn ein Mensch all die (widersprüchlich erscheinenden) Seiten seiner Eltern akzeptieren und an-nehmen kann, dann ist er erwachsen.
Dasselbe gilt für unsere Vorstellung von Gott. Dann können wir sprechen, auf was wir getauft sind, so wie Jesus es aufgetragen hat: "Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes." (Mt 28,19)
Barbara Reichmeyer ist Referendarin für das Lehramt an der Grundschule und lebt in Eichstätt, Bayern

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