Die entscheidende Wende im Leben des hl. Franz von Sales stellt seine
"Krise in Paris" im Dezember 1586-1587 dar. Keines seiner
späteren Werke oder Schriften ist ohne diese sechs Wochen in der französischen Metropole richtig verstehbar.
Die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts war in Frankreich von
den theologischen Auseinandersetzung zwischen den Katholiken und den
Calvinisten geprägt. Theologisch ging es dabei vor allem um die Frage der
Vorherbestimmung oder Prädestination. Einfach formuliert bedeutet dies: Kann ich als Mensch etwas
dafür tun, um in den Himmel zu kommen, oder ist mein Schicksal bereits
von vorneherein von Gott festgelegt? Die Katholische Lehre war davon
überzeugt, dass die guten Werke für den Christen wesentlich sind. Die
Calvinisten hielten an der absoluten Prädestination fest: Egal, was der
Mensch tut, es ist von Gott bereits bei seiner Geburt entschieden, ob er
in den Himmel kommt oder in die Hölle.
Franz von Sales fühlte sich nicht nur in dieser theologischen Frage
zerrissen. Er war mit sich selbst unsicher. Im Kopf hatte er klare
Vorstellungen, wie sein Leben aussehen soll, seine Gefühle aber zogen
da nicht mit. Gegen Ende des Jahres 1586 erlebte er diese innere
Zerrissenheit dermaßen stark, dass er davon körperlich krank
wurde. Er glaubte, die Ursache seiner Zerrissenheit und Unsicherheit liege darin, dass Gott ihn zur Hölle
verdammt hätte. Er sei verloren, egal wie er sein Leben gestalte.
In seinen Zweifeln und in seiner Verzweiflung schleppte er sich in die
dem Kolleg Clermont nächst gelegene Kapelle
St-Etienne-des-
Gres. Dort
betete er vor der Statue der Schwarzen Madonna.
Mitte Januar 1587 fand er
dann jene Worte, die ihn von allen Glaubenszweifeln befreiten.
Er ließ sich nämlich völlig in die Hände Gottes fallen. Egal ob Gott
seine
Verdammnis oder seine Vollendung will - alles wird für ihn gut, denn
er wusste plötzlich mit absoluter Sicherheit: Gott ist die Liebe, und egal wie Gott
mit mir verfährt, es wird immer gut sein, denn die Liebe will immer nur
das Beste.
Franz von Sales:
"Was
auch kommen mag, Herr, in dessen Hand alles gelegt ist und dessen Wege
alle Gerechtigkeit und Wahrheit sind; was immer durch den ewigen
Ratschluss der Vorherbestimmung über mich beschlossen sein mag, der du
stets ein gerechter Richter und barmherziger Vater bist: ich will dich
wenigstens in diesem Leben lieben, mein Gott; ich werde immer auf deine
Barmherzigkeit hoffen und werde stets dein Lob vermehren." (DASal
11,328)
Zum Nachdenken:
Glaubenszweifel gehören zum Leben. Das hat schon der Apostel Thomas
erfahren, obwohl er Jesus hautnah begegnet ist. Und das erfuhr Franz von
Sales in seiner "Krise von Paris". Wichtig ist, dass ich in
einer solchen Phase des Zweifels und der Krise nicht sage: "Mein
Gott, mir dir will ich nichts mehr zu tun haben." Die richtige
Antwort ist die des Apostels Thomas: "Mein Herr und mein Gott"
- oder des hl. Franz von Sales: "Dein Wille geschehe - auch wenn
ich dich momentan überhaupt nicht verstehe, aber ich weiß, dass du der
ganz Unbegreifliche bist, der mich liebt."
Franz von Sales hat seine persönliche Glaubenskrise dadurch
überwunden, dass er Gott als Gott der Liebe entdeckte, und Liebe kann
nichts Böses tun, sonst wäre sie nicht Liebe. Dieses Vertrauen hat ihm jeden Zweifel genommen.
Das
Wesentliche bei all unseren eigenen Glaubenszweifeln ist es, den Weg zu
jenem Gott zu finden, den Jesus Christus uns geoffenbart hat: Gott ist
die Liebe und die Liebe ist Gott (vgl. 1 Joh 4,7-16).
Zur Anregung:
* Zweifle ich an der Richtigkeit des Glaubens?
* Wie gehe ich mit diesen Zweifeln um?
* Kann ich es ertragen, Gottes Liebe trotz all seiner Unbegreiflichkeit
anzunehmen?
* Welches Bild trage ich von Gott in mir?
Mein Herzensgebet durch den Tag:
Es lebe
Jesus,
dessen Liebe ich vertraue.
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Franz von Sales während seiner
Glaubenskrise vor der Mutter Gottes in der Kirche St. Etienne-des-Gres.
(Glasfenster in der Wallfahrtskirche Maria Bründl in Bad
Leonfelden, Oberösterreich) |